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Songs des Jahres 2013

Das neue Jahr ist auch schon wie­der zehn Tage alt, da wird es Zeit, die Alt­las­ten von 2013 abzu­tra­gen. In die­sem Fall: Mei­ne Songs des Jah­res. Die Aus­wahl ist wie immer völ­lig sub­jek­tiv, die Rei­hen­fol­ge im Moment ihrer Erstel­lung schon ver­al­tet und ver­mut­lich hab ich eh wie­der das Wich­tigs­te ver­passt.

25. Bos­se – Schöns­te Zeit
Ja, ja: Das ist schon sen­ti­men­ta­ler Quatsch, Kurt Cobain hul­di­gen zu wol­len mit so einem ver­gleichs­wei­se bana­len Pop­song, der im Text viel zu expli­zit durch dekli­niert, was er aus­drü­cken will. Aber was für ein Pop­song das dann eben doch ist! Und die­ses per­len­de Kla­vier, das die Instru­men­tal­stel­len zu einem der im Gebrauchs­fern­se­hen meist gespiel­ten Wer­ke des Jah­res gemacht hat! Doch, ich blei­be dabei: Ich mag die­sen Song!

24. Junip – Line Of Fire
Ich weiß defi­ni­tiv zu wenig über José Gon­zá­lez und sei­ne Band Junip, die zwar seit Jah­ren immer wie­der am äuße­ren Sicht­feld mei­nes Radars auf­tau­chen, aber es – außer mit Gon­zá­lez‘ Ver­si­on von „Heart­beats“ von The Kni­fe – nie wirk­lich in mei­ne Play­lis­ten geschafft haben. Aber die­sem hyp­no­ti­schen Song und vor allem dem dazu­ge­hö­ri­gen Video konn­te ich mich nicht ent­zie­hen. Wenn ich mehr Zeit mit dem Lied und dem dazu­ge­hö­ri­gen Album ver­bracht hät­te, wären bei­de ver­mut­lich deut­lich wei­ter oben in mei­ner Lis­te.

23. Elvis Cos­tel­lo & The Roots – Walk Us Upt­own
Die Idee, einen der viel­sei­tigs­ten Musi­ker der letz­ten Jahr­zehn­te mit einer der bes­ten Hip-Hop-Bands kol­la­bo­rie­ren zu las­sen, hat­te ein biss­chen was vom Clash der Kul­tu­ren. Schon beim Ope­ner stellt sich aber raus: Die Kom­bi­na­ti­on ist gar nicht so exo­tisch, son­dern eigent­lich erstaun­lich nahe­lie­gend. Wenn man nicht um die Hin­ter­grün­de wüss­te, wäre es ein­fach ein extrem coo­ler, tigh­ter Song.

22. Pet Shop Boys – Love Is A Bour­geois Con­s­truct
Bei Künst­lern, die schon seit Jahr­zehn­ten dabei sind, hat es immer eine gewis­se Wider­sprüch­lich­keit, wenn man ihnen nach­sagt, ein neu­er Song hät­te schon vor Jah­ren ver­öf­fent­licht wer­den kön­nen. Klar: „Love Is A Bour­geois Con­s­truct“ hät­te wun­der­bar auf „Very“ gepasst, die poli­ti­schen Anspie­lun­gen und See­manns­chö­re inklu­si­ve. Aber immer wie­der bricht das Arran­ge­ment auf und es kom­men Sounds zum Vor­schein, die man so zumin­dest bei den Pet Shop Boys noch nie gehört hat.

21. Bas­til­le – Pom­peii
Hur­ra, noch eine Indie­band mit Gitar­ren und Syn­the­si­zern! Geh mir weg! Dann aber: Die­se gran­dio­sen „Eh-oh“-Chöre (nicht zu ver­wech­seln mit „Alles nur geklaut“ von den Prin­zen) und vor allem die­ses Getrom­mel! Luft­gi­tar­re macht bei die­sem Lied kei­nen Sinn, Luft­ge­trom­mel bei aus­rei­chen­dem Sicher­heits­ab­stand durch­aus. Und man freut sich ja inzwi­schen schon über jeden Slot, der im Radio von etwas ande­rem als Robin Thi­c­ke oder den (Un)Toten Hosen besetzt wird!

20. Andrew McMa­hon – After The Fire
Ich bin da kein Stück objek­tiv: Andrew McMa­hon (Ex-Some­thing Cor­po­ra­te und Ex-Jack’s Man­ne­quin) ist für mich ein per­sön­li­cher Held. Mit sei­nen Tex­ten spricht er mir seit zehn Jah­ren aus der See­le und wahr­schein­lich hat es auch etwas damit zu tun, dass wir fast gleich alt sind. Jeden­falls: Sei­ne Solo-Debüt-EP „The Pop Under­ground“ ist mit ziem­li­cher Sicher­heit kei­ne musi­ka­li­sche Offen­ba­rung, aber sie ent­hält vier wun­der­ba­re Pop­songs (hier auch wie­der das Motiv: Chö­re und Trom­meln!) und „After The Fire“ ist mit sei­nem groo­ven­den Refrain der bes­te davon und muss des­halb die Top 20 eröff­nen.

19. Cold War Kids – Mira­cle Mile
Da zeich­net sich ein Mus­ter ab: Schon wie­der Chö­re und Trom­meln! Und natür­lich ein häm­mern­des Kla­vier. Mit ordent­lich Schwung star­ten die Cold War Kids in ihr Album „Dear Miss Lonely­he­arts“. Da schep­pern ganz viel Eupho­rie und Lebens­freu­de mit und dann fasst der Song die gan­zen Lebens­rat­ge­ber und Feuil­le­ton­tex­te der letz­ten Jah­re ganz sim­pel zusam­men: „Get out­side, get all over the world /​ You learn to love what you get in return /​ It may be a pro­blem and it may be peace of mind /​ But you have to slow down and brea­the one breath at a time /​ So ya come up for air“. Hal­lo!

18. Lily Allen – Hard Out Here
Lily Allen, die mir liebs­te Pop-Prin­zes­sin der letz­ten Jah­re, ist zurück. Das allein wäre schon ein Grund zu fei­ern, aber dann haut sie auch noch ein femi­nis­ti­sches Mani­fest aus, das dar­über hin­aus auch noch so ein char­mant schun­keln­der Pop­song ist. Natür­lich kön­nen wir über das Video dis­ku­tie­ren und über die Fra­ge, ob man Feu­er (oder in die­sem Fall eher: die Gül­le, die „Blur­red Lines“ von Robin Thi­c­ke nun mal ist und auf die Allens Video anspielt) mit Feu­er (Gül­le) bekämp­fen muss. Aber die Dis­kus­si­on ver­schafft dem The­ma „Sexis­mus im Pop“ noch mal mehr Auf­merk­sam­keit und tut dem Song kei­nen Abbruch.

17. Blau­d­zun – Ele­phants
Um ehr­lich zu sein, weiß ich qua­si gar nichts über die­sen nie­der­län­di­schen Sän­ger. Ich muss­te sogar sei­ne Natio­na­li­tät gera­de noch mal nach­schla­gen und habe auch sein Album „Hea­vy Flowers“ nur ein­mal gehört. Aber „Ele­phants“ hat mich von Anfang an begeis­tert, seit ich den Song zum ers­ten Mal bei „All Songs Con­side­red“ gehört habe. Auch hier wie­der: viel zeit­ge­nös­si­sches Getrom­mel, was nahe­legt, dass man „Ele­phants“ noch mal in der Wer­bung irgend­ei­nes Unter­hal­tungs­elek­tronik­her­stel­lers hören wird. Falls nicht: ein­fach auf „Repeat“ drü­cken.

16. Josh Rit­ter – Joy To You Baby
Josh Rit­ter hat mit „The Beast In Its Tracks“ das auf­ge­nom­men, was Musik­jour­na­lis­ten und emp­find­sa­me Hörer ein „Tren­nungs­al­bum“ nen­nen. Ganz vie­le Songs an die Adres­se der alten Flam­me, inkl. der Ver­si­che­rung, dass die neue Lie­be nur „in einem bestimm­ten Licht“ so aus­se­he wie die alte. Das alles kul­mi­niert in „Joy To You Baby“, das im Spek­trum „Wut/​Gelassenheit“ den gegen­über­lie­gen­den Platz von Ben Folds Fives „Song For The Dum­ped“ besetzt und damit das ver­söhn­lichs­te Abschieds­lied seit … äh … seit „Die Guten“ von muff pot­ter. ist. So unge­fähr.

15. Tra­vis – Whe­re You Stand
Liegt das an mei­ner neu­en Ste­reo­an­la­ge, oder wur­den 2013 die Bäs­se und Schlag­zeu­ge deut­lich wei­ter nach vor­ne gemischt als vor­her? Im Prin­zip auch egal, denn spre­chen wir über die­ses Lied, den Titel­track von Tra­vis‘ sieb­tem Album. Da ist wirk­lich alles drin, was man von Tra­vis erwar­tet, vor allem aber: viel Melan­cho­lie und Trost. Ein eher unspek­ta­ku­lä­rer Song, ver­gli­chen mit vie­len Hits der Band, aber das passt zu Tra­vis, die es sich in der Nische zwi­schen den über­gro­ßen Bands Radio­head (von denen Tra­vis beein­flusst wur­den) und Cold­play (die von Tra­vis beein­flusst wur­den) bequem gemacht haben.

