Sie wissen, dass Sie besser ins Bett gehen sollten, wenn Sie sich nach der Lektüre der Überschrift “Kuranyi schlägt Porto” beinahe eine Sekunde lang fragen, warum ein Fußballer körperliche Gewalt gegen Postwertzeichen anwenden sollte …
Schlagwort: überschriften
Irgendwas ist schief gelaufen mit der Synonym-Datenbank, auf die der Überschriften-Generator von “Spiegel Online” zugreift. Irgendjemand muss am Eintrag zu Pete Doherty herummanipuliert haben, denn um den geht es heute gar nicht, obwohl die Überschrift genau darauf hindeutet:
Es geht viel mehr um Johnny Borrell von der eher öden Band Razorlight, den kein “Spiegel Online”-Leser kennen dürfte und der mit der Jungschauspielerin Emma Watson, die der Zielgruppe von Deutschlands erfolgreichster Nachrichtenseite ebenso unbekannt sein dürfte, um die Häuser gezogen ist:
Zwischen der 17-jährigen Darstellerin der Harry-Potter-Freundin Hermine und dem in britischen Medien als “Skandalrocker” bezeichneten Borrell soll es nach einem Bericht der Zeitung “Daily Mail” gewaltig “knistern”.
Die Google-Suche nach “scandal rocker” bringt satte 55 Ergebnisse, von denen sich fast alle auf Pete Doherty (oder Courtney Love) beziehen, aber kein einziges auf Borrell. Die “Daily Mail”, auf die sich “Spiegel Online” und dpa als Quelle berufen, schreibt vom “bad boy rocker” (und erntet dafür den Leserkommentar “Oh come on – Jonnie Borrell is hardly a a ‘bad boy rocker'”), “Sky Showbiz” spricht vom “rocker pal” und “rocker fella”, die “Sun” verwendet den Begriff “ex-junkie rocker” (und offenbart ein sehr eigenes Verständnis von Realität und Fiktion: “Emma, who has dated rising rugby star TOM DUCKER, 16, and marries Ron (RUPERT GRINT) in the final Potter book, was with Borrell at two London bashes.”) und bei “Female First” ist Borrell schlicht ein “rocker”.
Der “Skandalrocker” stammt offenbar von dpa, die angebliche Verwendung des Begriffs in den britischen Medien oder dessen Fehlübersetzung geht aber wohl auf das Konto von “Spiegel Online”.
MüllerMeierSchmidt
Der Preis für die beste Über-Überschrift dürfte in diesem Jahr dann wohl an dwdl.de gehen:
Kommen wir nun (etwas verspätet) zur Auflösung unseres kleinen Spiels. Es haben 13 Personen teilgenommen. Die Tipps “Alles SpOn” waren natürlich ein bisschen so, wie beim Roulette auf eine Farbe zu setzen. Genützt hat es trotzdem nichts, denn bei sechs Richtigen sind das auch automatisch fünf Falsche.
Aber der Reihe nach:
- 1. “Pisa-Studie: Warum gewinnen immer die Finnen?”: “Bild.de” (10 richtige Tipps)
- 2. “Bäcker rast mit erdrosselter Freundin in den Tod”: “Spiegel Online” (7)
- 3. “Lotto-Tourismus: Polen, Holländer und Dänen greifen nach dem Jackpot”: “Spiegel Online” (10)
- 4. “Nach Erkenntnissen der US-Geheimdienste: Iran hat Atomwaffen-Programm gestoppt”: “Bild.de” (1,
STUJörg Friedrich) - 5. “J-Los Babybauch: Schwangere Göttin in Weiß”: “Spiegel Online” (7)
- 6. “Kate Moss: Busen-Schmusen in der Sonne”: “Bild.de” (10)
- 7. “Jopie Heesters wird heute 104: 10 Dinge, die ich noch erleben möchte”: “Bild.de” (8)
- 8. “Zufallsfund: Römischer Superkleber entdeckt”: “Spiegel Online” (9)
- 9. “Glücksspieler mit Pech: Einmal Lotto-Millionär und zurück”: “Spiegel Online” (10)
- 10. “Mindestlohn gilt nicht für ihn: 4,73 Millionen für Post-Chef Zumwinkel”: “Bild.de” (10)
- 11. “Massenentlassung bei Pin: Springers Notausstieg aus dem Briefgeschäft”: “Spiegel Online” (12)
Jeweils 9 Punkte geholt und damit kein signiertes Buch gewonnen haben Marcus, Bedenklich und birgit. Herzlichen Glückwunsch und vielen Dank fürs Mitmachen!
