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Listenpanik: Alben 2008

Die Alben­lis­ten sind immer die schlimms­ten. Wäh­rend einem iTu­nes und last.fm bei der Fra­ge nach den Songs des Jah­res schon einen gro­ßen Teil der Arbeit abneh­men, muss man bei den Alben abwä­gen: Wie oft habe ich das Album gehört? Wie lan­ge habe ich das Album gehört und wann zuletzt? Müss­te ich die­ses Album viel­leicht höher anset­zen als jenes, weil es bei einer gewis­sen Objek­ti­vi­tät ein­fach bes­ser oder anspruchs­vol­ler ist (ich es aber gar nicht so ger­ne höre)?

Wenn man dann noch den Feh­ler macht, mal in die alten Jah­res­bes­ten­lis­ten rein­zu­schau­en und fest­stellt, dass man das Album des Jah­res 2007 (Bloc Par­ty) im Jahr 2008 gar nicht mehr gehört hat und auch sonst alles an die­sen Lis­ten falsch wirkt, dann will man es eigent­lich gleich ganz blei­ben las­sen.

Oder man zwingt sich und fängt an:

25. Ben Folds – Way To Nor­mal
Es hät­te schlim­mer kom­men kön­nen: Bloc Par­ty (Album des Jah­res 2005 und 2007) haben es gar nicht in die Bes­ten­lis­te geschafft. Ben Folds hat also irgend­wie noch Glück gehabt – und wirk­lich schlecht ist „Way To Nor­mal“ ja auch nicht gera­ten, nur irgend­wie erschüt­ternd … egal. Wäh­rend die Ben-Folds-Five-Alben bei mir immer noch rauf und run­ter lau­fen, wird die Halb­wert­zeit von Folds‘ Solo­al­ben immer gerin­ger. Dass ande­re Künst­ler mit der Bür­de „Lieb­lings­band“ sehr viel bes­ser klar kom­men, wer­den wir noch sehr viel wei­ter vor­ne sehen. Für Folds springt immer­hin noch ein Platz auf der Lis­te raus.
Anspiel­tipp: Effing­ton

24. Ingrid Micha­el­son – Girls And Boys
Ein ein­zi­ger Song bei „Grey’s Ana­to­my“ hat schon Snow Pat­rol den Weg zur Welt­kar­rie­re geeb­net, war­um soll es Ingrid Micha­el­son da anders gehen? (War­um geht es Hotel Lights da eigent­lich anders?) Die­se ent­spann­te Indiepop-Plat­te ist zwar eigent­lich schon von 2007, kam aber in Deutsch­land genau zum rich­ti­gen Zeit­punkt (grau, kalt, unge­müt­lich) raus und bekam mit der Sin­gle „The Way I Am“ auch noch ordent­lich Air­play. Kei­ne gro­ße Kunst, aber für mit­tel­gro­ße erstaun­lich gut. Und natür­lich sowie­so tau­send Mal bes­ser als Amy Mac­Do­nald.
Anspiel­tipp: Maso­chist

23. kett­car – Sylt
Das glei­che Dilem­ma wie bei Ben Folds: das Album war nicht schlecht, aber frü­he­re Alben waren bes­ser, ich habe es zu sel­ten gehört und es kam irgend­wie nicht im pas­sen­den Moment raus. Davon ab trau­en sich kett­car musi­ka­lisch plötz­lich mehr, wer­den text­lich einer­seits unkon­kre­ter, haben aber ande­rer­seits wie­der eine kla­re Hal­tung.
Anspiel­tipp: Kein Aus­sen Mehr

22. R.E.M. – Acce­le­ra­te
Ich wie­der­ho­le mich da ger­ne, aber irgend­wie wer­den R.E.M. halt nie irgend­was falsch machen (außer viel­leicht, sie spie­len noch ein­mal „Shi­ny Hap­py Peo­p­le“). Ihr Back-to-the-roots-Album rum­pel­te dann auch schön durch den Früh­ling, ehe es ers­te Abnut­zungs­er­schei­nun­gen zeig­te. Jetzt, mit etwas Abstand, ist es aber immer noch gut genug für die­se Lis­te.
Anspiel­tipp: Living Well Is The Best Reven­ge

21. Oasis – Dig Out Your Soul
Wirk­lich schlecht war außer „Stan­ding On The Should­er Of Giants“ noch kein Oasis-Album – dass sie aller­dings mal wie­der ein wirk­lich gutes Album machen wür­den, hät­te ich auch nicht gedacht. Dann war „Dig Out Your Soul“ da, tat­säch­lich gut, und mir war es irgend­wie egal. Die Band und ich, wir sind bei­de älter gewor­den, und mit ihrem neu­en Album ver­hält es sich wie mit dem zufäl­li­gen Tref­fen mit einem alten Schul­freund: das Wie­der­se­hen ist herz­lich, man denkt an alte Zei­ten, trinkt zwei Bier und geht wie­der getrenn­ter Wege. Ein biss­chen „Sgt. Pep­per“, ein biss­chen „Revol­ver“, ein biss­chen wei­ßes Album – und letzt­lich doch total Oasis.
Anspiel­tipp: Fal­ling Down

20. Fet­tes Brot – Strom Und Drang
Mein ers­tes deutsch­spra­chi­ges Hip-Hop-Album, ich sag’s gern immer wie­der. Und es ist laut, heiß, wit­zig, eupho­risch, trau­rig, klug, kurz­um: gut. In den Neun­zi­gern hät­te man mit der Hälf­te der Songs eine Rie­sen­kar­rie­re begrün­den kön­nen, heut­zu­ta­ge wird sowas von Sido, Bushi­do und Schlim­me­rem in den Schat­ten gestellt. Aber das kann mir ja egal sein. Und den Bro­ten hof­fent­lich auch.
Anspiel­tipp: Das Trau­rigs­te Mäd­chen Der Stadt

19. She & Him – Volu­me One
In dem Moment, wo Zooey Descha­nel zu sin­gen beginnt, sind alle Vor­ur­tei­le über sin­gen­de Schau­spie­le­rin­nen ver­ges­sen – und in dem Moment, wo man ihr in die Augen blickt, auch alles ande­re. Gemein­sam mit M. Ward hat sie ein som­mer­lich-leich­tes Album mit Folk- und Six­ties-Anlei­hen auf­ge­nom­men, des­sen Beschwingt­heit manch­mal haar­scharf an dem Punkt vor­bei­schrammt, wo es ner­vig wer­den könn­te. Aber dann kommt ein so tod­trau­ri­ges Lied wie „Chan­ge Is Hard“ und man möch­te Zooey Descha­nel unbe­dingt trös­ten.
Anspiel­tipp: Chan­ge Is Hard

18. Gre­gor Meyle – So Soll Es Sein
Irgend­wo zwi­schen Her­bert Grö­ne­mey­er und Tom­te, Tom Liwa und Clue­so war noch Platz und genau dort pass­te Gre­gor Meyle wun­der­bar rein mit sei­nen klu­gen und pathe­ti­schen Tex­ten und sei­ner ent­spann­ten Musik. Damit bewegt man viel­leicht kei­ne Mas­sen, aber die­je­ni­gen, die zuhö­ren.
Anspiel­tipp: Nie­mand

17. Jakob Dylan – See­ing Things
Bei den Wall­flowers wirk­te er mit­un­ter ver­un­si­chert durch den Sta­tus des One Hit Won­ders, das stän­di­ge Inter­es­se an sei­ner Per­son, die eige­nen Ansprü­che und die der Plat­ten­fir­men. Und dann setz­te sich Jakob Dylan hin und nahm ein Solo­al­bum auf, bei dem er abso­lut sicher und fokus­siert wirkt, und das trotz­dem fein und zer­brech­lich klingt („Pro­du­ced by Rick Rubin“ halt). Dass er einer der bes­ten Tex­ter sei­ner Gene­ra­ti­on ist, hat sich lei­der immer noch nicht rum­ge­spro­chen, aber auf die­sem Album kann man sich davon über­zeu­gen.
Anspiel­tipp: Some­thing Good This Way Comes

16. Slut – StillNo1
Manch­mal kann man echt Pech haben mit sei­nem Ver­öf­fent­li­chungs­da­tum: „StillNo1“ kam im Febru­ar raus, lief ein paar Wochen bei mir rauf und run­ter und ver­schwand dann im Regal (aus der Rei­he: „sprach­li­che Bil­der, die Dank MP3 vom Aus­ster­ben bedroht sind“). Für die­se Lis­te habe ich es noch mal her­vor­ge­kramt und erneut fest­ge­stellt, dass es sich um ein sehr gutes, anspruchs­vol­les Album han­delt. Eini­ges erin­nert an das, was Cold­play Dank ihrer Popu­la­ri­tät ein paar Mona­te spä­ter mit „Viva La Vida“ einem inter­na­tio­na­len Mil­lio­nen­pu­bli­kum unter­ju­beln konn­ten, aber Slut hat­ten die­ses Glück natür­lich nicht.
Anspiel­tipp: If I Had A Heart

15. Cold­play – Viva La Vida
Gera­de noch von ihnen gespro­chen, sind Cold­play auch schon da! So klan­gen seit den Acht­zi­gern kei­ne Num­mer-Eins-Alben mehr: Songs, die inein­an­der über­ge­hen; Moti­ve, die nicht nur auf der CD, son­der auch auf der Nach­fol­ge-EP immer wie­der auf­ge­nom­men wer­den; pom­pö­ses­te Pop-Ari­en mit viel Rhyth­mus und noch mehr Melo­die, und Sin­gle-Hits, auf die kein Schwein tan­zen kann. Cold­play ver­kau­fen (rela­ti­ve, wir wol­len ja auch nicht über­trei­ben) Hoch­kul­tur als Pop und sind damit das Gegen­teil von Paul Potts – aber ähn­lich erfolg­reich.
Anspiel­tipp: 42

14. The Kil­lers – Day & Age
Ich wür­de nie von mir behaup­ten, Bran­don Flowers ver­stan­den zu haben. Aber ich habe dann doch genug Durch­blick um zu bemer­ken, dass er und sei­ne Band zumeist kolos­sal miss­ver­stan­den wer­den. Viel­leicht mei­nen sie das mit den Steel­drums, den Saxo­fo­nen und dem Dis­co­fox ernst – na und, wenn es hin­ter­her doch so viel Spaß macht, es zu hören? „Day & Age“ erschien zeit­gleich mit „Chi­ne­se Demo­cra­cy“ und alles, was bei Guns N‘ Roses knapp jen­seits der Gren­ze des Zumut­ba­ren aus­ge­kom­men ist, funk­tio­niert bei den Kil­lers noch. Bei den ers­ten zwei Durch­läu­fen habe ich die­ses Album gehasst, danach geliebt.
Anspiel­tipp: This Is Your Life

13. Jason Mraz – We Dance. We Sing. We Ste­al Things.
Wenn Sie mich vor acht Jah­ren gefragt hät­ten, wie Pop­mu­sik im Jahr 2008 klingt, hät­te ich eher auf das getippt, was Rob­bie Wil­liams vor ein paar Jah­ren auf „Inten­si­ve Care“ ver­sucht hat. Ich hät­te eher nicht damit gerech­net, dass man mit Akus­tik­gi­tar­ren und Tie­fen­ent­span­nung in die Charts kommt, aber dann kam Jason Mraz und zeig­te mir ein­mal mehr, dass ich von der Zukunft kei­ne Ahnung habe. Man will das ja nicht immer wie­der schrei­ben, aber: so wie die­ses Album (von dem es aktu­ell eine Spe­cial Edi­ti­on mit in Deutsch­land bis­her unver­öf­fent­lich­ten Songs und einer Live-DVD gibt), so klingt der Som­mer.
Anspiel­tipp: Details In The Fabric

12. Tra­vis – Ode To J. Smith
Irgend­wie ist das ja gemein: Wäh­rend ich an Ben Folds immer fast über­ir­di­sche Ansprü­che stel­le, dür­fen Tra­vis machen, was sie wol­len, und ich fin­de es eigent­lich immer gut. Aber „Ode To J. Smith“ ist ein­fach ein gutes Album. Hat­ten Tra­vis auf „The Boy With No Name“ schon alle Pha­sen ihrer bis­he­ri­gen Kar­rie­re ver­eint, tun sie es auf „Ode To J. Smith“ erneut, aber mit einem Schwer­punkt auf der lau­te­ren Sei­te. Ja, Tra­vis kön­nen rocken (sie tun es außer auf „The Invi­si­ble Band“ eigent­lich auf jedem Album), und das bezwei­felt hof­fent­lich auch nie­mand mehr. Dass Fran Hea­ly im Aus­se­hen immer mehr an Micha­el Sti­pe von R.E.M. erin­nert, kann kein Zufall sein, denn die dür­fen ja auch machen, was sie wol­len.
Anspiel­tipp: Song To Self

11. Death Cab For Cutie – Nar­row Stairs
Bestimmt gibt es Schlim­me­res, als „die Band aus ‚O.C., Cali­for­nia‘ “ zu sein – und die­ser klei­ne Hype von vor drei, vier Jah­ren kann auch nicht dafür ver­ant­wort­lich sein, dass Death Cab (wie wir alle seit Seth Cohen sagen) immer noch so popu­lär sind. Es ist natür­lich auch die Musik. Und da zeigt sich ein­mal mehr der Trend des letz­ten Jah­res: eta­blier­te Bands, deren letz­te Alben viel­leicht ein biss­chen zu gefäl­lig aus­ge­fal­len waren, dre­hen ein biss­chen an der Anspruchs­schrau­be und es funk­tio­niert immer noch. Okay, die Acht­ein­halb-Minu­ten-Sin­gle „I Will Pos­sess Your Heart“ wur­de fürs Radio gekürzt und beschleu­nigt, aber in dem Fall zählt schon die Idee. Dass gute Tex­te viel zu sel­ten gewür­digt wer­den, ist gene­rell scha­de, im Fal­le von Ben Gib­bard ist es aller­dings fast ein Skan­dal.
Anspiel­tipp: Cath…