14. Moby feat. Way­ne Coy­ne – The Per­fect Life
Wer ein­mal auf einem Kon­zert der Fla­ming Lips war, weiß, wie man auch als erwach­se­ner Mensch noch Eupho­rie bis in Kin­der­ge­burts­tags­sphä­ren hoch­schrau­ben kann. Also eine gute Wahl, dass sich Moby für die­se Endor­phin-Über­do­sis Fla­ming-Lips-Sän­ger Way­ne Coy­ne dazu hol­te, mit dem er dann im Video durchs son­nen­durch­flu­te­te LA mar­schiert. Und was für ein schö­nes Lie­bes­lied sie dabei sin­gen! Hach!

13. Mara­thon­mann – Die Stadt gehört den Bes­ten
Seit dem Ende von muff pot­ter. und Schrott­gren­ze und der Revol­ver­held-Wer­dung von Jupi­ter Jones ist der Platz für lau­te, hei­se­re Emo­tio­nen in mei­nem Musik­spek­trum unbe­setzt. Ich weiß, es gäbe da Dut­zen­de gute Bands, aber kei­ne von denen hat mich bis­her so gekickt, wie es jetzt Mara­thon­mann getan haben. Ich traf auf die­se Hym­ne in ihrem natür­li­chen Lebens­raum: einer von Piet Klo­cke mode­rier­ten Abend­sen­dung auf WDR 5. Ich fin­de es etwas ver­stö­rend, dass ich bei der Zei­le „Und wir steh’n auf uns’­ren Brü­cken“ aus­ge­rech­net die Köl­ner Hohen­zol­lern­brü­cke vor Augen habe, aber ande­rer­seits habe ich die in die­sem Jahr etli­che Male mit dem Zug über­quert und zwei­tens gibt es in Bochum auch gar nicht so vie­le Brü­cken, die ich mir hier pathe­tisch vor­stel­len könn­te. Ein wun­der­ba­res Brett mit ganz viel „Wir gegen den Rest der Welt“-Poesie und eine Hom­mage an Städ­te und Freun­des­krei­se.

12. Rhye – Open
Nach 20 Uhr kann man auch auf Eins­li­ve fei­ne Musik ent­de­cken. Mein Erst­kon­takt mit „Open“ fand jeden­falls beim Spü­len im Rah­men der Sen­dung „Plan B“ statt. Die Mode­ra­to­rin erklär­te mir vor­ab, was ich so direkt nicht geahnt hät­te, näm­lich dass die nun fol­gen­de Stim­me einem Mann namens Mike Milosh gehö­re. Ste­phen Thomp­son von NPR Music – der Mann, dem ich in Musik­fra­gen am Aller­meis­ten ver­traue – schrieb über den Song: „cat­chy but subt­le, soni­cal­ly rich but unclut­te­red, sexy but never vul­gar“. Im Fern­se­hen gehört „Open“ schon jetzt zum fes­ten Reper­toire der Lie­bes­ak­t­an­bah­nungs­be­schal­lung und viel­leicht wird der Song eines Tages als „Smooth Ope­ra­tor“ die­ser Gene­ra­ti­on gehan­delt wer­den.

11. Vol­ca­no Choir – Bye­go­ne
Jus­tin Ver­non will viel­leicht nie mehr mit sei­nem Pro­jekt Bon Iver Musik machen. Das wäre scha­de, aber ers­tens gibt es ja zwei phan­tas­ti­sche Alben, die uns kei­ner mehr neh­men kann, und zwei­tens macht Ver­non ja ein­fach immer wei­ter, auch mit ande­ren Pro­jek­ten. „Repa­ve“, das zwei­te Vol­ca­no-Choir-Album, hät­te er auch als Bon Iver ver­öf­fent­li­chen kön­nen, und „Bye­go­ne“ ist der Song, der sich dabei am Stärks­ten her­vor­tut.

10. Les­lie Clio – Let Go
„Told You So“, die Vor­ab-Sin­gle von Les­lie Cli­os Debüt­al­bum „Gla­dys“, hat­te es ja bereits 2012 auf mei­ne Lis­te geschafft, jetzt also noch ein Song. „Let Go“ ist deut­lich schlep­pen­der als „Told You So“ (oder auch das eben­falls famo­se „Could­n’t Care Less“) und ver­ur­sacht bei mir immer noch regel­mä­ßig Gän­se­haut. Ein schlich­tes, aber wir­kungs­vol­les Tren­nungs­lied, das Ade­le oder Amy Wine­house in nichts nach­steht.

9. James Bla­ke – Retro­gra­de
Apro­pos Gän­se­haut: James Bla­ke! Den Gesang muss man mögen, aber der Song dürf­te eigent­lich kei­nen kalt las­sen.

8. Biffy Cly­ro – Black Chan­de­lier
Ja, das ist Sta­di­on­rock – aber immer­hin nicht mit so ver­krampf­tem Rock­star­dom ver­bun­den wie der von Muse oder 30 Seconds To Mars. Schö­nes Gitar­ren­ge­schram­mel, gute Lyrics und ein Songauf­bau wie aus dem Lehr­buch – man kann alles für und gegen Biffy Cly­ro ver­wen­den, aber vom Jah­res­an­fang bis zum Jah­res­en­de war „Black Chan­de­lier“ die gan­ze Zeit dabei und hat auch am Ende immer noch funk­tio­niert.

7. Daft Punk feat. Phar­rell Wil­liams – Get Lucky
Ladies and gen­tle­men, bit­te erhe­ben Sie sich für den Kon­sens-Hit des Jah­res, ach was: der Deka­de! „Get Lucky“ ist das, was man instant clas­sic nennt – aus dem Stand ein Ever­green. Ein Song, der Gene­ra­tio­nen ver­eint („Sind das Stee­ly Dan?“ – „Nein, Papa!“), und per Gesetz in jeder ein­zel­nen Fern­seh­sen­dung des Jah­res 2013 gespielt wer­den muss­te. Und das, wo kaum noch jemand ernst­haft mit einem gro­ßen Come­back von Daft Punk gerech­net hat­te.

6. Cas­per – Im Asche­re­gen
Ich habe ja so mei­ne Zeit gebraucht, bis ich mit Cas­pers Musik warm wur­de. Inzwi­schen bin ich gro­ßer Fan und das Album „Hin­ter­land“ hat sei­nen Vor­gän­ger „XOXO“ noch mal getoppt. Der Ope­ner „Im Asche­re­gen“ klingt mit sei­nen Trom­meln, Chö­ren, Blä­sern und Glo­cken­spie­len mehr nach Arca­de Fire als Arca­de Fire selbst und text­lich habe ich in der deutsch­spra­chi­gen Musik 2013 kaum Bes­se­res gehört. Vom Nicken in Rich­tung kettcar/​Slime („ein Drit­tel Heiz­öl, zwei Drit­tel Ben­zin“) über „auf Nim­mer­wie­der­se­hen und Dan­ke für nichts“ bis hin zu „die Stadt muss bren­nen, bren­nen, bren­nen“: eine ein­zi­ge Unab­hän­gig­keits­er­klä­rung, ein mis­si­on state­ment, ein Stin­ke­fin­ger.

5. Mar­cus Wie­busch – Nur ein­mal rächen
Apro­pos kett­car: Deren Sän­ger Mar­cus Wie­busch wagt sich nach fast 20 Jah­ren noch ein­mal auf Solo­pfa­de und macht mit „Nur ein­mal rächen“ alles rich­tig. Klu­ge Geschich­te, klu­ge Instru­men­tie­rung, gran­dio­se Hook­li­ne. Seit kett­car den Ver­such auf­ge­ge­ben haben, ein zwei­tes „Lan­dungs­brü­cken raus“ zu schrei­ben (also seit „Sylt“), gelin­gen ihnen immer wie­der neue Meis­ter­wer­ke (vgl. „Ret­tung“, 2012) und auf „Nur ein­mal rächen“ wirkt Wie­busch so ent­spannt wie schon lan­ge nicht mehr. Das für Mit­te April ange­kün­dig­te Debüt­al­bum zählt zu denen, auf die ich am gespann­tes­ten war­te.

4. CHVRCHES – The Mother We Share
Ich kann mir aber nicht vor­stel­len, wie man sich „The Mother We Share“, der Debüt-Sin­gle von CHVRCHES, ent­zie­hen kön­nen soll­te. Die­ser Syn­thie­pop ist zwar nicht wirk­lich neu, aber der Song ist musi­ka­lisch wie atmo­sphä­risch so gekonnt „dazwi­schen“ (nicht zu schnell und nicht zu lang­sam, nicht zu melan­cho­lisch und nicht zu eupho­risch, nicht zu kalt und nicht zu warm), dass er auch nach einem Jahr immer noch kickt.

3. Foxy­gen – San Fran­cis­co
Auf Foxy­gen bin ich (natür­lich) durch „All Songs Con­side­red“ auf­merk­sam gewor­den. Wie gekonnt die­se Band auf die letz­ten 50 Jah­re Musik­ge­schich­te ver­weist und wie gran­di­os das in „San Fran­cis­co“ kul­mi­niert. Die­ser Dia­log „I left my heart in San Fran­cis­co“ – „That’s okay, I was bored any­way“ – „I left my love in the room“ – „That’s okay, I was born in L.A.“ zählt defi­ni­tiv zum Cle­vers­ten, was ich im ver­gan­ge­nen Jahr gehört habe, und ist auch beim hun­derts­ten Hören immer noch lus­tig.

