Kategorien
Musik

Mein Reim auf Schmerz

Es ist (mal) wieder Sommer in Berlin. Überall lungern die Leute in Parks und in den Außengastronomiebereichen (draußen nur Selbstbedienung) rum, von der Oberbaumbrücke, wo man sowieso den schönsten Blick auf die Stadt hat, sieht Berlin in der Abendsonne regelrecht einladend und schön aus. Also die optimalen äußeren Voraussetzungen, um sich mit ein paar hundert anderen Menschen in einen Raum zu quetschen, der frei von Sonnenlicht und Sauerstoff ist.

The Pains Of Being Pure At Heart sind in der Stadt, deren Popularität ich nie wirklich abschätzen kann, weil einige meiner Bekannten und Freunde die Band seit Jahren abfeiern, als gäbe es auf der Welt gar keine anderen. Kein anderes Album habe ich dieses Jahr schon so oft gehört wie “Belong”, das fantastische Zweitwerk der Band aus New York City. Andererseits wurde das Konzert vom Postbahnhof in den kleineren Magnet Club verlegt.

Eröffnet wird das Konzert von Oh, Napoleon, die ich hier und andernorts vor anderthalb Jahren schon mal groß abgefeiert habe. Letzte Woche ist endlich ihr Debütalbum erschienen — es ist durchaus schön geworden, aber die besten Songs darauf sind die, die auch schon auf der ersten EP der Band zu hören waren. Live ist das heute eher alles so mittel und die Songs, die ich noch mitbekomme (weil ich vorher zu lange in Abendsonne und Außengastronomiebereichen gesessen habe), sind leider überwiegend langweilig.

Um kurz nach 22 Uhr steht dann die Hauptband auf der Bühne und wenn ich aufgrund ihrer Musik ein Phantombild hätte erstellen sollen, dann hätte ich latent untergewichtige Mittzwanziger in Mathematikstudentenhemden gezeichnet. Ein Klischee, das der Bassist freundlicherweise erfüllt, während Sänger Kip Berman ein nicht minder passendes Belle-And-Sebastian-T-Shirt trägt.

The Pains Of Being Pure At Heart

Während die Bratzgitarren auf den Alben von The Pains Of Being Pure At Heart meist so weit in den Hintergrund gemischt sind, dass sie unter dem Gesang von Berman und Keyboarderin Peggy Wang hervorschimmern, sind sie hier dominant. Von Wang ist entsprechend kaum etwas zu hören.

Die Setlist ist so, wie man seit den Killers seine Setlist aufzubauen hat: Alle Hits am Anfang wegballern. In diesem Fall “Belong”, “This Love Is Fucking Right” und “Heart In Your Heartbreak”. Damit sind auch fast alle POBPAH-Songs durch, die ich namentlich benennen kann, die meisten klingen ja eh so ähnlich, dass man sich zwischendurch fragt, ob tatsächlich immer alle Bandmitglieder gemeinsam das gleiche Lied spielen oder jeder ein anderes.

Aber das macht gar nichts, im Gegenteil: Die Euphorie und die Raumtemperatur steigen gemeinsam an und als Kip Berman dann nach vielen, vielen Songs doch mal etwas sagt, stellt er fest, dass dies die bisher entzückendste Show der Band in Berlin gewesen sei.

Während des Konzerts bin ich mir sicher, anschließend taub zu sein, aber das täuscht: meine Ohren klingen kaum nach, die Musik war also eher intensiv als laut. So ähnlich muss sich das angefühlt haben, Ende der Achtziger, Anfang der Neunziger, als die erste große Shoegaze-Welle in die Clubs brach und Bands wie The Primitives, My Bloody Valentine und Slowdive auf den Bühnen standen. Alles, was auf Platte beinahe lieblich klingt, ist live kraftvoll. Eigentlich ist alles kraftvoll, weswegen man dem Konzert schon ein wenig mangelnde Abwechslung vorwerfen kann. Lediglich “Contender”, das Berman ohne Band (aber natürlich auch auf der E-Gitarre) spielt, hebt sich im Sound vom Rest der Setlist ab.

Nach etwas über einer Stunde sind alle nass geschwitzt (die Musiker besonders) und die Band lässt sich auch von anhaltendem Jubel nicht zu einem zweiten Zugabe-Block überreden.

Ihren Off-Day am Mittwoch wollten The Pains Of Being Pure At Heart unter anderem für einen Besuch des Ramones-Museums nutzen, ihre Konzerte in den nächsten Tagen (und Wochen) sollten Sie sich nicht entgehen lassen:

7. Juli Dortmund, FZW
9. Juli Köln, Luxor
13. Juli Bremen, Lagerhaus Bremen
14. August Hamburg, Dockville Festival