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Der Staat gegen Fritz Bauer

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Ich habe mir gestern Abend “Der Staat gegen Fritz Bauer” angeschaut über den Generalstaatsanwalt Fritz Bauer, der letztlich dafür verantwortlich war, dass die Israelis Adolf Eichmann vor Gericht stellen konnten, und der die Auschwitz-Prozesse herbeigeführt hat.

Ein guter bis sehr guter Film mit teils grandiosen Darstellern (bei Burghart Klaußner dachte ich zwischendurch immer wieder, er würde eigentlich Hans-Jochen Vogel spielen, Sebastian Blomberg ist einfach unfassbar wandlungsfähig und gut — ich erinnere da nur daran, wie er im “Baader Meinhof Komplex” Rudi Dutschke war), einem sehr soliden Drehbuch (einige Dialoge waren sehr holzschnittartig, andere durchaus fein gedrechselt) und einer erstaunlichen Liebe zum Detail in der Ausstattung. Einzig die Drehorte, die ich ständig wiedererkannt habe (die Schanzenstraße in Köln-Mülheim, für verschiedene Orte in Süddeutschland; das Feierabendhaus in Hürth, wo wir Popstars 2015​ gedreht haben, als Pariser Flughafen — auch schön im Trailer zu sehen), haben mich immer wieder etwas rausgeholt.

Ganz so John-le-Carré-mäßig wie der Trailer tut, ist der Film auch nicht: zwar gibt es einige durchaus spannende Stellen, in denen mir zum ersten Mal richtig bewusst wurde, wie Nazi-verseucht dieser Behördenapparat im Nachkriegsdeutschland war, aber es ist dann doch eher Drama als Thriller. Ein großer Nebenstrang ist die Situation, in der Homosexuelle in Deutschland durch §175 kriminalisiert wurden — und was der Film da zeigt, ist aus heutiger Sicht fast ebenso empörend wie die Altnazis in der Haupthandlung.

Mir ist mal wieder aufgefallen, dass ich über das Nachkriegsdeutschland quasi gar nichts weiß — mein Wissen endet mit Hitlers Selbstmord und setzt dann mit den Kaufhausbrandstiftungen von Baader und Ensslin langsam wieder ein. Der Alltag, in dem meine Großeltern so alt waren wie ich heute, erscheint mir ungefähr so weit weg wie Goethezeit. Es hilft aber auch, sich die Situation in diesem Land von damals vor Augen zu führen, um zu sehen, wie weit wir dann doch schon gekommen sind. Es ist, was das Verschwinden des Faschismus und die Gleichberechtigung von Frauen und Homosexuellen angeht, noch ein weiter Weg, aber, hey: Immerhin gehen wir ihn inzwischen.