2. Kacey Mus­gra­ves – Mer­ry Go ‚Round
Es ist in Deutsch­land, wo Coun­try­mu­sik außer auf WDR 4 und in Fern­fah­rer­knei­pen kaum ein Zuhau­se hat, eini­ger­ma­ßen schwer ver­mit­tel­bar, dass das Gen­re auch jung, klug und wit­zig sein kann. Ent­spre­chend groß soll­te die Über­ra­schung über das Debüt­al­bum von Kacey Mus­gra­ves sein, wenn sich hier­zu­lan­de jemand dafür inter­es­sie­ren wür­de. „Mer­ry Go ‚Round“ erzählt vom All­tag in den länd­li­chen Gebie­ten der USA: „If you ain’t got two kids by 21 /​ You’­re pro­ba­b­ly gon­na die alo­ne /​ Least that’s what tra­di­ti­on told you“. Die Kri­tik an die­sem spie­ßi­gen und bigot­ten Leben ist in so zucker­sü­ße Musik gegos­sen, dass man sie zunächst über­hö­ren könn­te – und das macht sie so wir­kungs­voll.

1. The Front Bot­toms – Au Revoir (Adi­os)
109 Sekun­den, län­ger braucht mein Lied des Jah­res 2013 nicht. Aber die­se 109 Sekun­den sind voll­ge­packt mit Witz, Gehäs­sig­keit und Rock ’n‘ Roll. Ich könn­te es 109 mal hin­ter­ein­an­der hören und wür­de gern jeden Tag damit begin­nen.

Die gan­ze Play­list zum Nach­hö­ren bei Spo­ti­fy.

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Songs des Jahres 2012

Ich bin natür­lich viel zu spät dran. Ich habe inzwi­schen meh­re­re Songs im Radio oder in Gast­stät­ten gehört, die selbst­ver­ständ­lich noch auf die Lis­te gehört hät­ten, die ich aber schlicht­weg ver­ges­sen habe. Und ver­mut­lich habe ich die bes­ten Sachen eh wie­der nicht mit­be­kom­men.

Egal.

Hier sind mei­ne Songs des Jah­res 2012:

25.The Kil­lers – Runa­ways
„Batt­le Born“, das vier­te regu­lä­re Album der Kil­lers, hat nicht die Über­songs wie „Hot Fuss“, es ist kein geschlos­se­nes Meis­ter­werk wie „Sam’s Town“, aber auch nicht so unsor­tiert wie „Day & Age“. Kurz­um: Es ist ein völ­lig okayes Album – und es hat „Runa­ways“, die neu­es­te Springsteen-Hom­mage (Frau ken­nen­ge­lernt, schwan­ger gewor­den, gehei­ra­tet, Stim­mung im Arsch – man kennt das) aus dem Hau­se Flowers. „We can’t wait till tomor­row“!

24. Cal­vin Har­ris feat. Exam­p­le – We’ll Be Coming Back
Das Kon­zert von Exam­p­le in der Köl­ner Essig­fa­brik war eines der bes­ten und ener­gie­ge­la­dens­ten, die ich 2012 besucht habe. Lei­der wer­de ich mit dem neu­en Album „The Evo­lu­ti­on Of Man“ nicht rich­tig warm, aber die­se Kol­la­bo­ra­ti­on mit Cal­vin Har­ris, die auf den Alben bei­der Künst­ler ent­hal­ten ist, ist schon sehr ordent­lich gewor­den.

23. Frit­ten­bu­de – Zeit­ma­schi­nen aus Müll
Ein Plä­doy­er für den Spaß, die Par­ty, die Selbst­zer­stö­rung, ohne gleich­zei­tig gegen Spie­ßer­tum und Bau­spar­ver­trä­ge zu het­zen. Die Kern­aus­sa­ge „Jeder Tag ist der bes­te Tag eines Lebens“ ist viel­leicht nicht son­der­lich neu, aber sie run­det die­sen melan­cho­li­schen Car­pe-Diem-Pop­song wun­der­bar ab.

22. San­ti­gold – Dis­pa­ra­te Youth
Unse­ren jähr­li­chen Mobil­funk-Wer­be­song gib uns auch heu­te wie­der. Natür­lich haben die son­nen­durch­flu­te­ten Erleb­nis-Bil­der aus den Voda­fone-Spots die­sen ohne­hin gro­ßen Song noch ein biss­chen wei­ter mit Bedeu­tung auf­ge­la­den, aber auch nach der Dau­er­be­schal­lung im Fern­se­hen (und mehr noch: im Inter­net) hat das Lied nichts von sei­ner Schön­heit ver­lo­ren.

21. Ben­ja­min Gib­bard feat. Aimee Mann – Big­ger Than Love
Da ver­öf­fent­licht der Sän­ger von Death Cab For Cutie und The Pos­tal Ser­vice das ers­te rich­ti­ge Solo­al­bum unter eige­nem Namen („For­mer Lives“) und der bes­te Song ist wie­der mal eine Kol­la­bo­ra­ti­on. Nach „Big­ger Than Love“ wünscht man sich, Gib­bard und Mann hät­ten zusam­men ein kom­plet­tes Album auf­ge­nom­men, so groß­ar­tig har­mo­nie­ren ihre bei­den Stim­men und so schön ist das Ergeb­nis gewor­den.

20. The Gas­light Anthem – „45“
Ich wür­de sie ja ger­ne igno­rie­ren, die­se schreck­li­chen Krea­tio­nis­ten aus New Jer­sey, aber dafür machen sie lei­der immer noch viel zu gute Musik. „45“ ist eben lei­der ein groß­ar­ti­ger Ope­ner zu einem ziem­lich guten Album. Die Fra­ge, ob man guten Künst­lern nach­se­hen soll­te, dass sie offen­sicht­lich Idio­ten sind, klä­ren wir dann eben spä­ter.

19. Kid Kopp­hau­sen – Das Leich­tes­te der Welt
Seit dem 10. Okto­ber kann man Kid Kopp­hau­sen nicht mehr hören, ohne mit­zu­den­ken, dass Nils Koppruch, einer der zwei Köp­fe die­ser Band, starb, bevor es mit der Band rich­tig los­ge­hen konn­te. Hier singt nun die meis­te Zeit Gis­bert zu Knyphau­sen, der ande­re Kopf, und er singt so gran­di­os Zei­len wie „Denn jeder Tag ist ein Geschenk, er ist nur schei­ße ver­packt“. Das ist so mei­len­weit weg von den Acts, die jedes Jahr den „Bun­des­vi­si­on Song Con­test“ unsi­cher machen, so sagen­haft gut, dass es wirk­lich kei­nes Todes­falls bedurft hät­te, um die­ses Album noch beson­de­rer zu machen. Aber so ist das Leben manch­mal.

18. Kendrick Lamar – Swim­ming Pools (Drank)
Es sind so vie­le Lobes­hym­nen über Kendrick Lamar und sein Debüt­al­bum „good kid, m.A.A.d city“ erschie­nen, dass ich kei­ner­lei Ambi­tio­nen habe, dem noch etwas hin­zu­zu­fü­gen. Es ist ein wahn­sin­nig klu­ges Album, das viel­leicht nicht im eigent­li­chen Sin­ne cat­chy ist, an dem wir aber ver­mut­lich auch in 20, 30 Jah­ren noch unse­re Freu­de haben wer­den. Und „Swim­ming Pools (Drank)“ ist der bes­te Song dar­auf. Viel­leicht.

17. Les­lie Clio – Told You So
Wäh­rend Thees Uhl­mann solo Kar­rie­re macht, hat der Rest der letz­ten Tom­te-Beset­zung umge­sat­telt und ist jetzt Back­ing Band (bzw. im Fal­le von Niko Pott­hoff auch noch Pro­du­zent) von Les­lie Clio, der – gro­ßer Gott, Musik­jour­na­lis­ten! – „deut­schen Ant­wort auf Ade­le“. „Told You So“ ist cle­ver, kna­ckig und ent­spannt und gemein­sam mit der Nach­fol­ge­sin­gle „I Could­n’t Care Less“ lässt das Gro­ßes für das im Febru­ar erschei­nen­de Debüt­al­bum „Gla­dys“ erwar­ten.

16. Frank Oce­an – Lost
Und noch so ein Album, das völ­lig zu Recht auf allen Bes­ten­lis­ten weit vor­ne gelan­det ist. Ich habe län­ger gebraucht, um mit „Chan­nel Oran­ge“ warm zu wer­den, aber es wird tat­säch­lich bei jedem Hören noch bes­ser. „Lost“ ist der … nun ja: ein­gän­gigs­te Song des Albums, der ein biss­chen schüch­tern vor sich hin groovt.

15. Cro – Easy
Ja, der Song hät­te auch schon 2011 auf der Lis­te ste­hen kön­nen. Ja, man kann das mit der Pan­da-Mas­ke albern fin­den. Ja, die stän­di­ge Medi­en­prä­senz (außer in der „WAZ“) nervt ein biss­chen. Aber bit­te: „Easy“ ist immer noch ein groß­ar­ti­ger Song. Die Zei­len mit „AC/​Deasy“ und „Washing­ton, Dea­sy“ zäh­len zum Cle­vers­ten, was im deutsch­spra­chi­gen Hip­hop je pas­siert ist – wobei die Kon­kur­renz da jetzt auch über­schau­bar ist.

14. Alex Cla­re – Up All Night
Kei­ne Ahnung, war­um die gro­ßen Hits von Alex Cla­re jetzt „Too Clo­se“ und „Tre­a­ding Water“ sind: „Up All Night“ hat doch viel mehr Ener­gie und ist viel abwechs­lungs­rei­cher. Ande­rer­seits dürf­ten die Aus­wir­kun­gen auf den Stra­ßen­ver­kehr auch ver­hee­rend sein, wenn so ein Lied plötz­lich im For­mat­ra­dio läuft. Ver­gli­chen mit dem Rest des Albums, der zwi­schen Soul und Dub­step schwankt, ist der Refrain von „Up All Night“ näm­lich ein regel­rech­tes Brett. Andrew W.K., mit dem Drum­com­pu­ter nach­emp­fun­den.