10. Lightspeed Cham­pi­on – Fal­ling Off The Laven­der Bridge
Nach­dem sich die Test Ici­c­les, eine der außer­ge­wöhn­li­che­ren Bands unse­rer Zeit, zer­legt hat­ten, fuhr Devon­te Hynes nach Oma­ha, NE, um dort mit der Sadd­le-Creek-Pos­se eine Art Coun­try-Album auf­zu­neh­men, des­sen Songs man sogar im For­mat­ra­dio spie­len könn­te. Lässt man die­se musik­his­to­ri­schen Anek­do­ten außen vor, ist „Fal­ling Off The Laven­der Bridge“ ein­fach eine gute, run­de Plat­te.
Anspiel­tipp: Tell Me What It’s Worth

9. Hotel Lights – Fire­cra­cker Peo­p­le
Eines von zwei Alben in die­ser Lis­te (und in den Top 10), das in Deutsch­land gar nicht „regu­lär“ erschie­nen ist. Aber wen inter­es­siert sowas? „Fire­cra­cker Peo­p­le“ ist ein herbst­li­ches Album mit vie­len Folk-Anlei­hen, das eine gewis­se schwe­re Melan­cho­lie aus­strömt und doch immer wie­der feder­leicht klingt (und auch mal rockt). Dar­ren Jes­see und sei­ne Mit­mu­si­ker hät­ten mehr Auf­merk­sam­keit ver­dient – hier, in ihrer ame­ri­ka­ni­schen Hei­mat und in jedem Land der Erde. Und sagen Sie nicht, die Import-CD sei Ihnen zu teu­er: das Album gibt es für 9,99 Euro im iTu­nes Music Store.
Anspiel­tipp: Blue Always Finds Me

8. Bon Iver – For Emma, Fore­ver Ago
Das gab’s auch noch nie: Nach­dem Bob Boi­len von „All Songs Con­side­red“ über Wochen und Mona­te von Bon Iver (das spricht sich unge­fähr „Boney Wer?“) geschwärmt hat­te und die Kol­le­gin Anni­ka dann auch noch damit anfing, habe ich mich nach Sil­ves­ter erst­ma­lig mit dem Mann, der eigent­lich Jus­tin Ver­non heißt, beschäf­tigt. Nun ist es natür­lich etwas ris­kant, ein Album, das man erst weni­ge Tage kennt, direkt so weit vor­ne in die Lis­te zu ste­cken, aber ande­rer­seits gab es in ganz 2008 kaum ein Album, das ich so oft hin­ter­ein­an­der hät­te hören kön­nen. Die Songs, die Ver­non in einer abge­le­ge­nen Holz­hüt­te geschrie­ben hat, sind mit „ent­rückt“ mög­li­cher­wei­se am Bes­ten zu beschrei­ben. Man muss sich auf die Stim­me und die spär­li­che, teils sphä­ri­sche Musik ein­las­sen, und wenn einem Bei­des nicht gefällt, kann ich das sogar ein wenig ver­ste­hen. Aber ich bin sicher: Sie ver­pas­sen was, so wie es mir fast pas­siert wäre.
Anspiel­tipp: Re: Stacks

7. Niz­lo­pi – Make It Hap­pen
Es kommt ja inzwi­schen lei­der eher sel­ten vor, dass mich ein Kon­zert rund­her­um flasht, aber im Dezem­ber in Köln war es mal wie­der soweit: Wie die­se zwei Män­ner da mit Gitar­re, Kon­tra­bass und ihren Stim­men einen Sound auf die Büh­ne brach­ten, der sat­ter war als so man­che Band und gleich­zei­tig völ­lig orga­nisch, das hat mich nach­hal­tig beein­druckt. Fand ich „Make It Hap­pen“ vor­her schon ziem­lich gut, höre ich es seit­dem noch mal mit ganz ande­ren Ohren. Ein anrüh­ren­des, klu­ges und bewe­gen­des Album, das nur dar­auf hof­fen lässt, dass die Bei­den nach ihrer Aus­zeit wei­ter­ma­chen.
Anspiel­tipp: Drop Your Guard

6. Goldf­rapp – Seventh Tree
Goldf­rapp waren eine Band, die ich bis­her immer eher so am Rand wahr­ge­nom­men hat­te. Das hat sich mit „Seventh Tree“ (und mei­nem Song des Jah­res „A&E“) deut­lich geän­dert. Ein Früh­lings­tag, kom­pri­miert auf 41:35 Minu­ten, ein vor­sich­ti­ges Neben­ein­an­der von Akus­tik­gi­tar­ren und Elek­tro­nik-Spie­le­rei­en, und über allem schwebt die Stim­me von Ali­son Goldf­rapp. Für die Sta­tis­tik­freun­de: dass die bes­te bri­ti­sche Plat­te auf Platz 6 lan­det, hat es bei mir auch noch nie gege­ben (2 ers­te Plät­ze und ein zwei­ter seit 2005).
Anspiel­tipp: Road To Some­whe­re

5. Tom­te – Heu­re­ka
„Hin­ter All Die­sen Fens­tern“ und „Buch­sta­ben Über Der Stadt“ waren bei mir jeweils das Album des Jah­res (2003 und 2006), dafür hat es dies­mal nicht ganz gereicht. Das liegt aber nicht am Album, son­dern an mir: es kam ein­fach irgend­wie nicht ganz im rich­ti­gen Moment raus. Thees Uhl­mann hält es für das bes­te Tom­te-Album über­haupt, und zumin­dest musi­ka­lisch könn­te er da durch­aus recht haben. Bei eini­gen Songs brauch­te ich ein biss­chen Zeit, um mit ihnen warm zu wer­den, ande­re habe ich auf Anhieb geliebt. Tom­te kann man nur has­sen oder lie­ben, aber wer ihnen auf­merk­sam zuhört, der wird sich geliebt füh­len.
Anspiel­tipp: Küss Mich Wach Glo­ria

4. Sigur Rós – Með Suð Í Eyrum Við Spilum End­al­aust
Seit vier Alben ver­fol­ge ich jetzt die Kar­rie­re von Sigur Rós und jedes Mal habe ich gedacht: „Ja, das ist sehr gut, aber irgend­wie ist es mir zu künst­le­risch, zu weit weg, zu wenig all­tags­taug­lich.“ Die Islän­der sind immer noch weit vom Pop ent­fernt, aber auf ihrem fünf­ten Album machen sie Musik, die man auch ohne Räu­cher­stäb­chen und Duft­ker­zen hören kann. Als hät­ten die Elfen und Kobol­de „Sgt. Pep­per“ gehört.
Anspiel­tipp: Við Spilum End­al­aust

3. Sir Simon – Batt­le
Simon Front­zek ist der ein­zi­ge Mensch, der zwei Mal in die­ser Lis­te auf­taucht – und bei­de Male in den Top 5. Zum einen ist er der neue Key­boar­der bei Tom­te, zum ande­ren Sän­ger, Gitar­rist und Song­schrei­ber bei Sir Simon (Batt­le), deren Debüt­al­bum so groß­ar­tig ist, dass es einen Trepp­chen­platz ver­dient hat. Klei­ne unauf­ge­reg­te Pop-Per­len zwi­schen Wil­co, Mari­ti­me und den Wea­k­erthans. Ver­träumt und ein­fach schön.
Anspiel­tipp: The Last Year

2. The Hold Ste­ady – Stay Posi­ti­ve
Auch wenn die ganz gro­ße ver­spä­te­te Band-Neu­ent­de­ckung des Jah­res für mich Hem waren (die aber 2008 kein Album ver­öf­fent­licht haben): The Hold Ste­ady sind sicher im engs­ten Kreis. Die Kom­bi­na­ti­on von roher Ener­gie und Pop-Appeal, von jugend­li­chem Über­schwung und erwach­se­ner Resi­gna­ti­on, von Musik und Text machen „Stay Posi­ti­ve“ zu einem wahr­haft außer­ge­wöhn­li­chen Album. Und dazu die­se gan­zen Pop­kul­tur-Ver­wei­se!
Anspiel­tipp: Maga­zi­nes

1. Fleet Foxes – Fleet Foxes
Car­rie Brown­stein mein­te im Jah­res­rück­blick von „All Songs Con­side­red“, das Jahr 2008 sei ziem­lich „emo“ (die Ame­ri­ka­ner mei­nen damit etwas ande­res als wir) und „bear­dy“ gewe­sen. Das trifft natür­lich bei­des auf Fleet Foxes zu, aber die Band macht viel zu gute Musik, um sich län­ger mit der Gesichts­be­haa­rung ihrer Mit­glie­der auf­zu­hal­ten. Dass es sich die Män­ner aus Seat­tle, WA erlau­ben konn­ten, Per­len wie „Sun Giant“ oder „Myko­nos“ gar nicht erst aufs Album zu packen (son­dern auf der „Sun Giant“-EP zu ver­öf­fent­li­chen), deu­tet an, dass ihnen die Songs nur so zuflie­gen. Und tat­säch­lich: das zwei­te Album der Fleet Foxes soll bereits in die­sem Jahr erschei­nen. Aus­nahms­wei­se habe ich mal gar kei­ne Befürch­tun­gen, dass es schwä­cher wer­den könn­te als das Debüt.
Anspiel­tipp: Quiet Hou­ses

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Listenpanik: Songs 2008

Ich bin einer die­ser Men­schen, die Sil­ves­ter has­sen wie sonst nur Ebe­nee­zer Scr­oo­ge das Weih­nachts­fest. Ich kann nichts Fest­li­ches oder Tol­les dar­an erken­nen, neue Kalen­der auf­hän­gen und mit­neh­men zu müs­sen und auch das Durch­strei­chen von fal­schen Jah­res­zah­len im Janu­ar (das seit der Ein­füh­rung des Inter­net­ban­kings rapi­de abge­nom­men hat) ist ein Brauch, auf den ich ver­zich­ten könn­te. Davon ab muss ich Ihnen lei­der mit­tei­len, dass For­scher des Bochu­mer Lehr-Orts für erwäh­nens­wer­te Daten her­aus­ge­fun­den haben, dass „Din­ner For One“ nicht lus­tig ist und Blei­gie­ßen impo­tent macht.

Trotz­dem ist der Rob­bie-Bubble-Kin­der­sekt natür­lich kalt­ge­stellt und um die Zeit bis zum „Sil­ves­ter­stadl“ rum­zu­krie­gen, habe ich mei­ne iTu­nes-Lis­ten ein paar mal hin- und her­sor­tiert, ein biss­chen abge­wo­gen und füh­le mich jetzt see­lisch in der Lage, die Songs des Jah­res 2008 zu ver­kün­den (nur um die Lis­te ver­mut­lich noch heu­te Nacht wie­der umsor­tie­ren zu wol­len). Wie üblich ist alles total sub­jek­tiv:

25. Danko Jones – Take Me Home
„Never Too Loud“ war irgend­wie nicht so wirk­lich das Album, das man nach „Sleep Is The Ene­my“ erwar­tet hät­te: ein biss­chen zu ver­hal­ten, ein biss­chen zu lang, Tem­po­li­mit statt durch­ge­tre­te­nem Gas­pe­dal. „Take Me Home“ ist dann auch noch der unty­pischs­te Danko-Jones-Song über­haupt mit sei­nen Akus­tik­gi­tar­ren und den John-Den­ver-Anlei­hen. Aber weil Danko Jones eben Danko Jones ist (sind) und nicht Kid Rock, funk­tio­niert die­ser Irr­sinn trotz­dem. Und ein Lied, in dem der Refrain auf „Take me home to whe­re my records are“ endet, muss man sowie­so her­vor­he­ben, so lan­ge die Leu­te noch wis­sen, was die­se phy­si­schen Ton­trä­ger über­haupt sind.

24. Jakob Dylan – Val­ley Of The Low Sun
Stel­len Sie sich vor, Sie wären der Sohn von Bob Dylan und wür­den Musik machen! Jakob Dylan gebührt allein des­halb Respekt, dass er sich die­sen gan­zen Ver­glei­chen und Fra­gen seit fast 20 Jah­ren aus­setzt – und jetzt kann er sich nicht mal hin­ter den Wall­flowers ver­ste­cken, jetzt steht sein Name auch noch auf dem Album. Und er singt ein­fach völ­lig redu­zier­te Folk-Musik, die eher an War­ren Zevon, Bruce Springsteen und John­ny Cash erin­nert als an Musi­ker ähn­li­chen Namens. „Val­ley Of The Low Sun“ ist eine gewal­ti­ge, schlep­pen­de Bal­la­de, so schön wie ein Son­nen­un­ter­gang in der Sier­ra Neva­da.

23. Slut – If I Had A Heart
Ach ja: Slut haben ja die­ses Jahr auch ein Album ver­öf­fent­licht – und das war noch nicht mal schlecht. „If I had a heart /​ I would have a hearta­che“ kann als Zei­le tie­risch in die Hose gehen, aber so wie Chris Neu­bur­ger das singt, klingt es ein­fach auf­rich­tig und klug.