Beim nächsten Mal gibt’s auch wirklich was zu gewinnen, sogar ganz tolle Sachen!
Irgendwie bin ich heute in Spiellaune und deshalb eröffne ich hiermit das Quiz “Spiegel oder Bild”.
Die folgenden Überschriften stammen entweder von “Spiegel Online” oder von “Bild.de” und es ist an Ihnen, die Überschriften richtig zuzuordnen:
- 1. “Pisa-Studie: Warum gewinnen immer die Finnen?”
- 2. “Bäcker rast mit erdrosselter Freundin in den Tod”
- 3. “Lotto-Tourismus: Polen, Holländer und Dänen greifen nach dem Jackpot”
- 4. “Nach Erkenntnissen der US-Geheimdienste: Iran hat Atomwaffen-Programm gestoppt”
- 5. “J-Los Babybauch: Schwangere Göttin in Weiß”
- 6. “Kate Moss: Busen-Schmusen in der Sonne”
- 7. “Jopie Heesters wird heute 104: 10 Dinge, die ich noch erleben möchte”
- 8. “Zufallsfund: Römischer Superkleber entdeckt”
- 9. “Glücksspieler mit Pech: Einmal Lotto-Millionär und zurück”
- 10. “Mindestlohn gilt nicht für ihn: 4,73 Millionen für Post-Chef Zumwinkel”
- 11. “Massenentlassung bei Pin: Springers Notausstieg aus dem Briefgeschäft”
Bitte schreiben Sie Ihre Vermutungen in die Kommentare.
Zu gewinnen gibt es erst mal nichts (ich muss das Buch, das ich signiert verlosen wollte, erst noch schreiben), aber Nachgucken wäre trotzdem irgendwie unmoralisch.
Die Auflösung kommt heute Abend.
Update 6. Dezember: Hier ist die Auflösung.
Stefan Aust wird ab 1. Januar 2009 nicht mehr Chefredakteur des Hamburger Nachrichtenmagazins “Der Spiegel” sein, das wurde am Donnerstag bekannt.
Kaum war die Meldung raus, freuten sich vor allem die Blogger, dass der umstrittene, als Machtmensch verschriene Aust gehen muss und verliehen ihrer Freude vor allem durch Namenswitze Ausdruck. Coffee And TV stellt die schönsten Wortspiel-Überschriften vor:
- Das Aus für Aust (Zeitschriftenblog)
- Doch Aus für Aust (SpiegelKritik)
- Aus für Aust (BatzLog, schulte-web.com, Zettels Raum)
- Stefan Aus (Oliver Gehrs bei Stefan Niggemeier)
- Das Spiel ist aust! (Der Morgen)
- Aust die Maus (Medienelite)
- Aust raus (Medienblogger)
- Die Welt ist meine Aust (Stefan Niggemeier)
- Austgespielt (Zeitrafferin)
- Aust-ritt (Clap)
- Stefan Austerity (Die Sargnagelschmiede)
- Adieu Aust (zweitens-magazin.de)
- Vor diesem Wortspiel wird gewarnt ([i:rrhoblog])
Nachtrag 17:35 Uhr: Bulo von Clap hat mich noch auf die passende Illustration, die allerdings schon fünf Monate alt ist, hingewiesen.
Designern gibt’s der Herr im Schlaf
Was ist denn hier beim “Spiegel” los?