13. Buri­al – Loner
Von der Radio­va­ri­an­te zum Unter­grund­hel­den: Kaum ein Künst­ler­na­me passt so gut zur Musik wie der von Buri­al. Die Dop­pel-EP „Street Halo /​ Kind­red“ ist das, was Mas­si­ve Attack seit Jah­ren nicht mehr rich­tig hin­be­kom­men, und „Loner“ ist mit kna­cki­gen sie­ben­ein­halb Minu­ten noch das zugäng­lichs­te Stück in die­sem düs­te­ren Gewa­ber. Unbe­dingt mit Kopf­hö­rern und geschlos­se­nen Augen genie­ßen!

12. The Wall­flowers feat. Mick Jones – Reboot The Mis­si­on
Nach sie­ben Jah­ren Pau­se und zwei sehr guten Solo­al­ben von Jakob Dylan sind die Wall­flowers zurück – und klin­gen plötz­lich nach The Clash! Und, klar, wenn sie im Text Joe Strum­mer erwäh­nen, kön­nen sie für die Gitar­re und den Gesang im Refrain gleich auch noch Mick Jones ver­pflich­ten. Und ich bin so ein­fach gestrickt, dass ich es gran­di­os fin­de!

11. Kath­le­en Edwards – Chan­ge The Sheets
Ich glau­be, wenn ich alles zusam­men­zäh­le, ist Kath­le­en Edwards mei­ne Lieb­lings­sän­ge­rin: Die­se wun­der­schö­ne Stim­me, die­se Stim­mungs­vol­len Songs und die Bil­der, die ihre Musik ent­ste­hen lässt! Und dann ist „Voy­a­ge­ur“, ihr vier­tes Album, auch noch von Jus­tin Ver­non von Bon Iver pro­du­ziert und ent­hält Songs wie „Chan­ge The Sheets“! Toll!

10. Bob Mould – The Des­cent
Gut, Bob-Mould-Alben klin­gen immer gleich und viel Abwechs­lung gibt es auch auf „Sil­ver Age“ nicht. Aber als ein­zel­ner Song kann so etwas wun­der­bar funk­tio­nie­ren und was der Ex-Sän­ger von Hüs­ker Dü und Sugar da mit 52 aus dem Ärmel schüt­telt, krie­gen man­che Musi­ker unter 30 nicht auf die Ket­te. Die For­mel „Gitar­ren­ge­schram­mel plus hym­ni­sche Chö­re“ ist natür­lich denk­bar ein­fach, kriegt mich aber fast immer.

09. Cloud Not­hings – Stay Use­l­ess
Die­ser Song ist erst ganz spät auf mei­ner Lis­te gelan­det, als Ste­phen Thomp­son ihn in der Jah­res­bes­ten­lis­ten­show von „All Songs Con­side­red“ gespielt hat und ich fest­ge­stellt habe, dass ich ihn schon das hal­be Jahr über im Frei­beu­ter gehört hat­te. Natür­lich auch denk­bar ein­fach in sei­ner Wirk­mäch­tig­keit, aber ich find’s gut, wenn ich weiß, was ich will, und das auch bekom­me.

08. Car­ly Rae Jep­sen – Call Me May­be
Ich saß in Baku im Hotel­zim­mer, guck­te rus­si­sches Musik­fern­se­hen und sah die­ses Video. Als der Song zu Ende war, zapp­te ich wei­ter und sah das Video auf dem nächs­ten Kanal direkt noch mal von vorn. „Komi­sche Rus­sen“, dach­te ich, woll­te den Song bei Face­book pos­ten und stell­te dann fest, dass ich bis­her einen inter­na­tio­na­len Hit ver­passt hat­te. „Call Me May­be“ mag mitt­ler­wei­le ein ganz klei­nes biss­chen ner­ven, aber es ist einer der bes­ten Pop­songs, der in die­sem Jahr­tau­send geschrie­ben wur­de (über die Pro­duk­ti­on kön­nen wir uns strei­ten) und „Befo­re you came into my life I missed you so bad“ eine ganz rüh­ren­de Zei­le Teen­ager-Poe­sie. Pop­kul­tur­theo­re­tisch span­nend ist natür­lich auch die Erkennt­nis, dass die ganz gro­ßen Mega­hits („Some­bo­dy That I Used To Know“, „Gang­nam Style“ und eben „Call Me May­be“) inzwi­schen immer auch mit Web­phä­no­me­nen ein­her­ge­hen oder sogar aus ihnen ent­ste­hen.

07. Kraft­klub – Songs für Liam
Noch so ein Song, den nicht mal Eins­li­ve tot­spie­len konn­te. So cle­ver wur­de Pop­kul­tur in deutsch­spra­chi­gen Song­tex­ten sel­ten ver­han­delt, so wir­kungs­voll wur­den die Black Eyed Peas und Til Schwei­ger sel­ten gedisst, so gut wur­de der Wunsch, geküsst zu wer­den, sel­ten begrün­det. Außer­dem freut man sich ja über jede jun­ge Band, die sich mal nicht von der Folk­plat­ten­samm­lung ihrer Eltern hat beein­flus­sen las­sen.

06. First Aid Kit – Emmy­lou
… womit wir bei zwei schwe­di­schen Teen­agern wären, die maß­geb­lich von der Folk­plat­ten­samm­lung ihrer Eltern beein­flusst wur­den. Ich ver­eh­re First Aid Kit, seit ich sie vor vier Jah­ren auf dem By:Larm in Oslo gese­hen habe, und war etwas ent­täuscht, dass ihr Debüt­al­bum 2010 dann ver­gleichs­wei­se egal aus­fiel. Das haben sie jetzt mit „The Lion’s Roar“ aus­ge­gli­chen, dem wun­der­vol­len Nach­fol­ger. „Emmy­lou“ wirft mit text­li­chen und musi­ka­li­schen Refe­ren­zen nur so um sich und macht klar, dass sich Johan­na und Kla­ra Söder­berg so inten­siv mit der Mate­rie beschäf­tigt haben, dass sie statt die­ses Songs auch eine Habi­li­ta­ti­ons­schrift hät­ten anfer­ti­gen kön­nen. Die wäre aller­dings kaum so schön gewor­den.

05. kett­car – Ret­tung
Damit wäre jetzt auch nicht mehr zwin­gend zu rech­nen gewe­sen, dass kett­car zehn Jah­re nach ihrem gran­dio­sen Debüt­al­bum noch mal das bes­te Lie­bes­lied ver­öf­fent­li­chen wür­den, das je geschrie­ben wur­de. Doch, wirk­lich: Das muss man auch erst mal brin­gen, die besof­fen kot­zen­de Freun­din zu besin­gen und mit „Guten Mor­gen, Lie­be mei­nes Lebens“ zu schlie­ßen. „Lie­be ist das was man tut“, lehrt uns Mar­cus Wie­busch hier ganz prak­tisch. Und musi­ka­lisch ist das auch eine der bes­ten kett­car-Num­mern.

04. Mack­lem­ore & Ryan Lewis – Thrift Shop
Wenn 2012 nicht aus­ge­rech­net das ers­te Ben-Folds-Five-Album seit 13 Jah­ren erschie­nen und auch noch wahn­sin­nig gut aus­ge­fal­len wäre, wäre „The Heist“ von Mack­lem­ore & Ryan Lewis mein Album des Jah­res gewor­den. Auf der einen Sei­te gibt es dort unglaub­lich anrüh­ren­de Songs wie „Same Love“ und „Wing$“, auf der ande­ren so einen fun­keln­den Wahn­sinn wie „Thrift Shop“, der eigent­lich nie­man­den kalt las­sen kann. Unbe­dingt auch das Video anse­hen!

03. Japan­dro­ids – Fire’s High­way
Wie Sie gleich sehen wer­den, gab es 2012 für mich drei gro­ße Strö­mun­gen: Melan­cho­li­sche Kla­vier­bal­la­den, Hip­hop und Gara­gen­rock­bret­ter. Hier der best­plat­zier­te Ver­tre­ter der letzt­ge­nann­ten Kate­go­rie. „Cele­bra­ti­on Rock“ ist, wie Ste­phen Thomp­son bei „All Songs Con­side­red“ rich­tig bemerkt hat, das viel­leicht am pas­sends­ten beti­tel­te Album der Musik­ge­schich­te: Acht Songs in 35 Minu­ten, ein durch­ge­tre­te­nes Gas­pe­dal und Freu­de am eige­nen Lärm. In allen ande­ren Bes­ten­lis­ten taucht „The House That Hea­ven Built“ auf, bei mir eben „Fire’s High­way“. Gitar­ren­ge­schram­mel plus hym­ni­sche Chö­re, Sie ken­nen das Prin­zip.

02. Ben Folds Five – Away When You Were Here
Ich will ganz ehr­lich sein: Ich hat­te nicht damit gerech­net, dass „The Sound Of The Life Of The Mind“ über­haupt ein gutes Album wer­den wür­de. 13 Jah­re War­ten waren ein­fach zu viel. Dass es letzt­lich ein sehr gutes Album gewor­den ist, liegt an Songs wie „Away When You Were Here“: Die Melo­die klingt schon beim ers­ten Hören, als ken­ne man das Lied seit sei­ner Kind­heit, und dass Ben Folds ein Lied an einen ver­stor­be­nen Vater singt, wäh­rend sein eige­ner Vater noch leben­dig und bei bes­ter Gesund­heit ist, unter­mau­ert sei­ne Song­wri­ter-Qua­li­tä­ten. Jeder Depp kann besin­gen, was er fühlt oder sieht, aber mit fik­ti­ven Geschich­ten der­art zu Her­zen zu rüh­ren, das kön­nen nur weni­ge. Ben Folds kann es, natür­lich.

