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Klare Fronten und ‘ne Schüppe voll Sand (Eurosport Revisited)

Als ich die Herren Migels, Jansch und Schulz vor zweieinhalb Wochen kennenlernte, war ich ja eher amüsiert. Es stellte sich aber heraus, dass die Kommentatoren bei ARD und ZDF nicht nur nicht besser waren, sie waren letzte Woche auch einfach weg. Und da die Sat.1-Leute schlichtweg nicht zu ertragen sind, habe ich dann doch die letzten Wochen mit Migels, Jansch und Schulz verbracht, sie sind mir inzwischen ans Herz gewachsen. Am Sonntag ist die Tour zu Ende (und wer weiß, was im nächsten Jahr sein wird), deshalb habe ich heute noch einmal genau hingehört:

Jansch: Das Kloster und die Kirche von Notre Dame, gelegen im kleinen Örtchen Simorre, das in der Gascaogne liegt – also heute ‘n ganzes Stück durch diese Landschaft, wir haben’s vorgestern, Nein: gestern schon mal erwähnt, dass sie sich bis zum Norden der Aquitaine erstreckt – von den Pyrenäen aus gesehen. Hier die Namenseinblendung für diese aus dem 13. Jahrhundert stammende kirchliche Einrichtung – und wir werden in diesem Baustil heute sicherlich noch ‘ne ganze Menge von Schlössern, Burgen und Kirchen zu Gesicht bekommen, in den nächsten Tagen wird’s dann ein bisschen zisellierter, da ist der Baustil nicht mehr so gradlinig, die Steine nicht mehr so wuchtig und die Fronten nicht mehr so klar.

Besonders interessant werden manche Gedankensprünge, wenn man nicht unentwegt auf den Bildschirm starrt und einem deshalb manche Kontextwechsel verschlossen bleiben:

Jansch: Einer der beiden Caisse-d’Épargne-Kapitäne, nämlich Valverde, sollte zugleich auch der beste Sprinter des Teams sein – ich weiß nicht, ob ihm vielleicht diese Nachführarbeit dienen soll. [Ein riesiges Sonnenblumenfeld kommt ins Bild] Mein Gott, hier würde van Gogh sicherlich das Herz aufgehen.

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Fahrrädchen im Wind

So ganz genau weiß man bei der ARD offenbar auch nicht, was man will, meint oder vorhat: Als letzten Mittwoch herauskam, dass eine Dopingprobe aus dem Training des T-Mobile-Fahrers Patrik Sinkewitz positiv war, stiegen ARD und ZDF angewidert aus der Live-Berichterstattung aus und inszenierten sich im eigenen Programm (für meinen Geschmack einen Tacken zu lautstark) als Gralshüter des guten Geschmacks und der öffentlichen Ordnung. Dann übernahm Sat.1 die Tour-Übertragung und neben einigen Politikern fand auch WDR-Chefin Monika Piel diese Entscheidung nicht gut.

Während Sat.1 mit grottenschlechter Live-Berichterstattung beeindruckte (die heute mit einem Jan-Ullrich-Interview einen neuen Tiefpunkt erreichte), berichtete die ARD weiterhin über die Tour – nur eben nicht live. Wo da der qualitative Unterschied liegen soll, weiß der Henker – es wird ja im Ersten niemand ernsthaft erwartet haben, da werde sich ein Radfahrer live eine Spritze in den Arm drücken, was man dann für die Zusammenfassung rausschneiden kann.

Heute meldet “Spiegel Online”, die ARD wolle ab morgen – morgen ist Ruhetag! – ein 25minütiges Tour-Magazin senden. Ein “Umdenken”, wie SpOn es nennt, ist das natürlich (s.o.) nicht, aber so wirklich glaubwürdig ist so langsam nichts mehr an dieser Tour: Nicht nur, dass der derzeit im gelben Trikot fahrende Däne Michael Rasmussen unter Dopingverdacht steht und der zweitplatzierte Alberto Contador auch eine etwas zweifelhafte Vergangenheit zu haben scheint – auch das Theater um die Berichterstattung spottet in diesem Jahr jeder Beschreibung.

Man kann davon ausgehen, dass den Leuten, die jetzt noch die Tour de France gucken, so ziemlich alles egal ist – die Fahrer könnten im Ziel Robbenbabies opfern und die (in Deutschland schwachen) Zuschauerzahlen würden kaum weiter abnehmen. Schaden können Tour und Umfeld jetzt nur noch den beteiligten Fernsehsendern: Sat.1 hat miserable Quoten, denen wohl auch die ab morgen einsetzende öffentliche Empörung über das Ullrich-Interview nicht mehr viel helfen können wird, und die ARD verheddert sich in einem Netz aus “Ja!”, “Nein!” und “Vielleicht!”.