22. Clue­so – Kei­nen Zen­ti­me­ter
Die­ser Groo­ve, die­ser fast (aber nur fast) ver­nu­schel­te Gesang, die­ser gefühl­vol­le, aber gänz­lich unkit­schi­ge Text. Mehr Under­state­ment als „Ich würd‘ gern mit Dir viel mehr unter­neh­men“ passt in kei­ne Lie­bes­er­klä­rung!

21. Jason Mraz – I’m Yours
Ich hab lan­ge über­legt, ob es auch hier unbe­dingt die Sin­gle sein muss­te, aber doch: so klingt der Som­mer. Selbst bei Minus­gra­den meint man sich dar­an erin­nern zu kön­nen, wie man zu die­sen Klän­gen mit der Liebs­ten im Gras gele­gen und in den wol­ken­lo­sen Him­mel gestarrt hat – auch wenn man das nie getan hat. Anders als der viel­ver­gli­che­ne Jack John­son hat Jason Mraz aber noch mehr auf Lager als die­sen Strand-Schun­k­ler und wird uns des­halb bei den bes­ten Alben des Jah­res wie­der begeg­nen.

20. The Ver­ve – Love Is Noi­se
Okay, das Come­back-Album von The Ver­ve habe ich drei oder vier Mal gehört, ehe es mir zu lang­wei­lig wur­de. Aber die­se Sin­gle! Hyp­no­tisch, eupho­risch, in die Bei­ne gehend – man­che wür­den schlicht­weg „ner­vig“ dazu sagen. „Love is noi­se, love is pain“ ist auch wie­der so ein Satz, der schon von den rich­ti­gen Leu­ten gesun­gen wer­den muss, um nicht doof zu klin­gen. Richard Ash­croft ist ein rich­ti­ger Leut.

19. Death Cab For Cutie – The Ice Is Get­ting Thin­ner
Viel­leicht hat nie jemand einen bes­se­ren Text dar­über geschrie­ben, wie das ist, wenn die Lie­be lang­sam nach­lässt, als Ben Gib­bard hier. Dazu eine Instru­men­tie­rung, die mit „spär­lich“ noch euphe­mis­tisch umschrie­ben ist und fer­tig ist der Gän­se­haut­song 2008. Wer die­ses Lied hört und nichts fühlt, ist ver­mut­lich tot.

18. Niz­lo­pi – Start Begin­ning
Weil das Album „Make It Hap­pen“ in Deutsch­land nicht regu­lär erschie­nen ist, sind Niz­lo­pi durch das Lis­ten­pa­nik-Ras­ter gefal­len. Aber Kath­rin hat das Kon­zert, für mich das Bes­te des Jah­res war, ja hier im Blog noch aus­rei­chend gewür­digt. Hier also ein Lied mit Gitar­re, Kon­tra­bass, Beat­boxing und Gos­pel­chor, für das das Wort „uplif­ting“ erfun­den wer­den müss­te, wenn es nicht schon im Wör­ter­buch stün­de.

17. Tom­te – Der letz­te gro­ße Wal
Schon wie­der die Sin­gle? Ja, tut mir leid, ich kann mir nicht hel­fen. Bei Tom­te setzt bei mir der letz­te Rest Objek­ti­vi­tät aus, des­we­gen neh­me ich ein­fach mal das nahe­lie­gends­te Lied. Aber das ist ja auch gut. Thees Uhl­manns Stim­me ist wie eine ein­zi­ge Umar­mung, die auch vor Leu­ten, die so vol­ler Hass sind wie die­se Schrei­ber, kei­nen Halt macht. Er ist der letz­te gro­ße Wal, der die klei­nen Fische zum Früh­stück ver­speist.

16. Tra­vis – Befo­re You Were Young
Noch so eine Band, wo für Objek­ti­vi­tät kein Platz ist. „Ode To J. Smith“ war aber auch wie­der ein gutes Album – dass bei den vie­len Rock­num­mern der bes­te Song aus­ge­rech­net wie­der eine melan­cho­li­sche Bal­la­de ist, liegt an mir, echt! Oder an dem schö­nen Text, der gran­dio­sen Stei­ge­rung und über­haupt allem, was „Befo­re You Were Young“ aus­macht.

15. Gre­gor Meyle – Irgend­wann
Ste­fan Raabs Cas­ting­show war eine fei­ne Sache: für die Charts fiel Ste­fa­nie Heinz­mann ab (die ihren Job auch wirk­lich gut macht), für die nach­denk­li­che­ren Momen­te Gre­gor Meyle. Der ist nicht nur ein sym­pa­thi­scher Gesprächs­part­ner, son­dern auch noch ein sehr guter Song­wri­ter: text­lich geht er manch­mal bis ganz knapp vor die Schla­ger­gren­ze (aber was will man machen, wenn man jedes Wort ver­steht?), musi­ka­lisch ist er auf Welt­ni­veau und „Irgend­wann“ ist ein Lied, das Sehn­sucht und Antriebs­lo­sig­keit, Opti­mis­mus und Resi­gna­ti­on bes­tens aus­ba­lan­ciert in vier­ein­halb Minu­ten packt.

14. Nada Surf – Who­se Aut­ho­ri­ty
Ich bezweif­le ja, dass Nada Surf irgend­was falsch machen kön­nen, und auch „Lucky“ ist wie­der ein sehr fei­nes Album gewor­den. „Who­se Aut­ho­ri­ty“ ist die­se ganz spe­zi­el­le jugend­li­che Mischung aus Über­mut und Melan­cho­lie in Musik gegos­sen und das Video, das im Licht der tief­stehen­den Son­ne badet, passt wie die Faust aufs Auge.

13. Cold­play – Viva La Vida
Kön­nen Sie’s noch hören? Ich habe Glück, da ich mich ja vom Radio fern­hal­te. Zwar haben allei­ne die­se Woche unge­fähr 42 Jah­res­rück­bli­cke ver­sucht, mir das Lied doch noch zu ver­lei­den, aber irgend­wie ist es dann doch resis­tent gegen sol­che Ver­wurs­tun­gen. Wann geht schon mal ein Lied mit bibli­schen Moti­ven, des­sen gan­ze Rhyth­mus­struk­tur auf Strei­chern, Pau­ken und Glo­cken (!) auf­baut, in die Charts? Nach lan­gem Stu­di­um kann ich Par­al­le­len zu „Dis­arm“ und „Tonight, Tonight“ von den Smas­hing Pump­kins erah­nen, aber Chris Mar­tin hat die schö­ne­re Stim­me. So klingt es, wenn man die Welt regiert.

12. The Hold Ste­ady – Con­s­truc­ti­ve Sum­mer
Defi­ni­tiv eine mei­ner Ent­de­ckun­gen des Jah­res: The Hold Ste­ady. So müs­sen Alben übri­gens los­ge­hen: mit etwas Kla­vier, vie­len Gitar­ren, etwas (aber nur etwas) Gegrö­le, Eska­pis­mus und Ver­wei­sen auf Joe Strum­mer („I think he might have been our only decent tea­cher“). So klingt es, wenn gro­ße Gefüh­le auf gera­de noch gebrems­te Ener­gien tref­fen.

11. R.E.M. – Super­na­tu­ral Super­se­rious
Micha­el Sti­pe könn­te die Schlag­zei­len sin­gen und es wäre ein gro­ßer Song. Ent­schul­di­gung, ich höre gera­de, das ist bereits gesche­hen und hieß „It’s The End Of The World As We Know It (And I Feel Fine)“. Egal: R.E.M. wer­den nie ein schlech­tes Album machen und „Acce­le­ra­te“ war eine gelun­ge­ne Rück­kehr zu den Wur­zeln. „Super­na­tu­ral Super­se­rious“ sol­len ihnen die­se gan­zen 18-Jäh­ri­gen erst­mal nach­ma­chen. (Und er singt wirk­lich nicht „Gise­la, Gise­lei“? Nein? Okay.)

10. The Gas­light Anthem – Old White Lin­coln
War­um man dann manch­mal doch noch mal Radio hören soll­te: Man könn­te dort bis­her über­se­he­ne Juwe­len ent­de­cken. So wie die­ses fei­ne Lied (das Album habe ich mir immer noch nicht gekauft, was sich ver­mut­lich bei der Alben­lis­te rächen wird), das nach 30 Mal hören zwar immer noch ver­blüf­fen­de Par­al­le­len zu The Cure und den Kil­lers auf­weist, aber eben doch eigen­stän­dig genug ist, um es inner­halb von drei­ein­halb Wochen noch in die Top 10 geschafft zu haben.

9. Fet­tes Brot – Lie­ber Ver­bren­nen als Erfrie­ren
„Wir sind jung, wir sind frei, das ist unse­re Stadt /​ Wir haben nichts zu ver­lie­ren /​ Es ist soweit, ich bin dabei, denn das ist unse­re Nacht /​ Lie­ber ver­bren­nen als erfrie­ren“ – Noch Fra­gen? Na gut: Nein, das ist gar kei­ne Dicke-Hose-Hym­ne. Par­ty ja, aber kei­ne ohne Mor­gen. So soll­te deutsch­spra­chi­ger Hip Hop immer sein, es muss ja nicht immer gegen Frau­en und Schwu­le gehen.

8. Black Kids – I’m Not Going To Teach Your Boy­fri­end How To Dance
Das Debüt­al­bum der Black Kids fand ich biss­chen nichts­sa­gend, aber wer dar­auf so einen über­dreh­ten Tanz­bo­den­fül­ler unter­kriegt, ist natür­lich wenigs­tens bei den Songs des Jah­res vor­ne mit dabei. Die Ver­tei­lung der Geschlech­ter­rol­len im Text erschließt sich mir kein biss­chen, aber wer wird beim wüs­ten Her­um­wa­ckeln noch auf sowas ach­ten? „Dance, dance, dance, dance!“

7. The Ting Tings – Gre­at DJ
Sie mei­nen, „That’s Not My Name“ sei der bes­se­re, weil noch ein biss­chen irre­re Song gewe­sen? Mag sein, aber „Gre­at DJ“ hat­te mich beim ers­ten Hören in „All Songs Con­side­red“. Ein schlich­tes Lied, das aber auch gar nicht mehr will als unbe­ding­tes Mitz­ap­peln und ‑sin­gen. Und das funk­tio­niert hier ja wohl groß­ar­tig. Die Trom­meln, übri­gens!

6. Hotel Lights – Ame­lia Bright
Ganz kras­ser Rich­tungs­wech­sel jetzt: Eine Folk­bal­la­de, die mich seit sie­ben Jah­ren beglei­tet hat und jetzt end­lich „fer­tig“ ist. Das ist natür­lich viel mehr Zeit, als sonst irgend­ein Lied hat­te, um mir ans Herz zu wach­sen, aber die Stu­dio­ver­si­on ist ja auch wun­der­schön gewor­den. Neben Niz­lo­pi sind Hotel Lights der Geheim­tipp auch in die­sem Jahr und wir wer­den bei­de Bands so lan­ge in den Him­mel schrei­ben, bis zumin­dest ihre Alben hier­zu­lan­de zu Kau­fen sind.

5. Sigur Rós – Inní Mér Syn­gur Vitley­sin­gur
Lie­der, deren Namen man sich beim bes­ten Wil­len nicht mer­ken kann, haben es mit­un­ter etwas schwer, wenn es um das Erstel­len von Bes­ten­lis­ten geht: „Hier, Dings, die­ses Lied mit dem Kla­vier, den Blä­sern und dem ent­rück­ten Gesang!“ Egal: Dank Copy & Pas­te wis­sen wir jetzt alle, dass die­ses Lied „Inní Mér Syn­gur Vitley­sin­gur“ heißt (was auch immer das hei­ßen mag), und dass es groß­ar­tig ist, müs­sen Sie mir glau­ben (oder es nach­hö­ren). Zu mei­nem nächs­ten Geburts­tag wün­sche ich mir eine Mar­ching Band, die mit die­sem Lied durch mei­ne Bochu­mer Berg­ar­bei­ter­sied­lung mar­schiert (einen Scho­ko­la­den­spring­brun­nen habe ich ja die­ses Jahr schon bekom­men).

4. MGMT – Time To Pre­tend
Nen­nen Sie mir eine Mög­lich­keit, die­sem Key­board-Riff zu wider­ste­hen, und ich müss­te nicht jedes Mal „Waaah, wie geil!“ schrei­en, wenn ich das Lied irgend­wo höre. Wenn Sie bei allem Arsch­wa­ckeln dann viel­leicht noch ein biss­chen Wert­schät­zung für die­sen unglaub­lich klu­gen Text übrig hät­ten, könn­ten wir die Mis­si­ons­ar­beit an die­ser Stel­le auch been­den und nur noch die­sem groß­ar­ti­gen Indie­knal­ler lau­schen.

3. Fleet Foxes – White Win­ter Hym­nal
Ich wie­der­ho­le mich ger­ne, aber die ers­ten 30 Sekun­den die­ses Lie­des zäh­len mit zum Bes­ten, was es die­ses Jahr über­haupt zu Hören gab. Der Rest des Lie­des (und des gan­zen Albums) glück­li­cher­wei­se auch und des­halb ist „White Win­ter Hym­nal“ natür­lich völ­lig zu Recht auf dem Trepp­chen ver­tre­ten.

