Im ZDF-Nachtstudio ging es gestern ums Thema “Die Macht dahinter – Wer bestimmt die Medien?” und man mag es symptomatisch finden oder nicht, aber die klügsten Sachen sagten Prof. Miriam Meckel, die einzige Frau in der Runde, und der achtzigjährige Klaus Harpprecht. Auch Kluges sagte Lutz Hachmeister, der unter anderem bemängelte, dass der Journalismus in Deutschland immer weniger von großen Journalisten mit klaren Standpunkten geprägt wurde.
Für die unklugen Sachen brauchte man nur einen Gast, aber der redete auch ungefähr so viel wie die drei anderen zusammen: Matthias Matussek, Kulturchef des “Spiegel”.
Matussek hat neokonservative Bücher geschrieben, die “Die vaterlose Gesellschaft – Eine Polemik gegen die Abschaffung der Familie” heißen oder “Wir Deutschen – Warum die anderen uns gern haben können”, er verbreitet seine sehr persönliche, mitunter auch sehr eigenwillige Weltsicht via “Spiegel” und per Video-Blog auf “Spiegel Online”. Und wem Matussek wegen seiner Inhalte noch nicht unsympathisch war, dem wurde er es bestimmt gestern Abend im ZDF.
Matussek nuschelt ausdruckslos vor sich hin, spricht über Anwesende in der dritten Person und guckt dann auch noch grundsätzlich an ihnen vorbei auf den Boden. Egal, worüber grad diskutiert wird: Matussek schafft es stets, auf seine bisherigen Einsatzorte, seine Titelgeschichten, im Wesentlichen: sich zu sprechen zu kommen. Eines seiner Bücher wurde mit Heine verglichen, aber damit wolle er sich nicht schmücken; als er über seine Zeit in London spricht (natürlich, ohne dass es dafür einen Anknüpfungspunkt gegeben hätte), droppt er mal eben so viele Namen, dass kaum jemand überprüfen kann, ob es sich dabei wirklich um angesehene Journalisten oder Charaktere aus “Harry Potter” handelt, und seine Romantik-Geschichte im aktuellen “Spiegel” erwähnt er gleich ein Halbdutzend Mal.
Egal was die Gesprächspartner sagen: Matussek fällt ihnen ins Wort oder tut ihre Ausführungen als Blödsinn ab, meistens macht er einfach beides. Selbst wenn er nickt, wirkt das wie ein weiterer Posten aus seinem Katalog der herablassenden Mienen und Gesten. Für seinen Bartschatten, der ihn immer ein bisschen ungepflegt erscheinen lässt, kann er vielleicht nichts, für seinen Hemdkragen, den er trägt wie andere Leute eine offene Hose, aber sehr wohl. Über sein Video-Blog “Matusseks Kulturtipp” sagt er, dort könne er “Freestyle” machen. Kurzum: Er benimmt sich, wie sich ein 53jähriger Mann auf keinen Fall benehmen sollte, wenn er nicht als total anbiedernd und betont lässig gelten will.
Dabei bringt diese Ranschmeiße an eine vermeintliche Jugendsprache sowieso nichts, denn schon im nächsten Atemzug verteidigt Matussek die geplanten Onlinedurchsuchungen und den Papst und dessen Islam-Kritik. Kurz darauf versagen seine Medikamente und Matussek nennt das, was der “Spiegel” da allwöchentlich noch unters Volk haut, “Weltklassejournalismus”, der den Engländern und Amerikanern mindestens ebenbürtig sei. Die Behauptung, in seinem Hause werde “gründlich” recherchiert, lässt sich freilich nicht sofort widerlegen, die fertigen Artikel legen aber den Schluss nahe, dass von dieser gründlichen Recherche dann zumindest nicht viel im Heft landet.
In dieser Situation verkündet Herr Harpprecht, Matussek zähle zu den besten Schreibern Deutschlands und Stefan Aust sei ein kluger Mann. Ich rechne es diesem alten Mann hoch an, dass ich nicht den Hauch einer Ahnung habe, ob das jetzt sein Ernst oder ganz weise Ironie war.
Wer gerne unsympathischen “Spiegel”-Redakteuren zuhört, kann sich heute Abend ab 19 Uhr den Podcast von Bastian Sick im WDR2-“Montalk” geben. Das komplette Video des gestrigen “Nachtstudios” kann man sich hier anschauen.