01. Rae Mor­ris – Don’t Go
Ich habe nicht vie­le TV-Seri­en kom­plett gese­hen. Wenn ich es dann doch aus­nahms­wei­se mal tue, sind die Abschluss­lie­der gleich mit beson­de­rer Bedeu­tung auf­ge­la­den. Das war mit Peter Gabri­els „The Book Of Love“ am Ende von „Scrubs“ so (die Unzu­mut­bar­kei­ten der neu­en Fol­gen ver­schwei­gen wir ein­fach) und so war es auch mit „Don’t Go“ am Ende von „Skins“. Dass auch die­se Serie jetzt noch einen Appen­dix bekommt (der hoffentlich/​mutmaßlich nicht so schlimm wird wie der von „Scrubs“), kön­nen wir an die­ser Stel­le getrost unter­schla­gen, so berüh­rend und emo­tio­nal ver­dich­tet ist die Mon­ta­ge zu die­sem Lied, das ich seit­dem rauf und run­ter gehört habe – obwohl das zunächst gar nicht so ein­fach war. Ein schlich­tes Lied einer jun­gen Singer/​Songwriterin aus Eng­land, aber auch ein sehr schö­nes.

Jetzt nach­hö­ren: Mei­ne Top 25 bei Spo­ti­fy.

Und weil ich hier eh schon so viel über die Alben geschrie­ben habe, gibt’s deren Bes­ten­lis­te dies­mal unkom­men­tiert.

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Musik

Songs des Jahres 2011

Bevor 2012 rich­tig Fahrt auf­nimmt oder ich mei­ne Lis­te kom­plett ver­wor­fen habe, hier noch schnell mei­ne Songs des Jah­res 2011 (die Alben gibt’s hier):

25. Andre­as Bou­ra­ni – Nur in mei­nem Kopf
Na, da über­rasch ich mich doch mal selbst und fang mit einem deutsch­spra­chi­gen Singer/​Songwriter an! „Nur in mei­nem Kopf“ hab ich geliebt, als ich es das ers­te Mal im Radio gehört habe, und auch mas­si­ve Rota­tio­nen konn­ten dem Lied nicht viel anha­ben. Es wirkt aber zuge­ge­be­ner­ma­ßen auch wie für mich am Reiß­brett ent­wor­fen: Pia­no­in­tro, Four-To-The-Flo­or-Beat, galop­pie­ren­de Beats, gera­de so viel U2-Anlei­hen, wie ich ertra­ge, und dann noch die groß­ar­ti­ge Zei­le von wegen „alles kaputt­hau­en“. Schö­ne Stim­me übri­gens und sehr schö­nes Video, auch!

24. Death Cab For Cutie – You Are A Tou­rist
„Codes And Keys“, das letzt­jäh­ri­ge Album von Death Cab For Cutie, hat mich nie so rich­tig packen kön­nen. Kein schlech­tes Album, gewiss, aber die Band hat­te schon bes­se­re und mein Indie-Müdig­keit macht sich ein­mal mehr bemerk­bar. Die spek­ta­ku­lärs­te Mel­dung im Bezug auf die Band im ver­gan­ge­nen Jahr war die Nach­richt, dass sich Sän­ger Ben Gib­bard und Zooey Descha­nel schei­den las­sen (und ich mich nicht ent­schei­den kann, wen von bei­den ich lie­ber hei­ra­ten wür­de). ANYWAY: „You Are A Tou­rist“ ist ein schö­ner Song mit einem sehr span­nen­den Groo­ve, der auf der Tanz­flä­che noch bedeu­tend mit­rei­ßen­der ist, als vor dem hei­mi­schen Plat­ten­spie­ler.

23. Lady GaGa – The Edge Of Glo­ry
Wenn man in ein‑, zwei­hun­dert Jah­ren ein Buch über die Geschich­te des Pop schrei­ben wird, wird man an Lady Gaga nicht vor­bei­kom­men. Die Frau schafft es meis­ter­haft, sowohl den intel­lek­tu­el­len Hin­ter­grund des Begriffs „Pop“ aus­zu­fül­len, als auch Songs am Fließ­band raus­zu­hau­en, die genau das sind: Pop. Wenn „Spex“-Leser und Schüt­zen­fest­be­su­cher zur glei­chen Musik tan­zen kön­nen, ist das eine Leis­tung, die zumin­dest die Nomi­nie­rung für den Frie­dens­no­bel­preis nach sich zie­hen soll­te. Wei­te­res Argu­ment für „The Edge Of Glo­ry“: Es ist die letz­te ver­öf­fent­lich­te Auf­nah­me von E‑S­treet-Band-Saxo­pho­nist Cla­rence Cle­mons vor des­sen Tod. Gera­de noch recht­zei­tig, damit eine ganz neue Gene­ra­ti­on von Musik­fans den „Big Man“ ins Herz schlie­ßen konn­te.

22. James Bla­ke – The Wil­helm Scream
„Songs“ sind die wenigs­ten Tracks auf James Blakes phan­tas­ti­schem Debüt­al­bum, Radio-Sin­gles gibt es eigent­lich kei­ne. Aber wenn über­haupt, dann ist „The Wil­helm Scream“ das pop­pigs­te und zugäng­lichs­te Stück. Am aus­schließ­lich in musik­jour­na­lis­ti­schen Tex­ten ver­wen­de­ten Verb „plu­ckern“ führt kaum ein Weg vor­bei, aber es dröhnt, rauscht, zirpt und echot auch ganz gewal­tig unter und über Blakes Fal­sett­ge­sang. Musik wie ein ver­stö­ren­der, aber doch sehr erhol­sa­mer Traum.

21. Jupi­ter Jones – Still
Das Ein­mal-zu-oft-gehört-Phä­no­men im neu­en Gewand: Wenn „Still“ im Radio anfängt, bin ich ein biss­chen genervt. Wenn ich den Song sel­ber auf­le­ge ist es aber immer noch wie im ers­ten Moment: Wow! Allein die­se Bass­li­ne, die glei­cher­ma­ßen Schlag in die Magen­gru­be wie Schul­ter­klop­fen ist! Jupi­ter Jones hat­ten viel­leicht schon bes­se­re, wüten­de­re oder ver­zwei­fel­te­re Tren­nungs­lie­der, aber „Still“ ist auf sei­ne Art schon sehr beson­ders – und beson­ders wahr. Die schöns­te Ver­si­on ist natür­lich die mit Ina Mül­ler.

20. Rihan­na feat. Cal­vin Har­ris – We Found Love
Für Rihan­na gilt ähn­li­ches wie das, was ich gera­de über Lady GaGa geschrie­ben habe. Sie arbei­tet zwar nicht so aktiv selbst an ihrem Gesamt­kunst­werk mit, aber sie ist einer der bestim­men­den Super­stars unse­rer Zeit. Allein die Lis­te ihrer Kol­la­bo­ra­tio­nen deckt die gegen­wär­ti­ge Pop­mu­sik sehr gut ab: Jay‑Z, Kanye West, David Guet­ta, Emi­nem, will.i.am, Jus­tin Tim­ber­la­ke, Ne-Yo und Cold­play ste­hen da zum Bei­spiel drauf. Dies­mal also mit Cal­vin Har­ris, der ein House-Feu­er­werk abbrennt, wäh­rend Rihan­na einen Song von erha­be­ner Schön­heit singt. Ja: „We Found Love“ ist nicht nur cool/​geil/​whatever, son­dern auch schön und soll­te jedem ein­sa­men Men­schen „in a hope­l­ess place“ zwi­schen Dins­la­ken und Bit­ter­feld Hoff­nung machen.

19. Noah And The Wha­le – Tonight’s The Kind Of Night
„Last Night On Earth“, das aktu­el­le Album von Noah And The Wha­le, hat­te ich schon bei den Alben gelobt. „Tonight’s The Kind Of Night“ ist ein per­fek­tes Bei­spiel für die­sen Tech­ni­co­lor-Pop mit sei­nen trei­ben­den Rhyth­men und eupho­ri­sie­ren­den Chö­ren. Und sagt man sich nicht jeden Abend „Tonight’s the kind of night whe­re ever­y­thing could chan­ge“? Eben! Muss ja nicht, aber könn­te!

18. Fos­ter The Peo­p­le – Pum­ped Up Kicks
Ein­mal Indiepop-Som­mer­hit zum Mit­neh­men, bit­te! „Pum­ped Up Kicks“ hat einen schlich­ten Sog, dem man sich nur schwer ent­zie­hen kann. Der Song lief merk­wür­di­ger­wei­se nie in der Wer­bung eines Mobil­funk­an­bie­ters (was eigent­lich sein natür­li­cher Lebens­raum gewe­sen wäre), hat eine Sai­son län­ger zum Hit gebraucht als ange­nom­men und hat dar­über hin­aus noch einen mil­de gewalt­ver­herr­li­chen­den Text, der dem ame­ri­ka­ni­schen MTV zu viel war – aber davon ab ist es auch ein­fach ein sehr schö­ner Song.

17. Jack’s Man­ne­quin – My Racing Thoughts
Hat­te ich schon mal erwähnt, dass kei­ne Band in den letz­ten fünf Jah­ren eine so gro­ße Bedeu­tung für mich hat­te wie Jack’s Man­ne­quin? Gut. So rich­tig genau kann ich näm­lich auch nicht erklä­ren, war­um mir „My Racing Thoughts“ so gut gefällt, beim ers­ten Hören fand ich es näm­lich regel­recht chee­sy. Jetzt aber mag ich es, weil es ein harm­lo­ser, erbau­li­cher Pop­song ist. Und die­ser „she can read my, she can read my“-Part ist toll!