- “Reichstagsbrand!” Jetzt dreht Herman völlig frei!
- Nach Attacke auf Köhler: Berlin-Touristen abgeschossen
- “Tag der Deutschen Einheit” – Erste Bilder von Florian Henckel von Donnersmarcks neuestem Film
- Nina Hagen geht in die Politik
- Endlich: Schäuble kehrt heim!
Die Wahrheit ist – wie so oft – noch alberner …
So langsam gehen mir die Erklärungen aus, wie bei “Spiegel Online” Überschriften entstehen. Eine Theorie wäre, dass ein früherer Gagschreiber von … sagen wir: “Sieben Tage, Sieben Köpfe” mit einer Kette um den Hals in der Redaktion gehalten wird, eine Meldung nach der anderen vorgelesen bekommt und dann drei, vier Kalauer dazu macht – der schlechteste wird dann genommen. Natürlich wäre es auch möglich, dass ein Computerprogramm jede Meldung auf Schlagworte scannt und dann eine suchmaschinenoptimierte Headline ausspuckt – so irreführend sie auch sein mag. Alternativ können nur noch sehr, sehr schlechte Drogen im Spiel sein.
Zunächst ein Transkript meiner Gedanken:
- “Hä?”
- “Muss die bayrische Geschichte neu geschrieben werden?”
- “‘Ehrenmord’?! ‘An Strauß’?!”
- “Welche Amerikaner? Alle?!”
- “Hä?”
Und hier dann kurz die Geschichte: Zwei junge Männer klettern betrunken in ein Straußengehege, der Strauß Gaylord attackiert die beiden, die Begleiterinnen lachen, die beiden Männer kommen später wieder und töten Gaylord mit mindestens sieben Schüssen. Das erklärt den Strauß.
Einer der beiden Männer wurde bereits im März zu sieben Monaten Haft verurteilt, der zweite jetzt zu fünfen. Das erklärt die Amerikaner im Gefängnis (wobei der zuerst Verurteilte nach fünf Monaten wieder frei kam, so dass streng genommen jetzt nur ein Amerikaner in den Knast muss).
In der Reuters-Meldung, die “Spiegel Online” komplett übernommen und mit einem eigenen Prolog (und natürlich der obigen Überschrift) versehen hat, steht dann noch folgendes:
In dem Fall gehe es klar um männlichen Stolz, zitierte die Zeitung “San Francisco Chronicle” den mit dem Fall befassten Staatsanwalt.
“This whole thing is about male pride,” Wagstaffe said.
Das “erklärt” dann wohl den “Ehrenmord”, der (immerhin noch mit Anführungszeichen) auf das Konto von Reuters geht.
Welcome To The Nepp Parade
Hier die irreführendsten Überschriften der letzten 24 Stunden bei “Spiegel Online”:
Nun wissen natürlich die meisten, dass Lionel Richie der (Adoptiv-)Vater von Nicole Richie ist und nicht der des zu erwartenden Babys. Aber unglücklich formuliert ist es schon.
“Knast bezeichnet umgangssprachlich: ein Gefängnis […]”, weiß Wikipedia. Für “Spiegel Online” bezeichnet es offenbar auch Arrestzellen auf Polizeiwachen. Und dass “in den Knast bringen” allgemein als “zu einer Gefängnisstrafe verurteilen” aufgefasst wird (und nicht als “where she sat for more than 30 minutes”), soll uns beinahe egal sein: Man ist ja schon froh, dass die Überschrift nicht “Trockenes Gras bringt Rentnerin in den Knast” lautet.
Wer eine Fortsetzung selbst als “unwahrscheinlich” bezeichnet, kann natürlich trotzdem in seiner Überschrift von geschürten Hoffnungen sprechen – es wirkt nur etwas wirr. Aber was bei der Meldung so alles falsch gelaufen ist, liest man am besten bei “Indiskretion Ehrensache” und Stefan Niggemeier nach.