2. The Kil­lers – Human
Auch nach über 50 Durch­gän­gen bin ich mir sicher: die­ser Song ist arsch­geil! Meckern Sie ruhig alle rum von wegen Micha­el Wend­ler. Selbst wenn Thees Uhl­mann und ich neben Bran­don Flowers die ein­zi­gen Men­schen auf der Welt wären, die des­sen Tex­te zu schät­zen wüss­ten: es blie­be immer noch ein abso­lu­ter Ober­ham­mer von Pop­song! Allein die­se unfass­bar bril­lan­te Fra­ge „Are we human or are we dancer?“, da braucht man doch weder Hegel, noch Kant noch Dou­glas Adams, das ist der abso­lu­te Kern von Phi­lo­so­phie! Und jetzt Ruhe!

1. Goldf­rapp – A&E
Ganz, ganz knapp sind die Kil­lers nur Zwei­te gewor­den, weil die­ses Lied dann am Ende doch noch ein klei­nes biss­chen bes­ser war. So hyp­no­tisch, so klug auf­ge­baut und so wun­der-wun­der­schön. Ich muss­te das Lied unge­fähr 40 Mal hören, bis ich begrif­fen habe, wor­um es in dem Text eigent­lich gehen könn­te (geschei­ter­ter Selbst­mord­ver­such wegen Lie­bes­kum­mers), aber selbst wenn es um die Abgel­tungs­steu­er gin­ge: kein Lied war 2008 in der Sum­me bes­ser als „A&E“. Und wenn ich das nach mehr als acht Mona­ten der Dau­er­ro­ta­ti­on sage, wird es schon stim­men, oder?

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Musik

Listenpanik 10/​08

Das Ein­ge­ste­hen des eige­nen Schei­terns hat immer etwas unge­heu­er Befrie­di­gen­des: Ich habe mich hoff­nungs­los im Kalen­der ver­hed­dert und krie­ge das auch nicht mehr auf­ge­holt. Für den Rest des Jah­res gibt es die Rubrik „Lis­ten­pa­nik“ jetzt nur noch mit nack­ten Lis­ten, ab Janu­ar 2009 – das ver­spre­che ich ein­fach mal so – dann wie­der mit aus­führ­li­che­ren Bespre­chun­gen.

Kom­men wir nun zu den bes­ten Alben und Songs des Monats Okto­ber:

Alben
1. Tom­te – Heu­re­ka (s.a. hier)
2. Oasis – Dig Out Your Soul
3. Con­stan­ti­nes – Ken­sing­ton Heights
4. Snow Pat­rol – A Hundred Mil­li­on Suns
5. +/- – Xs On Your Eyes

Songs
1. The Kil­lers – Human (s.a. hier)
2. Oasis – Fal­ling Down
3. Tom­te – Küss mich wach Glo­ria
4. Snow Pat­rol – Take Back The City
5. Ste­fa­nie Heinz­mann – The Unf­or­gi­ven (s.a. hier)

[Lis­ten­pa­nik – Die Serie]

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Musik

Listenpanik 09/​08

Es ist Novem­ber und ich bin noch nicht dazu gekom­men, die Bes­ten­lis­te für Sep­tem­ber zu schrei­ben. Das liegt zum einen dar­an, dass im Sep­tem­ber ver­dammt vie­le Alben her­aus­ge­kom­men sind, die mir gefal­len (könn­ten), zum ande­ren dar­an, dass ich zeit­gleich mit dem Vor­ha­ben begon­nen habe, bis­her unge­hör­te CDs aus mei­nem Regal mal einer genaue­ren Prü­fung zu unter­zie­hen. Und dann bin ich auch noch stän­dig unter­wegs …

Ich habe jetzt aber den Moment gefun­den, in dem ich mit der unge­fäh­ren Rei­hen­fol­ge der Sep­tem­ber-Ver­öf­fent­li­chun­gen leben kann. Bevor ich die­se wie­der ver­wer­fe, drü­cke ich bes­ser auf „Ver­öf­fent­li­chen“. Des­halb feh­len dies­mal auch die Erläu­te­run­gen, was ich zu ent­schul­di­gen bit­te.

Es fol­gen die bes­ten Plat­ten und Songs des Monats Sep­tem­ber – wie immer und alles hier im Blog streng sub­jek­tiv:

Alben
1. Tra­vis – Ode To J. Smith (s.a. hier)
2. Peter­Licht – Melan­cho­lie Und Gesell­schaft
3. Ra Ra Riot – The Rhumb Line
4. Ben Folds – Way To Nor­mal
(s.a. hier)
5. The Streets – Ever­y­thing Is Bor­ro­wed

Songs
1. Tra­vis – Befo­re You Were Young
2. Peter­Licht – Alles was Du siehst gehört Dir
3. Tom­te – Der letz­te gro­ße Wal
4. Oasis – The Shock Of The Light­ning
5. Ra Ra Riot – Too Too Too Fast

Okto­ber kommt dann hof­fent­lich auch bald.

[Lis­ten­pa­nik – Die Serie]

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Musik

Listenpanik 08/​08

Nein, wirk­lich: Es ist rei­ner Zufall, dass die­se Lis­te so aus­sieht, wie sie aus­sieht. Dass hier ein Folk-Album hin­ter dem nächs­ten kommt (bei den Songs kommt dann noch etwas Brit­pop). Dass ich mich in ziem­li­cher Hilf­lo­sig­keit zu nichts­sa­gen­den Fan-Aus­sa­gen wie „groß­ar­tig“ und „toll“ hin­rei­ßen las­se. Aber was soll ich tun? Das sind ein­fach ver­dammt tol­le Plat­ten gewe­sen im August!

Alben
1. Fleet Foxes – Fleet Foxes
Akus­tik­gi­tar­ren, Orgeln, Satz­ge­sän­ge. Musik, die auch direkt aus den Sieb­zi­gern stam­men könn­te: Crosby, Stills & Nash klop­fen an, Simon & Gar­fun­kel und die Beach Boys. Die­se Band aus Seat­tle, WA macht sakra­len „Cham­ber Pop“, der live noch unglaub­li­cher und Gän­se­haut-ver­ur­sa­chen­der ist, als man sich das beim Hören ihres Debüt­al­bums vor­stel­len kann. Mehr als „groß­ar­tig“ fällt mir nicht ein, lesen Sie lie­ber, was Robin Hil­ton dazu schreibt (und hören Sie sich das dort ver­link­te Live­kon­zert an).

2. Hotel Lights – Fire­cra­cker Peo­p­le
Fol­kig und pop­pig, aber irgend­wie doch ziem­lich anders geht es wei­ter. Lesen Sie hier, wie ich zu der Band kam und war­um ich sie so toll fin­de. Den Herbst, der in Bochum schon seit eini­gen Tagen einen Fuß in der Tür hat, über­steht man am Bes­ten mit dem pas­sen­den Sound­track. Hier ist er.

3. The Dodos – Visi­ter
Offen­bar scheint es irgend­ein mir nicht bekann­tes Gesetz zu geben, das einen bei die­ser Band zwingt dar­auf hin­zu­wei­sen, dass Dodos dicke Lauf­vö­gel waren, die aus­ge­stor­ben sind. (Was hier­mit erle­digt wäre.) Dabei han­delt es sich beim Zweit­werk die­ses Duos aus San Fran­cis­co, CA um weit­ge­hend Vogel-frei­en (haha), quick­le­ben­di­gen, sehr rhyth­mi­schen … äh: Indie Folk.

4. Kath­le­en Edwards – Asking For Flowers
Anzei­chen, dass man alt wird (Fol­ge 981): In der Bahn­hofs­buch­hand­lung vor „Musik­ex­press“ („Die 500 bes­ten Gitar­ren­mo­men­te der Rock­ge­schich­te“) und „Rol­ling Stone“ (Barack Oba­ma) ste­hen und dann auf­grund der sonst noch erwähn­ten Künst­ler (und der bei­geleg­ten CD) den „Rol­ling Stone“ kau­fen. Kath­le­en Edwards ist eine 30-jäh­ri­ge Kana­die­rin, die aber weni­ger an Joni Mit­chell erin­nert und mehr an k.d. lang, Aimee Mann und Bruce Springsteen (vor­aus­ge­setzt, Bruce Springsteen wäre nicht der Inbe­griff von Männ­lich­keit, natür­lich). Einer der bes­ten Songs ihres Debüt-Albums („Asking For Flowers“ ist ihr drit­tes Album) hieß „One More Song The Radio Won’t Like“ – ein Umstand, der bei die­sen Lie­dern eigent­lich kaum vor­stell­bar, aber ver­mut­lich lei­der trotz­dem wahr ist.

5. Conor Oberst – Conor Oberst
Mit dem letz­ten Bright-Eyes-Album „Cass­a­da­ga“ bin ich irgend­wie nie so rich­tig warm gewor­den. Das macht aber nichts, denn Bright-Eyes-Mas­ter­mind Conor Oberst (ich muss die Schreib­wei­se des Vor­na­mens immer noch jedes Mal nach­gu­cken) hat schon wie­der ein neu­es Album fer­tig, das ein biss­chen gefäl­li­ger klingt (die Stim­me muss man frei­lich immer noch mögen) und auch mehr rockt. Und mit „Sou­led Out!!!“ wird er plötz­lich sogar bei WDR 2 gespielt.

Songs
1. Fleet Foxes – White Win­ter Hym­nal
Ver­ges­sen Sie klei­ne Spie­gel unter der Nase und Puls am Hand­ge­lenk: wenn Sie jeman­dem die ers­ten drei­ßig Sekun­den von „White Win­ter Hym­nal“ vor­spie­len und er bekommt kei­ne Gän­se­haut, ist er mit hoher Wahr­schein­lich­keit tot. Sie soll­ten trotz­dem noch einen Arzt zu Rate zie­hen. Und dem kön­nen Sie dann das gan­ze Album (s.o.) vor­spie­len.

2. Hotel Lights – Ame­lia Bright
Es ist schon etwas selt­sam, wenn man ein Lied schon seit sie­ben Jah­ren liebt und es dann zum ers­ten Mal offi­zi­ell hört. „Ame­lia Bright“ hat mich von Anfang an beein­druckt: die erha­be­ne Melo­die und der melan­cho­li­sche Text strah­len gemein­sam eine außer­or­dent­li­che Schön­heit aus. Ein­fach toll.

3. The Ver­ve – Love Is Noi­se
Ich muss mal grad mei­nen ima­gi­na­ry fri­end fra­gen, ob ich eigent­lich je gro­ßer The-Ver­ve-Hörer war. „Na ja, ‚Urban Hymns‘ halt“, sagt der. Und: „eher so die Solo­sa­chen von Richard Ash­croft“. Ach so. Darf ich mich trotz­dem freu­en, dass die Band zurück ist und mit „Love Is Noi­se“ gleich mal einen abso­lu­ten Dampf­ham­mer­song raus­ge­hau­en hat? Gut. Das Album kickt mich lei­der (bis­her) noch nicht so ganz, wes­we­gen es auch an der obi­gen Top-5-Lis­te vor­bei­ge­schrammt ist. Und jetzt ver­ra­te mir mal bit­te einer, was das da für „Oh oh“-Geräusche im Hin­ter­grund sind!

4. Pri­mal Scream – Can’t Go Back
Pri­mal-Scream-Fan war ich defi­ni­tiv nie (zu jung), aber die­ser Song ist schon ein ziem­li­cher Tanz­bo­den-Stamp­fer. Hier wüss­te ich ger­ne, was das für „Whoohohohohoo“-Geräusche sind.

5. Tra­vis – Some­thing Any­thing
Der Weezer-Song des Jah­res kommt von … Tra­vis! Was in die Schot­ten gefah­ren ist, die einst als „Schmu­ser­o­cker“ ver­spot­tet wur­den, weiß ich auch nicht. Rock’n’Roll ver­mut­lich, denn es schep­pert ganz ordent­lich – und klingt trotz­dem toll. War­um die neue deut­sche Plat­ten­fir­ma lie­ber einen ande­ren Song als Sin­gle ver­öf­fent­licht, ist aller­dings noch sehr viel merk­wür­di­ger als die neue (alte) musi­ka­li­sche Rich­tung der Band.

[Lis­ten­pa­nik – Die Serie]

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Musik

Listenpanik 07/​08

Die Ankün­di­gun­gen, was für Alben in die­sem Jahr noch so alles erschei­nen sol­len, machen mir ein biss­chen Angst. Im August geht’s los und es wird erst zur gro­ßen Best-Of-Live-und-Rari­tä­ten-Wel­le im Dezem­ber nach­las­sen. Davor lag aber noch der Juli, der jetzt nicht soooo viel Alben und Songs ange­spült hat, dafür aber eini­ge rich­tig gute. Und für zwei gewohnt sub­jek­ti­ve und unvoll­stän­di­ge Top-Five-Lis­ten reicht das alle­mal:

Alben
1. She & Him – Volu­me One
Die übli­chen Kli­scheesät­ze über sin­gen­de Schau­spie­le­rin­nen (inkl. Ver­weis auf „Ban­dits“) kön­nen Sie sich ja selbst aus­den­ken: „She“ ist Zooey Descha­nel, die Sie aus „Almost Famous“, „Per Anhal­ter durch die Gala­xis“ oder der drit­ten Staf­fel von „Weeds“ ken­nen, „Him“ ist M. Ward, einer der ganz Gro­ßen im US-Indie-Folk. Fräu­lein Descha­nel singt aber nicht nur gut, sie spielt auch eini­ge Instru­men­te und hat fast alle Songs selbst geschrie­ben. Her­aus­ge­kom­men ist ein char­man­tes Album zwi­schen Folk und Six­ties Pop, für des­sen per­fek­te Rezep­ti­on sich irgend­wie Cabrio­fahr­ten durch wei­te Land­schaf­ten anbie­ten.