16. Rival Schools – Wring It Out
Nein, ein zwei­tes „Used For Glue“ ist auf dem zwei­ten Rival-Schools-Album nicht ent­hal­ten. Aber fast. „I wan­na wring it out /​ Every oun­ce /​ I wan­na do the right thing, when the right thing counts“ sind doch genau die Zei­len, die man zum Beginn eines Jah­res hören möch­te. Und dann ein­fach rein ins Leben, die rich­ti­gen Din­ge tun, die fal­schen Din­ge tun, aber in jedem Fall jede Unze raus­quet­schen. Was für eine Hym­ne!

15. Mari­ti­me – Parapher­na­lia
Das vier­te Mari­ti­me-Album „Human Hearts“ ist irgend­wie kom­plett an mir vor­bei­ge­gan­gen, aber die Vor­ab-Sin­gle, die hat mich das gan­ze Jahr über beglei­tet. Indie­rock, der nicht nervt, weil er nicht ach so cool sein will, son­dern beschwingt unter­hält. So ein­fach ist das manch­mal.

14. Ade­le – Rol­ling In The Deep
Die Geschich­te mit der Echo-Ver­lei­hung hab ich ja blö­der­wei­se schon bei den Alben erzählt. Muss ich mir jetzt was neu­es aus­den­ken? Ach was! Gro­ßer Song, bleibt groß! Punkt.

13. Exam­p­le – Stay Awa­ke
Auf „Play­ing In The Shadows“ sind fünf, sechs Songs, die alle in die­ser Lis­te hät­ten auf­tau­chen kön­nen. „Stay Awa­ke“ ist es letzt­lich gewor­den, weil die stamp­fen­den House-Ele­men­te (man­che wür­den auch sagen: „die Kir­mes-Ele­men­te“) sonst ein wenig unter­re­prä­sen­tiert gewe­sen wären. Und dann die­ser Refrain: „If we don’t kill our­sel­ves we’ll be the lea­ders of a mes­sed-up gene­ra­ti­on /​ If we don’t kid our­sel­ves will they belie­ve us if we tell them the reasons why“ und der Kon­trast zwi­schen dem Four-To-The-Flo­or-Refrain und den zit­tern­den Dub­step-Stro­phen! Hach, jetzt ’n Auto­scoo­ter …

12. The Naked And Famous – Young Blood
Viel­leicht hab ich mich ver­tan und es war gar nicht „Pum­ped Up Kicks“ der Indiepop-Som­mer­hit, son­dern „Young Blood“. Immer­hin war der Song Jing­le-Musik bei Viva und WDR 2 (!) und lief in gefühlt jeder TV-Sen­dung. Egal, sie können’s ja auch bei­de gewe­sen sein, wobei „Young Blood“ ganz klar über­dreh­ter und char­man­ter und … äh: lau­ter ist. Wegen maxi­ma­ler Pene­tra­ti­on kurz vor ner­vig, aber eben nur vor.

11. Twin Atlan­tic – Make A Beast Of Mys­elf
Die­ser Break nach zwei Sekun­den! Die­ses Brett von Gitar­ren­ge­schram­mel! Die­se ent­spannt vor sich hin groo­ven­den Stro­phen, die sich in die­sen Orkan von Refrain ent­la­den! Und, vor allem: Die­ser nied­li­che schot­ti­sche Akzent, vor allem beim Wort „uni­ver­se“! Mein Punk­rock-Song des Jah­res!

10. Patrick Wolf – The City
Die­ser Song hät­te unter Umstän­den der bri­ti­sche Bei­trag zum Euro­vi­si­on Song Con­test sein kön­nen – und wäre damit einer der bes­ten in der Geschich­te des Wett­be­werbs gewe­sen. Nun ist es „nur“ ein dezent über­dreh­ter Indiepop-Song mit Hand­claps, Saxo­phon, ver­zerr­ten Stim­men und hyp­no­ti­schen Beats.

9. Cold­play – Every Teardrop Is A Water­fall
Sie haben’s schon bemerkt: Wir sind in dem Teil der Lis­te ange­kom­men, wo ich die vor­geb­lich ratio­na­len Argu­men­te weg­ge­packt habe und mehr mit hilf­lo­sen Emo­tio­na­li­tä­ten und „Hach„s um mich wer­fe. Hier toll: Das absur­de Sam­ple, die Rhyth­mus­gi­tar­re, die Lead­gi­tar­re, die gran­dio­se Schlag­zeug­ar­beit von Will Cham­pi­on, der Text und der Moment nach drei Minu­ten, wenn sich alles auf­ein­an­der türmt. Hüp­fen! Tan­zen! Hach!

8. Jona­than Jere­mi­ah – Hap­pi­ness
Mein Jahr 2011 lässt sich in zwei Tei­le tei­len: den vor Jona­than Jere­mi­ah und den danach. Mit „Hap­pi­ness“ fühlt sich mein Leben an wie eine bri­ti­sche Komö­die mit Hugh Grant. I’m going home whe­re my peo­p­le live.

7. Ima­gi­na­ry Cities – Hum­ming­bird
Der Wea­k­erthans-Live­gi­tar­rist Rus­ty Matyas hat mit Sän­ge­rin Mar­ti Sar­bit die Band Ima­gi­na­ry Cities gegrün­det, deren Debüt­al­bum „Tem­po­ra­ry Resi­dent“ im letz­ten Jahr auf Grand Hotel van Cleef erschie­nen ist. So viel zur Theo­rie. Die Pra­xis … ach, hören Sie ein­fach selbst! Was für ein Song!

6. Cold War Kids – Final­ly Begin
Frü­her, als ich noch mit dem Fahr­rad durch die Stadt mei­ner Jugend gefah­ren bin, hab ich manch­mal auf dem Heim­weg die Arme aus­ge­brei­tet, die Augen zuge­macht und bin zur Musik aus mei­nem Walk­man qua­si durch die Nacht geflo­gen. Glück­li­cher­wei­se nie auf die Fres­se, aber das ist schon recht gefähr­lich, Kin­der. Jeden­falls: „Final­ly Begin“ wäre ein Song für genau sol­che Flug­ma­nö­ver. Die­se Gitar­ren! Die­se Har­mo­nien, die offen­bar direkt die Endor­phin­aus­schüt­tung im Hirn anwer­fen kön­nen! Und die­ser Text über über­wun­de­ne Bin­dungs­angst! Für eine Nacht noch mal 16 sein in Dins­la­ken, bit­te!

5. The Moun­tain Goats – Never Quite Free
Wie gesagt: „Never Quite Free“ wur­de Anfang Dezem­ber inner­halb von 48 Stun­den zu einem der meist gehör­ten Songs des Jah­res. Wer braucht schon das Stro­phe/­Re­frain-Sche­ma? Wenn ich Ihre Auf­merk­sam­keit auf die­se Stel­le nach ziem­lich exakt zwei Minu­ten len­ken darf, wo das Schlag­zeug rich­tig los­schep­pert und der Schel­len­kranz ein­setzt: für sol­che Momen­te wird Musik gemacht und für sol­che Momen­te höre ich Musik.

4. The Pains Of Being Pure At Heart – Heart In Your Heart­break
Gera­de beim Tip­pen fest­ge­stellt: Wenn man für jedes „heart“ in Band­na­men und Song­ti­tel einen Schnaps trin­ken wür­de, wäre das ein schö­ner Start in den Abend. Schö­ner wür­de der natür­lich, wenn der Song auch lie­fe, denn es ist ein herr­li­cher Song, der übri­gens auch in der (ansons­ten etwas freud­lo­sen) fünf­ten Staf­fel von „Skins“ zu hören war. (Radio-)DJs has­sen die beun­ru­hi­gend lan­ge Pau­se nach 2:42 Minu­ten, aber ansons­ten kann man die­sen Song natür­lich nur lie­ben.

3. Ed Sheeran – The A Team
„+“, das groß­ar­ti­ge Debüt-Album von Ed Sheeran, das Sie bald auch in Deutsch­land kau­fen kön­nen (und soll­ten!), habe ich mir im Sep­tem­ber im Schott­land-Urlaub gekauft, weil Plat­ten­fir­ma und HMV mich mit ihrer Plat­zie­rungs­po­li­tik gera­de­zu gewalt­sam dazu gedrängt haben. Auf dem Weg zum Flug­ha­fen habe ich es zum ers­ten Mal gehört und ich war nicht direkt ver­zau­bert, was aber auch an dem schot­ti­schen Land­re­gen gele­gen haben mag, mit dem ich auf mei­nem Fuß­marsch noch zu kämp­fen hat­te. Beim zwei­ten Mal jedoch: Was für ein Album! Und was für ein Ope­ner! Zärt­lich, ohne wei­ner­lich zu sein! Schmu­sig, ohne zu lang­wei­len. Ver­glei­che mit deut­schen Singer/​Songwritern ver­bie­ten sich, aber viel­leicht kommt ja auch mal ein Ed-Sheeran-Äqui­va­lent daher.

2. Bon Iver – Cal­ga­ry
Zuge­ge­ben: Das war beim ers­ten Hören schon etwas ver­wir­rend mit die­sen gan­zen Key­board­flä­chen. Aber nur kurz! Jus­tin Ver­non könn­te auch das Tele­fon­buch von Mil­wau­kee sin­gen (und manch­mal habe ich ehr­lich gesagt den Ver­dacht, er wür­de es zwi­schen­durch zumin­dest mal ver­su­chen) und ich wür­de immer noch eine Gän­se­haut bekom­men.

