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Rundfunk Musik

Grand-Prix-Liveblog

Weil die Vorberichterstattung in der ARD mich ein wenig irre gemacht hat, kam mir die Idee, doch noch ein ganz spontanes Grand-Prix-Liveblog zu starten. Wenn alles gutgeht, gibt’s also hier gleich die halbherzige Nebenberichterstattung.


20:56 Uhr: Das Wort zum Grand Prix Sonntag aus Helsinki. Über die Gemeinsamkeiten von Musik und Religion (glaub ich). Oder ist das Ralph Siegel in disguise?

20:59 Uhr: Ich bin allein deshalb gegen einen Sieger Rocher Zitzero, weil das bedeuten könnte, dass Thomas Herrmanns nächstes Jahr das Deutschlandbild von Millionen Fernsehzuschauern in ganz Europa nachhaltig … prägt.

21:02 Uhr: Zapp fragt nebenan, ob ich eigentlich mein eigenes Trinkspiel mitmache. Ich hab keinen Eierlikör gefunden, weswegen ich mal hoffe, dass es keine überraschenden Kostümwechsel geben wird.

21:06 Uhr: Diese polyglotten, trilingualen Moderationen machen ja (neben der Stimmvergabe) für mich den Grand Prix aus. Nur echt mit Simultanübersetzung von Peter Urban.

21:08 Uhr: Während der erste (nicht sonderlich spektakuläre) Beitrag läuft, mal eine Frage in die (hoffentlich vorhandene) Runde: Klappt das hier eigentlich? Man muss ständig reload drücken. Aber so ist das, wenn man zwei Minuten vor Beginn der Veranstaltung auf die Idee kommt, Liveblogging zu betreiben. Zeit für den ersten Wodka.

21:14 Uhr: Hatte ich über den spanischen Beitrag geschrieben Ein sommerlicher Popsong, bei dem es einen nicht nachhaltig stören würde, wenn er zum Sommerhit würde.? Nun ja … vier Gürtelschnallen macht aber nur einen Ouzo. Und die zwei Damen im Hintergrund sind wohl nur dabei, damit die sechs Leute, die man auf der Bühne haben darf, auch erfüllt sind.

21:17 Uhr: “Wöörk jur mädschick”, mein geheimer Favorit. Damit bin ich gestern Morgen aufgewacht. Ein faszinierender Ohrwurm aus Weißrussland. Mit rasierter Brust und halber Gürtelschnalle.

21:19 Uhr: Skandal! Peter Urban erzählt das gleiche wie im Halbfinale. Das ist doch langweilig …

21:22 Uhr: Irische Folklore wird nicht betrunken. Dabei wäre ein guter Gin oder Whiskey jetzt hilfreich. Schönsaufen des Gesangs, sozusagen.
Technischer Hinweis am Rande: Die Kommentare sind jetzt so eingestellt, dass jeder spontan und alles kommentieren darf.

21:24 Uhr: Finnland. Das ist ja der einzige Beitrag, den ich auch so als Song im Radio erwarten würde. Ob “Leave me alone / I wanna go home” so die Superbotschaft ist, um die Leute zum Anrufen zu motivieren? Trotzdem eigentlich mein Favorit.

21:27 Uhr: Kleiderwechsel der Moderatoren werden auch nicht betrunken. Aber gut, dass Guildo Horn nicht da ist: der würde nur wieder auf der Bühnendeko rumklettern.

21:32 Uhr: “Die überflüssigen Tänzer hätte die Windmaschine gleich mit wegblsaen können” – Peter Urban in Höchstform. Das Kleid der Mazedonierin war noch etwas kürzer als im Halbfinale. Den Farbton kenne ich aber auch nicht.

21:35 Uhr: Kurz vor dem Ertauben noch die Rechtschreibprüfung für das Eingabefeld aktiviert und ein wenig nachgebessert. Okay so, Kathrin?

21:38 Uhr: Ungarn mit dem substanzlosen Blues, von dem ich nicht verstehe, warum den alle so toll finden. Aber wirklich mal was anderes.

21:41 Uhr: Auch mal was anderes: Ein “Ostland” biedert sich mit lateinamerikanischer Folklore an. Die Idee mit der Schattenwand würde ich allerdings auch bei anderen Wettbewerbern sehen – ruhig vor allen Musikern.

21:44 Uhr: So wie Peter Urban sich grad verzettelt hat, scheint der glatt bei unserem Saufspiel mitzumachen. Aktuell keine Gürtelschnalle, aber die Frage, ob man beim Grand Prix eigentlich Autotune einsetzen darf. Der Grieche klingt nämlich danach.

21:48 Uhr: Falls Björk mal in Rente gehen will, könnte Sopho Khalvashi das Amt übernehmen. Gefiel mir aber im Halbfinale besser.
Kleiner Link am Rande.

21:52 Uhr: “Sehr bekannt” halte ich bei The Ark für etwas übertrieben. Könnte aber auch ein Favorit sein. Gut übrigens, dass wir nicht auf rasierte Männerbrüste anstoßen.

