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Musik

Gesammelte Platten Juli 2010

Dieser Eintrag ist Teil 7 von bisher 8 in der Serie Gesammelte Platten

Sommer. Die Autoren sind unterwegs oder beschäftigt, die Plattenfirmen nehmen Anlauf für die zahlreichen Veröffentlichungen im Herbst.

Vorher aber:

Admiral Radley – I Heart California
Früher war Jason Lytle der Chef von Grandaddy. Im letzten Jahr hat er ein Soloalbum herausgebracht, das außerhalb dieses Blogs viel beachtet wurde. Nun hat er mit Grandaddy-Drummer Aaron Burtch und Aaron Espinoza und Ariana Murray von der befreundeten Band Earlimart eine neue Band gegründet: Admiral Radley. Deren Debütalbum ist voll von Powerpop zwischen Weezer und den Magnetic Fields, Jay Reatard und Built To Spill. Manche Songs gehen überdreht (und ordentlich übersteuert) nach vorne, andere tänzeln melancholisch vor sich hin.
Anspieltipps: “I Heart California”, “Sunburn Kids”, “I’m All Fucked On Beer”, “G N D N”, “I Left U Cuz I Luft U” (LH)

Danger Mouse & Sparklehorse – Dark Night Of The Soul
Was für ein irres Projekt: Brian Burton alias Danger Mouse, einer der wichtigsten Produzenten der Nuller Jahre und kommerziell erfolgreich als eine Hälfte von Gnarls Barkley, und Sparklehorse, die gefeierte Alternative-Rock-Band, tun sich mit David Lynch zusammen, um ein Multimediales Projekt zu erschaffen: Lynch liefert düstere (was sonst?) Fotos, die Musiker die dazugehörige Musik. Wegen rechtlicher Schwierigkeiten verschiebt sich die Veröffentlichung immer weiter, in der Zwischenzeit nimmt sich Sparklehorse-Kopf Mark Linkous das Leben. Jetzt, da das Album auch offiziell erscheint, kommt man kaum umhin, es als Nachlass zu lesen — aber das verhindern die vielen Gastsänger: Die Flaming Lips sind z.B. dabei, Julian Casblancas, Nina Persson und – ach was! – Jason Lytle. Was auf dem Papier nach einer kruden Mischung und schwerer Kost aussieht, erweist sich in Wirklichkeit als durchaus hörbares Album, das mal an Filmmusik, mal an Pink Floyd, mal an Moby erinnert. Andererseits rocken die Tracks mit Frank Black und Iggy Pop sogar ordentlich. Besonders bewegend: “Grim Augury”, der Song mit Vic Chesnutt, der sich inzwischen ebenfalls umgebracht hat.
Anspieltipps: “Revenge”, “Jaykub”, “Grim Augury”, “Dark Night Of The Soul” (LH)

Eminem – Recovery
Klar: Eminem habe ich seit mindestens zehn Jahren auf dem Schirm, aber auf voller Albumlänge bin ich mit seiner Musik bisher nie so richtig warm geworden. Bisher, denn “Recovery” ist anders: Mit 77 Minuten und 17 Tracks zwar durchaus sperrig, aber eben ein durchgehendes Album mit 17 “echten” Songs, einigen Gaststars und durcharrangierten Playbacks (ich meine: Da wurde Haddaways “What Is Love” gesamplet!). Eminem klingt immer noch, als wolle man ihm lieber nicht persönlich begegnen, aber die Musik klingt zumindest stellenweise optimistisch und warm. Fünf, sechs Songs weniger hätten das Album noch hörbarer gemacht, aber man will einem Mann, der gerade seine Dämonen bezwungen hat, ja nicht vorschreiben, das in kompatibler Form zu machen.
Anspieltipps: “Cold Wind Blows”, “On Fire”, “Not Afraid”, “Almost Famous” (LH)

KATZE – Du bist meine Freunde
Zu Campusradiozeiten galten KATZE als “schwieriges” “Thema”: Durchaus charmante deutschsprachige Indierock-Songs, aber die Stimme von Klaus Cornfield ist dann doch nicht unbedingt das, was man ohne Vorwarnung auf unbedarfte Hörer (und seien sie auch Studenten) loslassen kann. Wenn man sich aber auf Cornfields Organ und die auf den ersten Blick naiven und/oder schrägen Texte einlässt, ist das eigentlich ganz schöne Musik, die man jetzt vielleicht nicht gerade bei der nächsten Dinnerparty auflegen sollte, aber dafür gibt es ja Katie Melua.
Anspieltipps: “Franzi wir wollen, dass du bei uns in der Band mitmachst”, “Hübsch aber dumm”, “Der Einsame” (LH, Rezensionsexemplar)

Mitarbeit an dieser Ausgabe:
LH: Lukas Heinser