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Hut, Schweiß und Tränen

Ich kann schlecht beurteilen, ob sie jetzt komplett verrückt geworden sind bei “Spiegel Online”, aber es wäre die naheliegendste (und ehrlich gesagt auch beruhigendste) Erklärung:

Gebot für Hemd: Scarlett Johansson schweiß, was sie will. Ein echter Entertainer macht selbst noch Ausdünstungen zu Geld: Hugh Jackman hat am Ende einer Show sein verschwitztes Unterhemd versteigert. Unter den Bietern war auch Scarlett Johansson - doch die hatte starke Konkurrenz.

Ja, ich weiß: Das tut sehr weh, wenn der Kopf nach der Lektüre der Überschrift auf die Tischplatte trifft. Und ich arbeite schon für zwei Blogs, die sich bei Überschriften für fast nichts zu schade sind.

Aber damit geht es erst los:

Er sang, unterstützt von einem 18-köpfigen Orchester. Er erzählte Anekdoten aus seinem Leben. Er grüßte seine Bekannten im Publikum. Und am Ende versteigerte er sein verschwitztes Unterhemd für einen guten Zweck: Hugh Jackman hat mit einer ungewöhnlichen Aktion Geld für wohltätige Zwecke gesammelt. 30.000 Dollar brachte der nasse Fetzen ein.

Gut, das rechtfertigt bisher weder Überschrift, noch Foto, aber macht mal weiter:

Der australische Schauspieler (“X-Men”) nutzte seine Show am Broadway für die ungewöhnliche Aktion. Mit dem letzten Gebot übertraf der glückliche Ersteigerer eine Berühmtheit: 30.000 Dollar waren zehnmal so viel, wie Scarlett Johansson für Jackmans Kleidungsstück geboten hatte. Am Ende des Abends soll die 27-Jährige laut einem Bericht der “New York Post” auf die Bühne gegangen und 3000 Dollar für das Unterhemd geboten haben.

Okay: Scarlett Johansson “schweiß”, was sie will, aber sie kriegt es trotzdem nicht. Traurige Geschichte, aber auch Hollywoodstars müssen hin und wieder Enttäuschungen hinnehmen.

Wer 30.000 Dollar dafür ausgab, Jackman wenigstens einmal indirekt hautnah zu sein, ist nicht bekannt.

Das macht die Geschichte jetzt auch nicht spannender, aber: pfffft.

Johansson dürfte ihre Auktionsniederlage verschmerzen. Laut “New York Post” machte die 27-Jährige zwar nicht bei der Versteigerung, dafür aber anderweitig eine gute Figur. Mit einem dicken Wollpullover, einem Hut und Brille habe die Schauspielerin sehr lässig ausgesehen, schrieb die Zeitung.

Gut, an dieser Stelle wäre es ausnahmsweise sogar mal sinnvoll, eine Bildergalerie einzusetzen, auf dass sich der geneigte Leser (wer auch immer das sein mag) selbst ein Bild von der Lässigkeit Johanssons machen kann. Schade, wenn es diese Fotos nicht gibt und auch die “New York Post” sich mit Schilderungen aus zweiter Hand begnügen muss:

(…) Johansson, who spies said looked stunning dressed down in a chunky sweater, woolly hat and glasses.

Überhaupt hat der Originalartikel etwa ein Drittel des Umfangs der Version von “Spiegel Online” und ist nur eine von vielen bunten Meldungen auf Seite 6, während “Spiegel Online” – Sie ahnten es bereits – als Top-Meldung des “Panorama”-Ressorts auf der Startseite verlinkt hat.

Trotzdem hat es die “New York Post” geschafft, in dieser Kürze noch eine wichtige Information unterzubringen, die “Spiegel Online” natürlich auch noch irgendwie wiederkäuen muss.

Und deshalb lautet der letzte Satz des Artikels:

Im Publikum war auch Johanssons Kollegin Uma Thurman (“Kill Bill”).