21:57 Uhr: Was macht Peter Urban eigentlich, wenn er nicht den Grand Prix kommentiert? Ich würde den gerne mal zum politischen Tagesgeschehen hören. In Helsinki nähert man sich aber auch schon der Sommersonnenwende, nech?

21:59 Uhr: Nach dem Video hatte ich Frankreich eigentlich auf dem Zettel, aber die Liveversion ist … schlimm.

22:02 Uhr: “Wolle’ Rose kaufen?” – Italien ist gar nicht dabei und trotzdem hab ich jetzt Hunger auf Pizza. Mir geht’s da wie dem Pawlow’schen Hund. Ob da noch ein Rotwein zwischenpasst?

22:05 Uhr: “Die singenden Sargträger aus Lettland” – hat Peter Urban schon einen Grimmepreis? Der russische Beitrag hat durchaus was. Je nachdem, wie viele 15jährige Jungs da zugucken (und abstimmen), könnten die ganz nach vorne kommen.

22:10 Uhr: Der Rocher, der Rocher! Der Mann, für den die Genrebezeichnung “Brigitte Music” erfunden wurde. Er swingt souverän, der Pianist erhebt sich und jetzt singt Cicero auch noch auf Finnisch! Oh nee, das … äh … ist dann wohl doch Englisch. Beeindruckender Jubel. Top 5, sag ich mal.

22:14 Uhr: Irgendwie fasziniert mich der serbische Beitrag. Weder weiß ich, was die Dame singt, noch was dieser … äh: “Tanz” soll, aber ich werde das Gefühl nicht los, Zeuge eines bedeutsamen Moments zu sein. Für wen auch immer.

22:19 Uhr: Es kann mir doch keiner erzählen, dass Muminpapa zufällig vor dem ukrainischen Beitrag zu sehen war. Der deutschen Sprache fehlen ein paar wichtige Worte, weswegen der englische Begriff der trash culture mir hier ganz passig kommt. Wahnsinn, die gewinnen bestimmt.

22:22 Uhr: Hätte Tony Blair ein bisschen mehr Humour, hätte er erst nach dem britischen Grand-Prix-Beitrag seinen Rücktritt erklärt. Der Satellitenreceiver hier schmeißt sich gerade heldenhaft mit ein paar Tonaussetzern in die Schusslinie. Das ist so unsagbar schlecht, dass man gerne das nächstgelegene Haustier opfern würde, damit das Elend nur endlich aufhört.

22:26 Uhr: Da probt man das alles wochenlang und dann fährt doch so ein Idiot mit seiner Kamera mitten ins Bild. Darauf erst mal einen Balaton.

22:31 Uhr: Wollen wir doch mal sehen, wie sehr Europa noch auf Getrommel steht. Gefiel mir aber irgendwie, die bulgarische Nummer.

22:34 Uhr: Hören Sie genau hin: das ist der Beitrag, der von “uns” heute 12 Punkte bekommen wird. Der Sänger versucht, wie Brandon Flowers von den Killers auszusehen, den Song werden wir noch an vielen roten Ampeln hören (oder wenigstens seine Bässe).

22:38 Uhr: Ich bin enttäuscht: die Gürtelschnalle aus dem Musikvideo trägt heute Kummerbund. So gewinnt man aber keinen Gesangswettbewerb, mein Herr. Und ein Trinkspiel auch nicht.

22:41 Uhr: In der Zwischenzeit ist Helsinki Opfer eines nuklearen Armageddons geworden und die einzige Überlebende singt gerade. Oder was soll dieses Kostüm? Den Song finde ich übrigens doof.

22:46 Uhr: Wofür stimme ich denn jetzt, wo Andorra es nicht ins Finale geschafft hat? Aber schön, dass Harry Rowohlt auch in Finnland ins Fernsehen darf.

22:48 Uhr: War der Schnelldurchlauf früher nicht rückwärts? Verwirrt mich grad voll. Ich glaub, ich stimme für Weißrussland, damit “Wööökjuamädschig” gewinnt. Aber Finnland hatte echt das beste Lied. Verdammt, ist das schwierig …

22:53 Uhr: Ich lege mich fest:
1. Finnland
2. Russland
3. Ukraine
4. Ungarn
5. Deutschland
42. 24. Großbritannien

23:00 Uhr: Nebenan guckt man lieber “Hulk”. Den fand ich damals im Kino so schlecht, da würde ich lieber den ganzen Abend den britischen finnischen Beitrag hören. Fällt es eigentlich unter das Wahlgeheimnis, dass ich meine Stimme gerade den russischen Girls gegeben habe?

23:02 Uhr: Mikko Leppilampi ist schon bei “amazing” angekommen. Gleich isser wieder ganz “excited” und die Biere werden fällig. Vorher gibt’s aber noch Apocalyptica und die Geburt eines Nasenbären.