2. The Hold Ste­ady – Stay Posi­ti­ve
Ich muss ja zuge­ben, dass ich bis zu die­sem Jahr noch nie von The Hold Ste­ady gehört hat­te. Aber irgend­wie tauch­ten sie dann in allen von mir kon­su­mier­ten Musik­me­di­en auf und die CD stand an pro­mi­nen­ten Stel­len im Laden. Die Band kommt aus Brook­lyn, NY und sieht sich mit ihrer Rock­mu­sik in der Tra­di­ti­on von Hüs­ker Dü und Bruce Springsteen. Außer­dem klingt’s für mei­ne Ohren noch nach The Clash, R.E.M. und Ben Folds Five und da sehen Sie sehr schnell, war­um mir das Album gefällt. Eigent­lich han­delt es sich um 14 Pop­songs, die aber unter einer leich­ten Schmutz­schicht aus über­dreh­ten Gitar­ren ver­steckt sind – bis auf die Stel­len, wo sich die Schmutz­schicht löst und dar­un­ter zum Bei­spiel ein Harp­s­ichord (oder ein ähn­lich baro­ckes Instru­ment) zum Vor­schein kommt. Stel­len Sie sich die Coun­ting Crows zu „August And Ever­y­thing After“-Zeiten und Weezer zu „Pinkerton“-Zeiten gemein­sam auf einem Album vor und Sie sind nah dran. Ach, hören Sie es sich ein­fach an!

3. Black Kids – Par­tie Trau­ma­tic
Und schon wie­der so eine Indie­band. Was die Black Kids von den meis­ten ande­ren Bands, die in die­ser Serie schon zu Gast waren und längst wie­der ver­ges­sen sind, unter­schei­det ist die Tat­sa­che, dass sie aus Flo­ri­da kom­men. Ihr Debüt­al­bum haben sie aber unter der Regie von Ber­nard But­ler in Groß­bri­tan­ni­en auf­ge­nom­men, wes­we­gen sie auch eher bri­tisch klin­gen (ver­mut­lich taten sie das auch vor­her schon, aber so kommt eins zum ande­ren). „Par­tie Trau­ma­tic“ hat einen Über­hit („I’m Not Going To Teach Your Boy­fri­end How To Dance“, s.u.) auf der Haben­sei­te und ver­fügt über neun wei­te­re char­man­te Indiepop­schla­ger. In einem hal­ben Jahr ver­ges­sen, aber heu­te genau das rich­ti­ge.

4. Dir­ty Pret­ty Things – Romance At Short Noti­ce
Carl Barât ist der Paul McCart­ney der Liber­ti­nes: der net­te, weni­ger ver­rück­te, der ohne die komi­sche Frau. Eben nicht Pete Doh­erty. Und so, wie ich vie­les von McCart­ney bes­ser fand als die Len­non-Sachen, mag ich auch die Dir­ty Pret­ty Things mehr als die Babysham­bles. Auf ihrem zwei­ten Album klin­gen sie nach Mad­ness, The Clash und dann mal wie The Kooks in span­nend. Oder: etwas span­nen­der.

5. Beck – Modern Guilt
Sei­en wir ähn­lich: Beck lebt (ein biss­chen wie Oasis) von dem Ruf, eini­ge der bes­ten Alben der Neun­zi­ger auf­ge­nom­men zu haben. Nach dem phan­tas­ti­schen „Sea Chan­ge“ vor sechs Jah­ren kamen zwar zwei Stu­dio­al­ben und ein Remix­al­bum, aber die klan­gen irgend­wie so, wie Beck halt klingt. Was bei Oasis nicht wei­ter ins Gewicht fällt, ist bei einem wie Beck schon fata­ler – immer­hin war sein Sound mal inno­va­tiv und neu. Vor die­sem Hin­ter­grund sind dann auch die Songs, die man vor zehn Jah­ren ver­mut­lich urst cool gefun­den hät­te, heu­te eher noch okay. Aber weil ich im Juli nicht so vie­le neue Alben gehört habe, soll’s mal gera­de noch für die Lis­te rei­chen.

Songs
1. Black Kids – I’m Not Going To Teach Your Boy­fri­end How To Dance
Offen­bar soll es jetzt jedes Jahr den gro­ßen The-Cure-Gedächt­nis­hit geben. Was letz­tes Jahr den Shout Out Louds gelang, ist die­ses Jahr den Black Kids vor­be­hal­ten. Was für eine rie­si­ge Indie-Hym­ne, die jede Tanz­flä­che zum Bers­ten brin­gen dürf­te!

2. She & Him – This Is Not A Test
Wären die Beach Boys die Beach Girls gewe­sen, hät­ten sie so geklun­gen: „Baaaaaaaa“, gepfleg­tes Geschun­kel und ein Hauch von Melan­cho­lie hin­ter dem som­mer­li­chen Froh­mut. Der ver­mut­lich bes­te Song auf einem tol­len Album (s.o.)

3. Get Cape. Wear Cape. Fly – Wai­ting For The Mons­ter To Drown
Bei Get Cape. Wear Cape. Fly steht für mich das Album irgend­wie immer über den Songs. Vom Debüt könn­te ich kaum ein ein­zel­nes Lied benen­nen, das Gesamt­kunst­werk Album über­strahlt alles. Aber beim Wie­der­hö­ren des zwei­ten Albums (s. Lis­ten­pa­nik 03/​08) muss­te ich fest­stel­len, dass „Wai­ting For The Mons­ter To Drown“ ein Ham­mer­song ist. Big­beat, Strei­cher und „Baba“-Chöre, so schreibt man Hits. Also ein­fach: noch mal rein­hö­ren, Wahn­sinns­song!

4. Weezer – Heart Songs
Ange­regt durch die­sen Kom­men­tar habe ich mich dann doch noch mal näher mit der roten Weezer-Plat­te beschäf­tigt und sie­he da: „Heart Songs“. Nicht unbe­dingt ein ein­gän­gi­ger Rock­song, aber ein unglaub­lich anrüh­ren­der. Rivers Cuo­mo arbei­tet sämt­li­che Ein­flüs­se von Cat Ste­vens über Bruce Springsteen bis zur Erwe­ckung durch Nir­va­na und den Start der eige­nen Kar­rie­re ab und jeder Mensch, des­sen Ado­les­zenz durch Rock­mu­sik geprägt war (also unge­fähr jeder Mensch), weiß, wovon der Mann singt.

5. Fotos – Explo­die­ren
Von Fotos krie­ge ich irgend­wie immer nur die Sin­gles mit. Vor zwei Jah­ren zum Bei­spiel das gigan­ti­sche „Gigan­ten“, die­ses Jahr eben „Explo­die­ren“. Ein biss­chen Peter­Licht, ein biss­chen Ster­ne, ein biss­chen Super­punk. Ein sym­pa­thi­scher klei­ner Rock­song, in jedem Fall bes­ser als Madsen (was aller­dings auch ein ziem­li­cher Gemein­platz ist).

[Lis­ten­pa­nik – Die Serie]

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Musik

Listenpanik 06/​08

Okay, nach dem Zusam­men­bruch beim letz­ten Ver­such, eine Monats­lis­te zu erstel­len, habe ich mich wie­der gefan­gen. Hier ist das Bes­te aus dem Monat Juni – bezie­hungs­wei­se das, was ich in die­ser Mil­li­se­kun­de dafür gehal­ten haben könn­te. Und abge­se­hen von dem, was ich bis­her schlicht­weg ver­ges­sen oder über­se­hen habe.

Alben
1. Sigur Rós – Med Sud I Eyrum Vid Spilum End­al­aust
Mit einem Dröh­nen in ihren Ohren wol­len sie also end­los spie­len, wenn man den Über­set­zungs­an­ge­bo­ten für Nicht-Islän­der glau­ben darf. Die Islän­der von Sigur Rós, deren Alben ger­ne in der Nähe der Adjek­ti­ve „sphä­risch“ und „ent­rückt“ bespro­chen wer­den, klin­gen auch auf ihrem fünf­ten Album so unver­gleich­lich wie zuvor – nur die mit­un­ter ton­nen­schwe­re Melan­cho­lie ist an etli­chen Stel­len einer feder­leich­ten Lebens­freu­de gewi­chen. Upt­em­po-Num­mern eröff­nen das Album und ehe man sich’s ver­sieht, ist man auf der Suche nach leicht nerdi­gen Rin­gel­pul­li­trä­gern, die mit­schun­keln wol­len. Viel­leicht waren Sigur Rós schon mal ein biss­chen bes­ser, hör­ba­rer aber waren sie bis­her nicht.

2. Cold­play – Viva La Vida
Was soll ich dem noch hin­zu­fü­gen? Außer viel­leicht, dass sich das Album auch nach wochen­lan­gem Hören nicht abnutzt, man­che Songs viel­mehr noch gewach­sen sind.

3. Jakob Dylan – See­ing Things
Als Jakob Dylan mit den Wall­flowers anfing, woll­te er alle Vor- und Nach­tei­le, die ihm durch sei­nen Vater ent­ste­hen könn­ten, ver­mei­den. Nach 16 Jah­ren fühl­te er sich reif für ein Album mit dem Namen vor­ne drauf. Dass Jakob Dylan ein groß­ar­ti­ger Song­wri­ter ist, dürf­te kaum jeman­den über­ra­schen, der sei­ne Kar­rie­re ver­folgt hat. Inter­es­san­ter ist da schon, dass man beim Feh­len der Rest-Wall­flowers merkt, dass die Band eben nicht nur von Dylan bestimmt wird, son­dern auch und beson­ders von Rami Jaf­fee – also kei­ne brei­ten Orgel­tep­pi­che, dafür eine völ­lig redu­zier­te Pro­duk­ti­on von Rick Rubin. Dadurch kom­men Dylans gewohnt bril­lan­te Tex­te über die ganz gro­ßen The­men Schuld, Glau­be, Lie­be und Hoff­nung noch ein biss­chen bes­ser zur Gel­tung. Nach dem Papa klingt das Album trotz­dem nur am Ran­de, eher nach Springsteen, Zevon und Cash. Ganz gro­ße Land­schafts­ma­le­rei!

4. Jason Mraz – We Dance. We Sing. We Ste­al Things.
Wer hät­te gedacht, dass der One-Radio­hit-Won­der Jason Mraz vier Jah­ren nach „The Reme­dy“ in Deutsch­land über­haupt noch mal ein Album ver­öf­fent­li­chen darf? Dass er mit „I’m Yours“ jetzt wie­der rauf und run­ter gespielt wird, kann eigent­lich nur dar­an lie­gen, dass es gera­de kei­ne Jack-John­son-Sin­gle gibt – oder dar­an, dass der Song, wie das Album auch, ein­fach wirk­lich gut. Ent­spannt, abwechs­lungs­reich und ein­gän­gig: nix für die Ewig­keit, aber für min­des­tens einen Som­mer (wenn es den denn gera­de gäbe).

5. My Mor­ning Jacket – Evil Urges
Sind My Mor­ning Jacket eigent­lich in Deutsch­land sehr bekannt? Ich kann sowas immer so schlecht abschät­zen. Die in sol­chen Belan­gen mit­tel-ver­trau­ens­wür­di­ge Wiki­pe­dia schlägt als Gen­res „Indie rock, Expe­ri­men­tal, Psy­che­de­lic rock, Sou­thern rock und Jam band“ vor, was zwei­fel­los alles zutrifft, jetzt aber weder Ihnen noch mir wei­ter­hilft. Soll­ten Sie im Laden oder im Inter­net rein­hö­ren wol­len (was Sie tun soll­ten), soll­ten Sie in jeden Song rein­hö­ren, denn ein­zel­ne Ein­drü­cke könn­ten Sie noch mehr ver­wir­ren als das Gesamt­werk: Da gibt es „Sec Wal­kin“, bei dem man ein paar Mal über­prü­fen muss, dass es sich wirk­lich um einen Song von 2008 han­delt und nicht um eine Soul­num­mer aus den 1960ern. Dafür klingt „Touch Me I’m Going To Scream Pt. 2“, als sei es direkt aus den Acht­zi­gern in die Boxen gehüpft. Ein biss­chen hete­ro­gen ist das Album also schon, mög­li­cher­wei­se auch anstren­gend (mei­ne neue Lieb­lings­vo­ka­bel zur Beschrei­bung von Musik), aber ins­ge­samt auch … äh: toll.

Songs
1. Cold­play – Viva La Vida

Four-To-The-Flo­or-Beats fin­de ich außer­halb ihres natür­li­chen Lebens­raums Kir­mes­tech­no fast immer gut und Stak­ka­to-Strei­cher, Glo­cken und Pau­ken haben auf mich genau die Aus­wir­kun­gen, die ihnen Edmund Bur­ke in sei­ner Ästhe­tik des Erha­be­nen zuschreibt.

Da habe ich nun wirk­lich nichts mehr hin­zu­zu­fü­gen.

2. Sigur Rós – Inní Mér Syn­gur Vitley­sin­gur
So klingt das Leben, wenn alles in Ord­nung ist. Wenn man frisch ver­liebt Hand in Hand über saf­ti­ge Wie­sen hüpft, der tief­stehen­den Son­ne ent­ge­gen, umringt von tan­zen­den Kanin­chen, Kat­zen­ba­bies und Elfen. Wenn das Feu­er­wehr­or­ches­ter von Dis­ney­land die Natio­nal­hym­ne von Hope­land into­niert. So klingt Per­fek­ti­on, wenn man es über­haupt nicht drauf anlegt.