1. Bright Eyes – Shell Games
Anfang April schrieb ich, dass der Pop­song des Jah­res, wenn in den ver­blei­ben­den neun Mona­ten nicht noch ein Wun­der gesche­he, „Shell Games“ sein wür­de, und ich soll­te Recht behal­ten. Es wirkt ein biss­chen, als habe sich Conor Oberst die Pop-Blau­pau­se eines Gregg Alex­an­der vor­ge­nom­men und nur noch ein paar per­sön­li­che Son­der­hei­ten rein­ge­wor­fen. Zur Bil­der-des-Jah­res-Mon­ta­ge in mei­nem Kopf läuft die­ser Song, der auch das Lied­zi­tat 2011 bereit hält: „My pri­va­te life is an insi­de joke /​ No one will explain it to me“.

Hin­weis: Bit­te beach­ten Sie auch dies­mal beim Kom­men­tie­ren wie­der die Regeln.

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Alben des Jahres 2011

Schnell auf „Pau­se“ gedrückt, noch ein­mal kurz zurück­ge­guckt und dann beschlos­sen, dass ich jetzt die defi­ni­ti­ve Lis­te mei­ner Lieb­lings­al­ben 2011 (Stand: 23. Dezem­ber, 13.59.42 Uhr) habe. Die Plät­ze 25 bis 8 sind heiß umkämpft und könn­ten auch eine ganz ande­re Rei­hen­fol­ge haben, die Plät­ze 5 bis 2 auch.

Aber jetzt ist es halt so:

25. Rival Schools – Pedals
Gera­de als der Ein­druck ent­stand, dass Wal­ter Schrei­fels end­gül­tig den Über­blick ver­lie­ren könn­te über all sei­ne Bands und Pro­jek­te, besann sich das Hard­core-Urge­stein auf sei­ne Band Rival Schools, mit der er vor immer­hin zehn Jah­ren mal ein Album auf­ge­nom­men hat­te. „Pedals“ reicht nicht an „United By Fate“ her­an, ist aber ein erfri­schend leben­di­ges Rock­al­bum für Men­schen, die sich unter „Rock“ dann doch noch etwas ande­res vor­stel­len als Nickel­back oder Sun­ri­se Ave­nue.

24. Foo Figh­ters – Was­ting Light
Leu­te, irgend­was stimmt da nicht: Dave Grohl ist (wie Wal­ter Schrei­fels auch) 42 Jah­re alt, was im Rock­busi­ness frü­her mal 90 Jah­ren im Schla­ger­ge­schäft ent­sprach. Und doch müs­sen die­se ver­dien­ten „alten“ Her­ren der Jugend zei­gen, wie man ordent­li­che Rock­mu­sik macht? Den Foo Figh­ters kann man jeden­falls nichts vor­wer­fen, außer, dass sie sich ein biss­chen aufs busi­ness as usu­al ver­legt haben. Aber dann hau­en die so Din­ger wie „Rope“, „White Limo“ und ganz am Ende „Walk“ raus und der Nach­wuchs steht irgend­wo in der Gegend rum und guckt betre­ten zu Boden. Das ist ja, als ob man sich in der ers­ten eige­nen Woh­nung von den Eltern die Ikea-Rega­le auf­bau­en las­sen muss!

23. Oh, Napo­le­on – Year­book
Was habe ich auf die­ses Album gewar­tet! Vor zwei Jah­ren. Doch bis Uni­ver­sal das Debüt end­lich auf den Markt gebracht hat­te, war der Span­nungs­bo­gen in sich zusam­men­ge­fal­len, und dann waren die bes­ten Songs aus­ge­rech­net die, die schon vor zwei Jah­ren auf der selbst­be­ti­tel­ten EP ent­hal­ten waren. Doch von die­sen (klei­nen) Ent­täu­schun­gen ab ist „Year­book“ ein wun­der­ba­res Pop­al­bum gewor­den. „To Have /​ To Lose“ und „A Book Ending“ haben nichts von ihrer erha­be­nen Schön­heit ein­ge­büßt und mit „Save Me“, „I Don’t Mind“ oder „Pick Some Roses“ sind auch genug Per­len unter den „neu­en“ Songs (die die Band seit Jah­ren live spielt). Deutsch­lands bes­te Nach­wuchs­bands kom­men halt nach wie vor vom Nie­der­rhein, aber eine Fra­ge hät­te ich noch: War­um läuft so schö­ne Musik nicht im Radio?

22. The Wom­bats – This Modern Glitch
„Tokyo (Vam­pi­res & Wol­ves)“, die (Weit-)Vorab-Single zum Zweit­werk der Wom­bats, war eine ver­dammt gro­ße Ansa­ge und mein Song des Jah­res 2010. „This Modern Glitch“ löst das Ver­spre­chen der Sin­gle weit­ge­hend ein: Cle­ve­rer Indie­rock mit viel Gele­gen­heit zum Mit­sin­gen und ‑tan­zen, der sich dank aus­ufern­dem Syn­thie-Ein­satz vom schlich­ten Jungs-mit-wil­den-Haa­ren-schau­keln-ihre-Gitar­ren-im-Ach­tel­takt-Gedöns abhebt.

21. The Decem­be­rists – The King Is Dead
Autos, die auf end­lo­sen stau­bi­gen ame­ri­ka­ni­schen High­ways Rich­tung Son­nen­un­ter­gang brau­sen. Jetzt haben Sie zumin­dest ein Bild von den Bil­dern, die „The King Is Dead“ in mir beim Hören aus­löst. Recht coun­try­las­tig ist es gewor­den, das sechs­te Album der Band um Colin Meloy, aber fern­ab des schreck­li­chen Kom­merz-Radio-Coun­try und fern­ab von Truck Stop. Wenn Sie mich jetzt ent­schul­di­gen, ich geh grad mei­nen LKW-Füh­rer­schein machen.

20. Yuck – Yuck
Die Neun­zi­ger sind zurück und mit ihnen die Shoe­ga­ze-Bands mit unschein­ba­ren Front­män­nern und Jeans­hem­den. „Yuck“ ent­hält zwölf char­man­te Pop­songs, die sich ein biss­chen hin­ter ver­zerr­ten Gitar­ren ver­ste­cken, und sich des­halb viel­leicht nicht immer sofort ent­fal­ten.

19. Fink – Per­fect Dark­ness
Ich habe nie eine Lis­te im Kopf gehabt, was wohl die bes­ten Kon­zer­te gewe­sen sein könn­ten, die ich in mei­nem Leben besucht habe. Dann habe ich Fink im Okto­ber in der Bochu­mer Zeche gese­hen und war mir sicher, dass er es gera­de min­des­tens in die bis­her nicht vor­han­de­ne Top 5 geschafft hat­te. Was für ein kla­rer Sound, was für gran­dio­se Songs, wie per­fekt dar­ge­bo­ten von Fin Green­all und sei­ner Band. Ich habe „Per­fect Dark­ness“ viel zu sel­ten gehört, weil es mir von der Stim­mung her meis­tens nicht pass­te, aber es ist ein sehr, sehr gutes Album, so viel ist klar.

18. Jack’s Man­ne­quin – Peo­p­le And Things
„The Glass Pas­sen­ger“, das zwei­te Album von Jack’s Man­ne­quin, war für mich per­sön­lich das wich­tigs­te Album der letz­ten fünf Jah­re, viel­leicht habe ich in mei­nem gan­zen Leben kein Album so oft gehört wie die­ses. Der Nach­fol­ger muss­te also gegen schier über­mensch­li­che Erwar­tun­gen ankämp­fen und konn­te nur ver­lie­ren. Tat­säch­lich waren die ers­ten fünf, sechs Durch­gän­ge eine Ent­täu­schung, ich war schon kurz davor, „Peo­p­le And Things“ ein­fach im Regal ver­schwin­den zu las­sen. Aber so lang­sam habe ich mich dann doch in die Songs rein­ge­hört. Sie sind zwar ins­ge­samt schon arg glatt gera­ten, aber ich kann Andrew McMa­hon ein­fach nicht wider­ste­hen, wenn er von den Her­aus­for­de­run­gen und Rück­schlä­gen des Lebens singt, die es zu meis­tern und zu über­win­den gilt. Das kann man alles ganz, ganz schreck­lich fin­den, aber ich fin­de es wun­der­bar.

17. Delay Trees – Delay Trees
„Kun­den, denen Band Of Hor­ses gefiel, kauf­ten auch Delay Trees“. Steht da merk­wür­di­ger­wei­se nicht, wür­de aber stim­men. Ich ken­ne das Debüt der fin­ni­schen Indie­band erst seit weni­gen Wochen, des­we­gen bin ich womög­lich ein biss­chen zu vor­sich­tig mit mei­nem Lob, aber allein der Ope­ner „Gold“ ist mit sei­ner ste­ti­gen Stei­ge­rung ein wah­res Meis­ter­werk. Die­se Mischung aus Melan­cho­lie und Eupho­rie hält an und lässt das gan­ze Album klin­gen wie den Sound­track zu dem Moment, in dem man sich nach einer durch­fei­er­ten Nacht und nach Son­nen­auf­gang ins Bett fal­len lässt.

16. Cold War Kids – Mine Is Yours
Manch­mal ist die Musik­welt schon rät­sel­haft: Wäh­rend die Kings Of Leon inzwi­schen rie­si­ge Are­nen fül­len, tre­ten die Cold War Kids nach wie vor in klei­nen Clubs auf. Dafür haben sie kei­nen Song über sexu­ell über­trag­ba­re Krank­hei­ten, der dank Dau­er­pe­ne­tra­ti­on in Clubs, Radi­os und Fuß­ball­sta­di­en inzwi­schen unhör­bar gewor­den ist, son­dern leicht ange­schmutz­te Rock­hym­nen wie den Titel­song oder „Lou­der Than Ever“.