23:09 Uhr: Besser, sie füllen die Auszählpause mit Zirkus und Heavy Metal, als mit “Upps! – Die ultimative Pannenshow”. Außerdem muss man ja irgendwann mal die zusammengetrunkenen Gürtelschnallen und Ethnoklänge entsorgen …

23:14 Uhr: “It’s getting exciting!!!!!1” Jucheissa, gleich geht der schöne Teil des Abends los. Schade, dass die Punkte eins bis sieben nicht mehr vorgelesen werden …

23:16 Uhr: Überraschung: 12 Punkte aus Montenegro für Serbien. Belgien sollte sich auch mal aufspalten, wenn die weiterkommen wollen.

23:19 Uhr: Die ersten fünf Punkte für Deutschland aus Andorra – aber zehn und zwölf für “Ostländer”. Das kann also nicht nur am Gekungel untereinander liegen.

23:20 Uhr: Sieben Punkte aus Österreich. Ich fand’s ja lustiger, als es noch die Jurys gab, die sich niemals die Punkte zugesteckt hätten.

23:23 Uhr: Nächstes Jahr brauch ich einen größeren Fernseher oder eine neue Brille. Das ist ja noch schlimmer als ARD-Fußballübertragungen.

23:28 Uhr: Die Dominanz Serbiens, auch bei überhaupt nicht benachbarten Ländern, überrascht mich dann doch. Ich musste gerade noch mal nachgucken, was eigentlich deren Beitrag war. Aber an amazing show you were hosting tonight, ganz klar.

23:34 Uhr: Deutschland hängt in der zweiten Tabellenhälfte fest. Und Großbritannien macht einen auf Borussia Mönchengladbach. Außerdem sehe ich meinen Finnland-Tipp auch den Bach runtergehen.

23:37 Uhr: Total crazy, der Typ aus Slowenien. Hat der doch glatt ‘ne Taschenlampe dabei. Und zwölf Punkte für Wökjamädshg.

23:40 Uhr: Ich muss mich grad mal selbst zitieren: Ich bin allein deshalb gegen einen Sieger Rocher Zitzero, weil das bedeuten könnte, dass Thomas Herrmanns nächstes Jahr das Deutschlandbild von Millionen Fernsehzuschauern in ganz Europa nachhaltig prägt. Zwölf Punkte für die Türkei übrigens, wer hätte das gedacht.

23:46 Uhr: Diese irren Iren: sieben (!!!) Mitleidspunkte für Großbritannien und zwölf für Litauen – damit haben sich die Iren selbst auf den letzten Platz geschoben.

23:48 Uhr: Haben die Briten den Maltesern etwa damit gedroht, sie wieder zu kolonialisiere, oder wieso haben die von denen zwölf Punkte gekriegt? I can’t believe it’s not butter!

23:52 Uhr: Gerade in deutschen Kulturredaktionen: “Schafft mir sofort Peter Handke ans Telefon! Irgendjemand muss uns das mit Serbien erklären …”

23:57 Uhr: “Serbien bekommt wirklich von allen Punkte, aber das ist typisch für einen Titel, der an der Spitze liegt …” Peter Urban kämpft mit Ursache und Wirkung und ich bin wirklich gespannt, wie der serbische Titel klang. Wir werden ihn ja gleich wohl noch mal hören.

00:02 Uhr: Vor drei Jahren gewann sie als Elli Erl das Finale von “Deutschland sucht den Superstar”, jetzt gewinnt sie für Serbien den Grand Prix: Marija Šerifovic holt den Grand Prix nach Belgrad.

00:09 Uhr: Jetzt werden sie alle diskutieren, wie das nur wieder passieren konnte. Ein Lied, dessen Text kaum jemand außerhalb des früheren Jugoslawiens verstehen dürfte, hat offenbar den Geschmack der meisten Zuschauer getroffen – in Spanien genauso wie in Skandinavien. Dem muss man einfach Respekt zollen. Und ich muss mich noch mal selbst zitieren:

Irgendwie fasziniert mich der serbische Beitrag. Weder weiß ich, was die Dame singt, noch was dieser … äh: “Tanz” soll, aber ich werde das Gefühl nicht los, Zeuge eines bedeutsamen Moments zu sein. Für wen auch immer.

00:15 Uhr: Georg Uecker liest hier mit. Ach nee: Das mit Elli Erl war wohl doch zu offensichtlich. Muss ich mir diese Plauderrunde jetzt anschauen mit Hugo Egon Balder als Quotentestosteron?

00:21 Uhr: Ich sollte öfter NDR gucken: Jan Feddersen ist ja auch so eine staubtrockene Ironieschleuder.

00:24 Uhr: Muss eigentlich immer im Grand-Prix-Kontext Abba gespielt werden? Kann man den heutigen Teilnehmern (und vor allem Siegern) nicht mal ihre 15 Minuten Ruhm lassen, ohne sie daran zu erinnern, dass ihre Songs in dreißig Jahren sicher nicht zu einem Musical verarbeitet werden?

00:32 Uhr: Ein Handke-Witz! Georg Uecker hat hier wirklich mitgelesen.
Mir wird’s zu viel. Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit, es hat sehr viel Spaß gemacht. Nächste Woche blogge ich dann das Bundesliga-Finale.