3. Aimee Mann – Free­way
Irgend­wie hat es das Album mit dem schö­nen Titel „@#%&*! Smi­lers“ nicht ganz in den Top 5 geschafft (was ich mög­li­cher­wei­se augen­blick­lich bereut haben wer­de), dann ver­su­chen wir’s mit der Sin­gle eben wie­der gut zu machen: klingt wie Aimee Mann, fühlt sich an wie damals im Kino bei „Magno­lia“. Ob die­se Frau jemals einen schlech­ten Song geschrie­ben hat? Falls ja, habe ich ihn ver­passt.

4. The Sub­ways – Girls And Boys
Irgend­wie nied­lich sind sie ja schon, die Sub­ways. Wir­ken immer noch ein biss­chen, als wären sie von ihren Eltern beim Luft­gi­tar­re­spie­len vor dem Spie­gel auf­ge­schreckt wor­den. Aber, mei­ne Güte: rocken tun sie! „Girls And Boys“ ist der Fee­der-Song, der die­ses Jahr bei Fee­der irgend­wie nicht raus­kom­men woll­te.

5. Weezer – Pork And Beans
Zuge­ge­ben: es ist eher das Video als der Song, der Weezer noch ein­mal zurück auf mei­nen Bild­schirm gebracht hat. Aber die­se Anein­an­der­rei­hung von You­Tube-Legen­den ist so wun­der­bar ner­dy, dass sie das Lied gleich mit hebt. Ins Album habe ich mich dann nicht mehr getraut rein­zu­hö­ren.

EP
Tra­vis – J. Smith EP
Das also soll sie sein, die end­gül­ti­ge Rück­kehr Tra­vis‘ zum Rock. Der Titel­track ist andert­halb Minu­ten eine net­te Tra­vis-Mid­tem­po-Num­mer, ehe sich für kur­ze Zeit ein (rela­ti­ves) Rock-Gewit­ter ent­lädt. Ja, doch, das über­rascht nach all den Jah­ren doch ein biss­chen. „Get Up“ ist laut Cre­dits kein Cover von KT Tunstalls „Black Hor­se And The Cher­ry Tree“, klingt aber so. Tra­vis dür­fen das frei­lich, sie sind ja mit Frau Tunstall befreun­det. Als Raus­schmei­ßer auf die­ser klei­nen EP (frü­her hie­ßen Ton­trä­ger mit drei Tracks schlicht „Sin­gle“) gibt es die char­man­te Bal­la­de „Sarah“ mit ganz viel Kla­vier. Wie die­se Songs ein­zu­ord­nen sind, wird sich wohl erst nach Erschei­nen von „Ode To J. Smith“ zei­gen. Als Zwi­schen­durch­hap­pen sind sie aber durch­aus erfreu­lich – und gera­de mal 14 Mona­te nach „The Boy With No Name“ auch noch erstaun­lich früh.

[Lis­ten­pa­nik – Die Serie]

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Musik

Listenpanik 05/​08 (Ein Fragment)

Bald ist Juli. Dann muss auf die Alben des Monats Juni zurück­ge­blickt wer­den. Das heißt, es „muss“ natür­lich gar nichts, das ist ja nur den Stress, den man sich sel­ber macht. Noch ist aber auch die Lis­te für den Monat Mai noch unfer­tig, was mich um so fer­ti­ger macht.

Und weil mir gera­de nicht viel mehr ein­fällt und beim Musik­jour­na­lis­mus eh unwich­tig ist, was man schreibt (wich­tig ist nur die kor­rek­te Schreib­wei­se von Künst­ler- und Album­na­men und eine unge­fäh­re Wer­tung, die schon allein durch die Erwäh­nung auf die­ser Lis­te vor­ge­nom­men wird), ver­öf­fent­li­che ich hier und jetzt ein­fach das, was ich bis­her habe. Ohne Rück­sicht auf Ver­lus­te und dies­mal ohne Plat­zie­run­gen:

Alben
Death Cab For Cutie – Nar­row Stairs
So ein biss­chen sind sie ja die Cold­play Ame­ri­kas: Death Cab For Cutie sind von der eins­ti­gen Indie-Band zu den Lieb­lin­gen von alt und jung gewor­den und seit „O.C., Cali­for­nia“ weiß auch jeder, dass wah­re Fans sie nur „Death Cab“ nen­nen.
Geschenkt: „Nar­row Stairs“ ist ein wenig lau­ter und sper­ri­ger gera­ten als der Vor­gän­ger „Plans“ (allein die Idee, eine acht­ein­halb­mi­nü­ti­ge Sin­gle zu ver­öf­fent­li­chen!) und ist natür­lich schon wie­der groß­ar­tig. Sechs gute Alben muss man auch erst mal schaf­fen – „O.C., Cali­for­nia“ hat­te vier Staf­feln, davon eine gute.

The Notwist – The Devil, You + Me
„Gut Ding will Weil­heim haben“ – irgend­ein deut­scher Musik­jour­na­list wird das sicher geschrie­ben haben über die Band aus der ober­bay­ri­schen Pro­vinz, deren letz­tes Album auch schon wie­der sechs Jah­re zurück­liegt – als Band, wohl­ge­merkt, denn mit diver­sen Neben­pro­jek­ten haben die Acher-Brü­der Mar­kus und Micha, Mar­tin „Con­so­le“ Gret­sch­mann und ihr stän­dig uner­wähnt blei­ben­der Drum­mer Andi Haberl in der Zwi­schen­zeit bestimmt einen hal­ben Plat­ten­schrank gefüllt.
Jetzt also wie­der The Notwist: „The Devil, You + Me“ klingt orga­ni­scher und weni­ger elek­tro­nisch als ihr Meis­ter­werk „Neon Gol­den“, ist aber min­des­tens genau­so gut. (Wie­so eigent­lich „aber“?) Wäre „gro­ßes Kino“ kei­ne bru­talst abge­dro­sche­ne Phra­se, es trä­fe auf die­ses Album zu, so schnell ent­ste­hen klei­ne Fil­me im Kopf.

The Ting Tings – We Star­ted Not­hing
Über­hit „Gre­at DJ“
… wie eine Mischung aus Cans­ei De Ser Sexy und The Clash

MGMT – Ora­cu­lar Spec­ta­cu­lar
Guil­l­emots – Red
Clue­so – So Sehr Dabei

Songs
The Notwist – Good Lies
Wie vie­le ver­schie­de­ne Mög­lich­kei­ten gibt es, den sel­ben Satz zu sin­gen? Sie kön­nen es ger­ne nach­zäh­len bei Mar­kus Acher, Sie kön­nen es aber auch blei­ben las­sen und sich ganz auf die­ses wun­der­vol­le Lied kon­zen­trie­ren.

Death Cab For Cutie – The Ice Is Get­ting Thin­ner
Gut: So lang­sam sind dann mal alle Meta­phern durch für die Bezie­hung, aus der lang­sam, aber sicher die Luft ent­weicht. Und trotz­dem: So schön wie Ben Gib­bard hat das schon lan­ge nie­mand mehr besun­gen. Eine ech­tes Gän­se­haut-Lied, des­sen Kopf­stim­men-Gesang man aller­dings nur nach­ah­men soll­te, wenn man allei­ne ist.

The Ting Tings – That’s Not My Name
Clue­so – Kei­nen Zen­ti­me­ter

schon seit Mona­ten drau­ßen, aber immer noch gut

[Lis­ten­pa­nik – Die Serie]

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Musik

Listenpanik 04/​08

Nächs­te Woche ist ja fast schon wie­der Juni, da soll­te ich so lang­sam aber sicher doch mal alle Ver­öf­fent­li­chun­gen des Monats April durch­ge­hört und geord­net haben. Habe ich natür­lich nicht, wes­we­gen ich die Lis­te tra­di­tio­nell bereits in fünf Minu­ten wie­der umwer­fen wer­de. Aber dann steht sie ja schon hier:

Alben
1. Sir Simon – Batt­le
Man muss sich das immer wie­der erstaunt vor Augen hal­ten: die­ses Album ist wirk­lich in Deutsch­land ent­stan­den, nicht irgend­wo in den brei­ten Prä­rien der USA. „Batt­le“ ist ein ganz wun­der­ba­res Folk­pop-Album, das abwech­selnd an Ryan Adams, Wil­co, Mari­ti­me und die Wea­k­erthans erin­nert. Defi­ni­tiv mein mit-dem-Zug-durch-die-Pro­vinz-juckel-Album des Jah­res.

2. kett­car – Sylt
Vor­her war ich eini­ger­ma­ßen skep­tisch, nach den ers­ten Hör­durch­läu­fen war ich irgend­wie ent­täuscht, aber dann erschloss sich mir „Sylt“ doch noch Stück für Stück. kett­car trau­en sich was mit ihrem drit­ten Album und ihr Mut wird belohnt. Ein Album wie das Debüt wird ihnen wohl nie mehr gelin­gen, aber die Band ist klug genug, es auch nicht mehr zu ver­su­chen. [mehr dazu]

3. Rogue Wave – Asleep At Heaven’s Gate
Muss auch mal sein: grad­li­ni­ger ame­ri­ka­ni­scher Indie­rock ohne all­zu gro­ße Mätz­chen. Halt ein­fach: schön. So wie Nada Surf und Death Cab For Cutie, mit denen Rogue Wave auch schon des öfte­ren unter­wegs waren. Noch ein, zwei Ein­sät­ze in den rich­ti­gen TV-Seri­en, und die Band geht auch in Deutsch­land durch die Decke.

4. Port­is­head – Third
Port­is­head sind einer der wei­ßen Fle­cken auf mei­ner musi­ka­li­schen Land­kar­te: mei­ne Musik­so­zia­li­sa­ti­on begann zu einer ande­ren Zeit und in einer ande­ren Ecke, und wäh­rend ich die stets im glei­chen Atem­zug genann­ten Mas­si­ve Attack noch für mich erschlos­sen habe, blie­ben Port­is­head (auch in Erman­ge­lung aktu­el­len Mate­ri­als) immer außen vor. An ihrem drit­ten Album in 15 Jah­ren führ­te aber kein Weg dran vor­bei und so habe ich mich der Her­aus­for­de­rung auch mal gestellt: „Third“ ist eines die­ser Alben, bei denen man sich fragt, war­um es eigent­lich als „Unter­hal­tungs­mu­sik“ bezeich­net wird, wäh­rend das Gefie­del von André Rieu „ernst­haf­te Musik“ sein soll. Kunst­pop durch und durch, der sich mir nur teil­wei­se erschlie­ßen und mich auch nur teil­wei­se begeis­tern will. Wie auch schon beim letz­ten Radio­head-Album gilt aber: zwei­fels­oh­ne gro­ße Kunst.

5. Kai­zers Orches­tra – Mas­ki­ne­ri
Als Kai­zers Orches­tra vor fünf Jah­ren auf dem Hald­ern Open Air auf­tauch­ten, hin­ter­lie­ßen sie glei­cher­ma­ßen fas­sungs­lo­se wie begeis­ter­te Mas­sen. Ihr nor­we­gi­scher Gyp­sie-Rock war anders als das meis­te, was man bis dahin gehört hat­te. Auf ihrem vier­ten Album klingt die Band nicht mehr so exo­tisch wie frü­her, hat aber ganz klar immer noch eine musi­ka­li­sche Son­der­stel­lung. Es rum­pelt, es pumpt, es sägt und es macht ein­fach Freu­de.

Songs
1. Mêlée – Built To Last
Ich habe einen soft spot für ame­ri­ka­ni­schen Col­lege Rock. Wenn dann noch ein Kla­vier dazu­kommt, bin ich (s. The Fray, Stray­light Run oder One­Re­pu­blic) sehr schnell über­zeugt. Die Musik von Mêlée fand ich schon auf ihrem letz­ten Album recht hübsch, dies­mal könn­te es einer grö­ße­ren Grup­pe so gehen. Falls Sie nicht wis­sen, wor­um es geht: „Built To Last“ ist der Song, der immer läuft, wenn Sie WDR2 ein­schal­ten. Und mit „immer“ mei­ne ich immer.

2. Soko – I’ll Kill Her
Klar: ohne den fran­zö­si­schen Akzent wäre die­se Stal­ker-Hym­ne (inkl. der titel­ge­ben­den Mord­dro­hung) nur halb so lus­tig. Aber Sté­pha­nie Soko­lin­ski singt eben mit die­sem fran­zö­si­schen Akzent und die­ser mit­leids­hei­schen­den Stim­me und ver­wan­delt die­sen Song so in ein ganz wun­der­ba­res Klein­od.

3. Phan­tom Pla­net – Do The Panic
Nach­dem ihr letz­tes Album, Ent­schul­di­gung: ziem­li­che Grüt­ze war, unter­neh­men Phan­tom Pla­net jetzt einen ernst­zu­neh­men­den Ver­such, den „California“-Fluch des One Hit Won­ders zu bre­chen. Es könn­te klap­pen: „Do The Panic“ ist wie­der groß­ar­ti­ger Pop, vol­ler Chor­ge­sän­ge, tol­ler Har­mo­nien und Six­ties-Anlei­hen. Nur blöd, dass die gan­zen Radio­sen­der grad immer noch „When Did Your Heart Go Miss­ing“ von Roo­ney spie­len …

4. MGMT – Time To Pre­tend
Belie­ve the hype: die New Yor­ker Band MGMT (hie­ßen frü­her The Manage­ment) spie­len moder­nen Indie­rock mit elek­tro­ni­schen Ein­flüs­sen und klin­gen trotz­dem span­nend. Also: span­nen­der als das meis­te, was jetzt noch aus Groß­bri­tan­ni­en kommt. In der viel zitier­ten gerech­ten Welt wäre „Time To Pre­tend“ einer der Som­mer­hits des Jah­res, aber ob es wirk­lich so toll wäre, das Lied stän­dig aus schep­pern­den Mobil­te­le­fo­nen im Regio­nal­ex­press zu hören, ist eine berech­tig­te Fra­ge.

5. Port­is­head – Machi­ne Gun
End­lich mal ein Stück, das sei­nem Titel gerecht wird: sel­ten in der Geschich­te der Musik ist eine voll­au­to­ma­ti­sche Schnell­feu­er­waf­fe anschau­li­cher ver­tont wor­den als in die­sem … äh: Lied. Gut: es hät­te auch „Zahn­arzt­boh­rer“ hei­ßen kön­nen, und öfter als ein­mal am Tag soll­te man sich die­ses Häm­mern auch nicht anhö­ren, aber wenn Kunst wirk­lich weh tun muss, ist „Machi­ne Gun“ sehr gro­ße Kunst.

[Lis­ten­pa­nik – Die Serie]

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Musik

Listenpanik 03/​08

Das hat ja lan­ge genug gedau­ert: Bevor es Mai wird und ich zwei Lis­ten in Rück­stand gera­te, habe ich ein­fach ein biss­chen gewür­felt, was im März in den Top-Five-Lis­ten lan­den soll. Die Ergeb­nis­se sind wie immer streng sub­jek­tiv und wer­den schon mor­gen wie­der bereut. Trotz­dem viel Spaß damit!

Alben
1. Lightspeed Cham­pi­on – Fal­ling Off The Laven­der Bridge
Auf der Lis­te der unwahr­schein­lichs­ten Acts recht weit vor­ne: ein Bri­te, der frü­her bei den Test Ici­c­les, einer der außer­ge­wöhn­lichs­ten Bands die­ses Jahr­zehnts, gespielt hat, nimmt mit Indie-Folk-Erfolg­pro­du­zent Mike Mogis (Bright Eyes, Cur­si­ve, Riol Kiley, …) eine Indie-Rock-Folk-Coun­try-Alter­na­ti­ve-Plat­te auf. Noch dazu eine ganz wun­der­ba­re, die nach ame­ri­ka­ni­scher Prä­rie und ver­las­se­nen Klein­städ­ten klingt. Das kann man sich alles kaum vor­stel­len, das muss man sich anhö­ren.

2. R.E.M. – Acce­le­ra­te
Ja ja, R.E.M. gehen zurück zu ihren Wur­zeln, erfin­den sich neu, rha­bar­ber­rha­bar­ber. R.E.M. klin­gen natür­lich immer nach R.E.M., egal, wie lang die Songs und wie hoch die BPM-Zahl ist – dafür sorgt schon Micha­el Sti­pe, der sich auch dies­mal wie­der viel Mühe gibt, den ohne­hin kryp­ti­schen Tex­ten durch geziel­te Ver­nu­sche­lung noch eine wei­te­re Bedeu­tungs­ebe­ne zu geben. Bei R.E.M. bin ich so unkri­tisch und so sehr Fan wie bei kaum einer ande­ren Band (neben Oasis, Tra­vis und Manics), von daher fin­de ich „Acce­le­ra­te“ eh toll. Natür­lich wie­der­holt man sich nach 28 Jah­ren Band­ge­schich­te das eine oder ande­re Mal in Gitar­ren­läu­fen und Melo­die­bö­gen, aber auch in „wie­der rockig“ sind R.E.M. gut und mög­li­cher­wei­se sogar immer noch rele­vant.

3. Fet­tes Brot – Strom Und Drang
Mein ers­tes ech­tes deutsch­spra­chi­ges Hip-Hop-Album (Fan­ta 4 unplug­ged zählt ja nicht so rich­tig). Es ist laut, es ist heiß, es ist Sams­tag­nacht. „Strom Und Drang“ ist ein klu­ges, gewitz­tes Album mit gro­ßen Hym­nen und klei­nen Mör­der­bal­la­den. Wenn Beden­ken­trä­ger beim Wort Hip-Hop mal an Fet­tes Brot statt an Bushi­do den­ken wür­den, wäre schon viel gewon­nen.

4. Gre­gor Meyle – So Soll Es Sein
Man muss Ste­fan Raab dank­bar sein, dass er sei­ne klei­ne, fei­ne Cas­ting­show „SSDSDSSWEMUGABRTLAD“ gestar­tet hat. Die Musik von Gre­gor Meyle, der dort den zwei­ten Platz beleg­te, muss­te an die Öffent­lich­keit, hät­te das aber (und das zeigt, wie belie­big das Musik­ge­schäft mit­un­ter ist) aus eige­ner Kraft viel­leicht nie geschafft. Musi­ka­lisch liegt „So Soll Es Sein“ ganz nah bei Howie Day, Cary Brot­hers oder John May­er und auch text­lich ste­hen die sehr per­sön­li­chen Songs ihren US-Vor­bil­dern in nichts nach – auf deutsch klingt es halt nur schnell mal schla­ge­resk. Trotz­dem ist „So Soll Es Sein“ ein sehr schö­nes Album, mit dem Gre­gor Meyle die Lücke beset­zen dürf­te, die im Spek­trum deutsch­spra­chi­ger Musik zwi­schen Tom Liwa und Her­bert Grö­ne­mey­er klafft.

5. Get Cape. Wear Cape. Fly – Sear­ching For The Hows And Whys
Gut ein Jahr, nach­dem das groß­ar­ti­ge Debüt in Deutsch­land erschien, kommt schon der Nach­fol­ger. Sam Duck­worth ist nicht mehr ganz so allei­ne mit sei­ner Akus­tik­gi­tar­re und sei­nem Drum­com­pu­ter, die Arran­ge­ments klin­gen mit Band sat­ter und pop­pi­ger, ansons­ten bleibt alles beim Alten: wun­der­schö­ne Songs mit klu­gen Tex­ten, gro­ße Ges­ten und klei­ne Über­ra­schun­gen. Ob „Sear­ching For The Hows And Whys“ mit „The Chro­nic­les Of A Bohe­mi­an Teen­ager“ mit­hal­ten kann, wird erst der Lang­zeit­ein­satz im MP3-Play­er zei­gen. Im Moment deu­tet aber vie­les dar­auf hin.

Songs
1. The Ting Tings – Gre­at DJ
Ein Mann, eine Frau, eine Gitar­re, ein Schlag­zeug. Nicht ori­gi­nell, sagen Sie? Na ja, ers­tens ist die Auf­tei­lung bei den Ting Tings genau anders­rum als bei den White Stripes, zwei­tens kom­men die Bei­den aus Eng­land und drit­tens hei­ßen die musi­ka­li­schen Ein­flüs­se bei ihnen Dis­co, Post­punk und was­wei­ßich­noch. „Gre­at DJ“ ist ein sym­pa­thi­scher Ham­mer von Tanz­bo­den­fül­ler und steht auf der vor­läu­fi­gen Lis­te mei­ner Hits des Jah­res sehr weit oben.

2. Fet­tes Brot – Lie­ber Ver­bren­nen Als Erfrie­ren
Will man von Mitt­drei­ßi­gern wirk­lich hören, wie es ist, jung und frei zu sein? Wenn es Fet­tes Brot sind und so klingt: Auf jeden, Alter! Die Rave-Hip-Hop-Vari­an­te von „Live Fore­ver“ ist eine über­le­bens­gro­ße Hym­ne, für deren stan­des­ge­mä­ße Wie­der­ga­be man sogar kurz über den Erwerb eines Cabri­os mit Rie­sen-Sound­sys­tem nach­den­ken soll­te.

3. Lüt­zen­kir­chen – 3 Tage Wach
Darf man einen Track, der bei „Poly­lux“ gespielt wird, über­haupt noch gut fin­den? Ist es dann nicht defi­ni­tiv zu spät? „3 Tage Wach“ könn­te das „D.A.N.C.E.“ des Jah­res 2008 wer­den, der Kon­sens-Elek­tro-Par­ty-Schla­ger. Die Pha­se, in der man den Song nicht mehr „doof“ und noch nicht „lang­wei­lig“ fin­det, könn­te kurz sein, aber, hey: druff, druff, druff, druff, druff!

4. Gre­gor Meyle – Irgend­wann
Die Qua­li­tä­ten des Albums „So Soll Es Sein“ hat­te ich ja wei­ter oben schon zusam­men­ge­fasst. Kon­zen­triert kann man das alles in „Irgend­wann“ hören, einem Lied, das ich mir als gro­ßen Hit für einen hof­fent­lich schö­nen Som­mer wün­sche.

5. The Last Shadow Pup­pets – The Age Of The Under­state­ment
Alex Tur­ner (Arc­tic Mon­keys) und Miles Kane (The Ras­cals) woll­ten mal unab­hän­gig von ihren Haupt­bands musi­zie­ren und grün­de­ten The Last Shadow Pup­pets. „The Age of The Under­state­ment“ ist eine wahn­wit­zi­ge Kom­bi­na­ti­on aus Spa­ghet­ti-Wes­tern-Musik und Schwarz­meer-Kosa­ken-Chö­ren. Oft kann man sich sowas auch nicht anhö­ren, aber schön isses schon.

[Lis­ten­pa­nik – Die Serie]

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Musik

Listenpanik 02/​08

Bei der letz­ten Lis­ten­pa­nik hat­te ich mich beklagt, dass im Janu­ar so weni­ge Plat­ten erschie­nen sei­en. Nun, das war im Febru­ar schon deut­lich anders: Obwohl es bekannt­lich der kür­zes­te Monat ist, war die Aus­wahl an guten bis sen­sa­tio­nel­len Alben plötz­lich rie­sen­groß. Ich habe kurz dar­über nach­ge­dacht, die Top-Five-Rege­lung über den Hau­fen zu wer­fen und ein­fach alle guten Plat­ten auf­zu­schrei­ben, aber Top Five ist Top Five. Für die Jah­res­end­lis­te ist es eh uner­heb­lich, ob ein Album in den Monats­lis­ten auf­ge­taucht ist.

Eben­falls in der letz­ten Lis­ten­pa­nik hat­te ich ver­kün­det, „wenn nichts mehr dazwi­schen kommt“ wer­de „Lucky“ von Nada Surf im Febru­ar die Bes­ten­lis­te der Alben anfüh­ren. Wie Sie in zwei Zei­len erfah­ren wer­den, ist etwas bzw. jemand dazwi­schen­ge­kom­men:

Alben
1. Goldf­rapp – Seventh Tree
Jawoll, sie haben es sich ver­dient: Goldf­rapp, das Duo aus Ali­son Goldf­rapp und Will Gre­go­ry, machen auf ihrem vier­ten Album Musik, die so sehr auf den Punkt ist, dass man sie ein­fach lie­ben muss. Per­fekt aus­ge­pen­delt zwi­schen Folk und Elek­tro­nik, zwi­schen Kath­le­en Edwards und Imo­gen Heap. Erin­nern Sie sich an die unend­li­che Leich­tig­keit, die Ihnen ent­ge­gen ström­te, als Sie zum ers­ten Mal „Moon Safa­ri“ von Air gehört haben? Hier ist sie wie­der, zehn Jah­re spä­ter.

2. Nada Surf – Lucky
Viel falsch gemacht haben Nada Surf in ihrer bis­he­ri­gen Kar­rie­re nicht, auf ihrem fünf­ten Album machen sie fast alles rich­tig. Nach „See The­se Bones“ und „Who­se Aut­ho­ri­ty“ weiß man gar nicht mehr, wohin mit der eige­nen Eupho­rie, und das sind erst die ers­ten bei­den Stü­cke auf der Plat­te. „Lucky“ ist zeit­lo­ser Indie Rock, der in ers­ter Linie hap­py macht.

3. Joe Jack­son – Rain
Ist doch irgend­wie klar, dass ich Joe Jack­son groß­ar­tig fin­den muss: Immer­hin spielt er Kla­vier und hat einen bri­ti­schen Akzent. Nicht klar? Okay: Er hat ziem­lich offen­sicht­lich Ben Folds beein­flusst, so tol­le Musik zu machen – und das war sel­ten so offen­sicht­lich wie auf „Rain“, wo Jack­son so sehr nach Folds klingt (also irgend­wie anders­rum, aber Sie ver­ste­hen) wie lan­ge nicht mehr. Sehr ele­gan­ter Pia­no­pop, der mal zum Pia­no­rock wird, mal zum Jazz, und im tief­trau­ri­gen „Solo (So Low)“ sei­nen … äh: Höhe­punkt fin­det. Oder doch in der Destiny’s‑Child-Anleihe in „Good Bad Boy“?

4. Niels Fre­vert – Du kannst mich an der Ecke raus­las­sen
Für sei­ne alte Band Natio­nal­ga­le­rie bin ich zu jung und auch sonst muss ich zuge­ben, bis heu­te wenig von Niels Fre­vert gehört zu haben. Aber sein drit­tes Solo­al­bum „Du kannst mich an der Ecke raus­las­sen“ gefällt mir, unter ande­rem weil es auf erstaun­li­che Wei­se „undeutsch“ klingt. Die Arran­ge­ments erin­nern an Dami­en Rice und José Gon­za­les und die Stim­mung ist ein biss­chen so wie auf Tom Liwas Meis­ter­werk „St. Amour“. Den dezent swin­gen­den Titel­song soll­te man test­wei­se mal Roger-Cice­ro-Fan­in­nen vor­spie­len, zu The­ra­pie­zwe­cken.

5. Tegan And Sara – The Con
„Kana­da“, „Zwil­lin­ge“, „Indie Pop“ – „Bin­go!“
Nur ein gutes hal­bes Jahr nach sei­nem Release ist das fünf­te Album der Schwes­tern jetzt auch in Deutsch­land erschie­nen. Musik und Tex­te sind eine wun­der­ba­re Mischung aus nied­lich und gemein und man hofft, dass die­ser kana­di­sche Indie Pop (von Zwil­lin­gen!) end­lich mal die Charts und Radio­sta­tio­nen erobert.

Songs
1. Goldf­rapp – A&E
Ich lie­be es, wenn man beim aller­ers­ten Hören eines Songs, noch bevor die­ser zu Ende ist, denkt: „Was für ein tol­les, tol­les Lied! Ich möch­te es mir ins Herz täto­wie­ren las­sen!“ So war es bei „A&E“, von dem ich beim aller­ers­ten Hören gar nicht wuss­te, dass es auch die ers­te Sin­gle aus „Seventh Tree“ ist. Natür­lich völ­lig zu Recht.

2. R.E.M. – Super­na­tu­ral Super­se­rious
Klar: Außer „Shi­ny Hap­py Peo­p­le“ haben R.E.M. noch nie irgend­was falsch gemacht. Gera­de die Vor­ab-Sin­gles waren ja auch bei den letz­ten bei­den Alben („Imi­ta­ti­on Of Life“, „Lea­ving New York“) immer Über­songs, aber so ein ganz klei­nes biss­chen erstaunt ist man dann viel­leicht doch, dass R.E.M. wie­der rich­tig rocken (obwohl sie das ja mit den neu­en Songs auf ihrem Best Of von 2003 auch getan hat­ten) und „Super­na­tu­ral Super­se­rious“ zwei Durch­gän­ge län­ger braucht, bis man sich in den Song ver­liebt hat. Aber dann ist alles ganz wun­der­bar und irgend­wann ver­steht man auch nicht mehr „Gise­la“, son­dern „It’s a lie“.

3. Danko Jones – Take Me Home
Der unwahr­schein­lichs­te Song des Monats auf einem ziem­lich unwahr­schein­li­chen Danko-Jones-Album: Die Kana­di­er spie­len ein Bei­na­he-Cover von John Den­vers „Coun­try Roads“, ori­gi­nal mit Akus­tik­gi­tar­re, Mit­klat­sch­rhyth­mus und Chö­ren im Refrain. Das geht ent­we­der gar nicht oder ist das heim­li­che High­light der Plat­te. Ich ent­schei­de mich für letz­te­res, nicht zuletzt wegen der Text­zei­le „Take me home to whe­re my records are“. Dem­nächst dann ver­mut­lich auf WDR 2.

4. Panic At The Dis­co – Nine In The After­noon
Na, das macht doch schon mal Lau­ne auf das Zweit­werk der Band, die auf Ihrem Debüt noch Panic! At The Dis­co hieß. Ein biss­chen grad­li­ni­ger als die meis­ten Songs auf „A Fever You Can’t Sweat Out“ ist „Nine In The After­noon“ ja schon gewor­den, aber das soll uns nicht stö­ren, denn es ist ein­fach ein fei­ner Song.

5. One­Re­pu­blic – Stop And Sta­re
Schon klar: „Apo­lo­gi­ze“ ging sehr schnell gar nicht mehr. Die­ser Kas­tra­ten­ge­sang, der omni­prä­sen­te Tim­ba­land und dann auch noch Til Schwei­ger im (deut­schen) Video – das konn­te nicht mal mehr Nora Tschirner (eben­falls im deut­schen Video) aus­glei­chen. „Stop And Sta­re“ zwingt zur nähe­ren Beschäf­ti­gung mit One­Re­pu­blic, denn die­se Sor­te Col­lege Rock (oder wie auch immer man die­sen Sound in den Nuller Jah­ren nennt) mag ich sehr ger­ne. Sowohl The Fray als auch Orson las­sen grü­ßen.

EP
Smas­hing Pump­kins – Ame­ri­can Gothic
Wer mit „Zeit­geist“, dem Come­back-Album der Smas­hing Pump­kins, nicht klar kam, weil es „irgend­wie nichts Neu­es“ zu bie­ten hat­te, der wird auch mit der EP „Ame­ri­can Gothic“ sei­ne Pro­ble­me haben, denn auch die könn­te schon zehn Jah­re alt sein. Sehr genau sogar, denn der Ver­zicht auf elek­tri­sche Gitar­ren sorgt für vier der­art melan­cho­li­sche Songs, wie sie Bil­ly Cor­gan seit „Ado­re“ nicht mehr geglückt sind. Natür­lich braucht man streng genom­men gar kei­ne Nach­fol­ger von „To Shei­la“, „Per­fect“ oder „Tear“, aber sobald Bil­ly Cor­gan bei „The Rose March“ anfängt, mit sich selbst im Duett zu sin­gen, setzt wie­der die­se Gän­se­haut ein, für die man die Pump­kins immer geliebt hat. Und wer nicht will, der hat schon.

Eben­falls gehört und für gut befun­den: Danko Jones – Never Too Loud, Home Of The Lame – Sing What You Know, k.d. lang – Waters­hed, Vam­pi­re Weekend – Vam­pi­re Weekend, Chris Wal­la – Field Manu­al

Kategorien
Musik

Listenpanik 01/​08

Mit die­sen Lis­ten ist das ja so eine Sache: Die Jah­res­lis­ten woll­te ich schon am 2. Janu­ar wie­der umwer­fen und um wenigs­tens zwei Künst­ler (M.I.A. und Band Of Hor­ses) ergän­zen. Trotz­dem ver­su­che ich mich auch in die­sem Jahr wie­der an einer monat­li­chen Rück­schau auf die musi­ka­li­schen Ver­öf­fent­li­chun­gen. Der Janu­ar wirft dabei erschre­ckend weni­ge neue Alben ab, was aber auch ganz gut ist, denn ich höre eh die meis­te Zeit den ers­ten gro­ßen Favo­ri­ten auf das Album des Jah­res 2008:

Alben
1. Slut – StillNo1
Nach ihrem ordent­li­chen, ins­ge­samt aber eher unspek­ta­ku­lä­ren letz­ten Album „All We Need Is Silence“ betä­tig­ten sich Slut als Thea­ter­ka­pel­le für die „Drei­gro­schen­oper“ und nah­men eine ordent­li­che Por­ti­on Kurt Weill mit ins Stu­dio, wo sie ihr sechs­tes Album auf­nah­men. „StillNo1“ steht in einer Linie zu ihrem Opus Magnum „Look­book“, ist dann aber doch ganz anders gewor­den: Slut klin­gen plötz­lich nach Sigur Rós, Peter Gabri­el den Shout Out Louds und Dres­den Dolls und wären Beat­les-Ver­glei­che nicht ver­bo­ten, dräng­ten sich auch noch gewis­se Par­al­le­len zu „Sgt. Pep­per“ auf. So klingt eine Band, die zwi­schen Melan­cho­lie und Eupho­rie ganz bei sich ist, und die des­halb mal eben ein Meis­ter­werk aus dem Ärmel schüt­teln kann. Und über das … eigen­wil­li­ge Plat­ten­co­ver schwei­gen wir uns ein­fach mal aus.

2. Cat Power – Juke­box
Wenn Musi­ker Cover-Alben ver­öf­fent­li­chen, muss man immer ein biss­chen Angst haben, ihnen sei­en die Ideen aus­ge­gan­gen. Bei Cat Power ist das nicht der Fall. Dass sie sen­sa­tio­nel­le Cover­ver­sio­nen voll­brin­gen kann, wis­sen wir spä­tes­tens seit ihrer Inter­pre­ta­ti­on von „(I Can’t Get No) Satis­fac­tion“. Auf „Juke­box“ spielt sie nun eige­ne und ander­erleuts Lie­der neu ein. Von „New York“ (ja, dem Frank-Sina­tra-Ever­green) bleibt außer dem Text nicht mehr viel übrig und auch die Songs von Hank Wil­liams, Bil­lie Holi­day, Bob Dylan und Joni Mit­chell klin­gen über­ra­schend anders, aber toll.

3. Get Well Soon – Rest Now, Wea­ry Head
Der Hype der Stun­de, die deut­sche Band des Monats. Da ich Hypes has­se und mir die Natio­na­li­tät von Leu­ten grund­sätz­lich egal ist, zählt die Musik: Eine char­man­te Mischung aus orches­tra­lem Pop, melan­cho­li­schen Folk­lo­re-Ein­flüs­sen und ver­hal­te­ner Elek­tro­nik. Das erin­nert mal an Bei­rut, mal an Pulp oder The Divi­ne Come­dy und immer wie­der auch an die neue Slut-Plat­te. Lei­der sind eini­ge Stü­cke zu ver­spielt und eklek­tisch gera­ten und die Stim­me von Kon­stan­tin Grop­per ist nicht so meins. Bei man­chen Songs wie der Sin­gle „If This Hat Is Miss­ing I Have Gone Hun­ting“ berei­tet sie mir gar kör­per­li­che Schmer­zen. Auch ein wenig kom­pak­ter hät­te das Album (14 Songs in 60 Minu­ten) sein kön­nen, aber für ein Debüt ist es schon ganz ordent­lich und das „Born Slippy“-Cover ist in der Tat fan­tas­tisch gera­ten.

4. The Magne­tic Fields – Dis­tor­ti­on
Ist es eigent­lich noch „Pop“, wenn man sei­ne Pop­songs so auf­nimmt, dass sie klin­gen, als höre man die Beach Boys über Tele­fon? Mit einem zwi­schen­ge­schal­te­ten Effekt­pe­dal? Live über­tra­gen aus einem unbe­to­nier­ten Erd­loch? Egal, wie man’s nennt: Das neue Album der Magne­tic Fields trägt sei­nen Titel durch­aus zu Recht und auch als War­nung. Man muss sowas mögen, um es gran­di­os zu fin­den, aber das gilt ja für alles.

5. The Hoo­siers – The Trick To Life
„Worried About Ray“ ist und bleibt ein char­man­ter Pop­song, das Album kann aber noch mehr als Indie-Dis­co. In den ruhi­gen Momen­ten klopft gar Jeff Buck­ley an. Nicht alles ist kom­plett aus­ge­reift und mei­ner Mei­nung nach könn­te jetzt mal wirk­lich Schluss mit die­ser Wel­le sein, aber bit­te: „The Trick To Life“ ist ein okayes Album für Men­schen, die gera­de erst anfan­gen, Plat­ten zu sam­meln.

Songs
1. Slut – Wed­nes­day
Ein Kla­vier, die immer wie­der berüh­ren­de Stim­me von Chris Neu­bur­ger, eine Akus­tik­gi­tar­re, ein paar Strei­cher und Stör­ge­räu­sche – mehr braucht es nicht, um Gän­se­haut zu buch­sta­bie­ren und die viel­leicht unwahr­schein­lichs­te (Promo-)Single der letz­ten Mona­te zu wer­den.

2. Nada Surf – Who­se Aut­ho­ri­ty
Jetzt müss­te ich über­le­gen, ob Nada Surf je einen Song gemacht haben, der nicht wenigs­tens okay war, son­dern wirk­lich schlecht. Mir fie­le so spon­tan kei­ner ein. „Who­se Aut­ho­ri­ty“ gehört aber eh zum obe­ren Drit­tel der Nada-Surf-Lie­der und er wird mit jedem Hören bes­ser. So eupho­risch klingt ein sich lang­sam ankün­di­gen­der Früh­ling und wenn nichts mehr dazwi­schen kommt, wird das dazu­ge­hö­ri­ge Album „Lucky“ hier im Febru­ar die Bes­ten­lis­te anfüh­ren.

3. Fet­tes Brot – Bet­ti­na (Zieh dir bit­te etwas an)
Fet­tes Brot klau­en sich Ver­satz­stü­cke aus 15 Jah­ren deut­schem Hip-Hop zusam­men und bau­en dar­aus einen Track, der einen sicher in einem hal­ben Jahr tie­risch ner­ven wird. Im Moment ist er aber die bes­te Bro­te-Sin­gle seit „Schwu­le Mäd­chen“, von dem er musi­ka­lisch auch gar nicht so weit ent­fernt ist. Der Text ist natür­lich Gesell­schafts­kri­tik in Rein­form.

4. Gre­gor Meyle – Nie­mand
Damit hät­te ich auch nicht gerech­net, dass mal ein Cas­ting­show-Teil­neh­mer auf mei­ner Lis­te lan­den wür­de. Aber „SSDSDSSWEMUGABRTLAD“ war ja kei­ne her­kömm­li­che Cas­ting­show und Gre­gor Meyle ist jemand ganz ande­res als ver­dammt, ich hab die gan­zen Namen ver­ges­sen und bin zu faul, sie nach­zu­goo­geln. „Nie­mand“ ist ein sehr guter Song, auch wenn das Video so typisch deutsch gera­ten ist.

5. Nick Cave & The Bad Seeds – Dig, Laza­rus, Dig!!!
So rich­tig Zugang habe ich zu Nick Cave nie gefun­den. Ein­zel­ne Songs fin­de ich sehr gut, aber zur tie­fer­ge­hen­den Aus­ein­an­der­set­zung mit sei­nem Werk fehl­te mir immer die Muße. Jetzt gibt es eine neue Sin­gle, die ordent­lich rockt und auf eine ange­neh­me Art über­dreht ist.