15. R.E.M. – Col­lap­se Into Now
Das war es dann also, das letz­te Album die­ser leben­den Legen­den aus Athens, GA. Und alle kamen noch mal vor­bei, um ihre Auf­war­tung zu machen: Pat­ti Smith und Len­ny Kaye, Eddie Ved­der, Pea­ches und Joel Gibb von den Hid­den Came­ras. Es war ein wür­de­vol­ler Abschied, der nur einen Nach­teil hat­te: „Col­lap­se Into Now“ war bereits das fünf­zehn­te Album einer Band, die so vie­le Klas­si­ker geschaf­fen hat­te, dass jeder neue Song ein biss­chen sinn­los und unnö­tig wirk­te. Aber, mein Gott: Das ist Jam­mern auf aller­höchs­tem Niveau.

14. Jupi­ter Jones – Jupi­ter Jones
Kei­ner Band der Welt hab ich ihren spä­ten Erfolg so sehr gegönnt wie Jupi­ter Jones: Jah­re­lang hat sich die Trup­pe den Arsch abge­spielt, jetzt dür­fen sie end­lich den Lohn der Arbeit ein­fah­ren. Dass nach „Still“, im Früh­jahr die meist­ge­spiel­te deutsch­spra­chi­ge Sin­gle im Radio, jetzt auch Revol­ver­held-Hörer zu Hun­der­ten in die Kon­zer­te strö­men, ist völ­lig okay: Ers­tens ist das ein­fach ein groß­ar­ti­ger Song und zwei­tens ent­schä­digt die Fas­sungs­lo­sig­keit, die sich ein­stellt, wenn Jupi­ter Jones Songs aus ihrem Punk-Früh­werk aus­pa­cken, für alles. Den höhe­ren Preis eines erfolg­rei­chen Major-Acts muss die Band im Janu­ar zah­len, wenn „Jupi­ter Jones“ als „Delu­xe Edi­ti­on“ erneut auf den Markt geschmis­sen wird.

13. Dra­ke – Take Care
Es ist ein biss­chen trau­rig, dass in Rezen­sio­nen immer wie­der dar­auf hin­ge­wie­sen wer­den muss, dass es auch intel­li­gen­ten Hip-Hop gibt – zumal das dann gleich an den lang­wei­li­gen deut­schen „Stu­den­ten­rap“ erin­nert. Las­sen Sie es mich also so sagen: „Take Care“ ist ein sehr lan­ges, sehr zurück­ge­lehn­tes Album, das so unge­fähr das Gegen­teil von all dem Protz- und Blingbling-Rap dar­stellt, den man sonst (mut­maß­lich) im Musik­fern­se­hen sieht. Wenn Dra­ke über „bit­ches“ und sex („four times this week“) rappt, dann selbst­re­fle­xiv und ‑kri­tisch. Das Album ist ein acht­zig­mi­nü­ti­ger Emo-Kater, nach dem man alles wer­den möch­te, nur nicht erfolg­rei­cher Rap­per. Ande­rer­seits: Wenn dabei so gran­dio­se Musik her­um­kommt …

12. The Low Anthem – Smart Fle­sh
Beim Hald­ern 2010 stand ich mit offe­nem Mund im Spie­gel­zelt und konn­te mich nicht ent­schei­den, ob ich jetzt Gän­se­haut krie­gen, los­heu­len oder vor lau­ter Schön­heit ein­fach tot umfal­len soll­te. 2011 spiel­ten The Low Anthem dann auf der gro­ßen Büh­ne, aber das Publi­kum war fast stil­ler als im letz­ten Jahr. Was für ein berüh­ren­des, groß­ar­ti­ges Folk-Album!

11. The Moun­tain Goats – All Eter­nals Deck
Über Jah­re waren die Moun­tain Goats immer nur via Rock­ma­ga­zin-Sam­pler am Ran­de mei­ner Wahr­neh­mung auf­ge­taucht, bis mir eine Freun­din die­ses Jahr (genau genom­men: vor zwei Wochen) „Never Quite Free“ vor­spiel­te. Nach­dem ich den Song etwa zwei Dut­zend Mal auf You­Tube gehört hat­te, woll­te ich mehr und „All Eter­nals Deck“ hält viel davon bereit: Vom hin­ge­rotz­ten „Estate Sale Sign“ bis zu dunk­len Bal­la­den wie „The Age Of Kings“. Und natür­lich immer wie­der „Never Quite Free“.

10. Ade­le – 21
Über Wochen hat­te ich „Rol­ling In The Deep“ im Radio gehört und für „ganz gut“ befun­den, dann stand ich wäh­rend der Pro­ben zur Echo-Ver­lei­hung irgend­wo hin­ter der Büh­ne, guck­te auf einen der Kon­troll­mo­ni­to­re und dach­te „Wow!“ Trotz­dem brauch­te es noch acht Mona­te und gefühl­te zwan­zig Sin­gle­aus­kopp­lun­gen, bis ich mir „21“ end­lich gekauft habe. Was für ein tol­les Album das ist und wie unka­putt­bar die Songs selbst bei maxi­ma­ler Radio­ro­ta­ti­on sind! Mit Unter­stüt­zung von unter ande­rem Rick Rubin und Dan Wil­son (Semiso­nic) hat Frau Adkins hier ein Album geschaf­fen, das sicher in eini­gen Jah­ren als Klas­si­ker gel­ten wird. Und wer „Someone Like You“ unge­rührt über­steht, soll­te viel­leicht mal beim Arzt fest­stel­len las­sen, ob er nicht viel­leicht einen Eis­klotz im Brust­korb spa­zie­ren trägt.

9. Noah And The Wha­le – Last Night On Earth
Noah And The Wha­le waren für mich so eine typi­sche Hald­ern-Band: Hun­dert­mal auf Pla­ka­ten und im Pro­gramm­heft gele­sen, aber nie bewusst gese­hen. Dann habe ich „L.I.F.E.G.O.E.S.O.N.“ gehört, die­ses eben­so dreis­te wie gelun­ge­ne Bei­na­he-Kinks-Cover. Und was soll ich sagen? Auch das Album lohnt sich: Makel­lo­ser Indiepop mit schö­nen Melo­dien und durch­dach­ten Arran­ge­ments, der irgend­wie direkt in die Eupho­rie­steue­rung mei­nes Gehirns ein­greift.

8. Exam­p­le – Play­ing In The Shadows
Hip-Hop, House, Grime, Dub­step, Indie – alles, was heut­zu­ta­ge mehr oder weni­ger ange­sagt ist, ist in der Musik von Elli­ot Glea­ve ali­as Exam­p­le ent­hal­ten. Vom stamp­fen­den „Chan­ged The Way You Kissed Me“, das jedem Auto­scoo­ter gut zu Gesicht stün­de, über das fast brit­pop­pi­ge „Micro­pho­ne“ bis hin zum dra­ma­ti­schen „Lying To Yours­elf“: Exam­p­le rappt und singt sich durch die ver­schie­dens­ten Sti­le und schafft damit ein abwechs­lungs­rei­ches, aber in sich völ­lig schlüs­si­ges Album, das irgend­wie all das abdeckt, was ich im Moment gern hören möch­te.

7. Cold­play – Mylo Xylo­to
Es scheint unter Jour­na­lis­ten und ande­ren Indi­en­a­zis inzwi­schen zum guten Ton zu gehö­ren, Cold­play schei­ße zu fin­den. „Iiiih, sie sind erfolg­reich, ihre Kon­zer­te machen Band und Publi­kum Spaß und über­haupt: Ist das nicht U2?“, lau­tet der Tenor und tat­säch­lich kann ich vie­le Kri­tik­punk­te ver­ste­hen, aber nicht nach­voll­zie­hen. Auf „Mylo Xylo­to“ sind Cold­play so unge­stüm unter­wegs wie noch nie, ihre Songs sind über­dreht und uplif­ting und zwi­schen­durch schlie­ßen sie mit ruhi­gen Akus­tik­num­mern den Kreis zu ihrem ers­ten Album „Parach­u­tes“ aus dem Jahr 2000. Seit „A Rush Of Blood To The Head“ hat mich kein Album von Cold­play mehr so begeis­tert und womög­lich sind die vier Eng­län­der tat­säch­lich die letz­te gro­ße Band. Kaum eine ande­re Band schafft es, ihren Sound mit jedem Album so zu ver­än­dern und sich doch immer treu zu blei­ben. Wenn sie jetzt auf einem Album Alex Chris­ten­sen und Sigur Rós samplen und ein Duett mit Rihan­na sin­gen, dann ist das so kon­se­quent zu Ende gedach­te Pop­mu­sik, wie sie außer Lady Gaga kaum jemand hin­be­kommt. Und wenn das jetzt alle hören, soll­te man das fei­ern – es gibt ja nun wirk­lich Schlim­me­res.

6. Bright Eyes – The People’s Key
So rich­tig hohe Erwar­tun­gen hat­te wohl nie­mand mehr an die Bright Eyes. Zu egal waren Con­nor Obersts letz­te Lebens­zei­chen gewe­sen. Und dann kommt er ein­fach und haut ein Indierock­al­bum raus, zu dem man sogar tan­zen kann. Gut: Die Pas­sa­gen mit gespro­che­nem Text und Welt­raums­ounds muss man natür­lich aus­hal­ten, aber dafür bekommt man ein merk­wür­dig opti­mis­ti­sches Gesamt­werk und mit „Shell Games“ einen fast per­fek­ten Pop­song.

5. James Bla­ke – James Bla­ke
Nie in mei­nem Leben habe ich hef­ti­ge­re Bäs­se in mei­nem Kör­per vibrie­ren spü­ren als bei James Blakes Auf­tritt auf dem Hald­ern Pop. Es reg­ne­te leicht und die­se Sin­ger/­Song­wri­ter-Post-Dub­step-Songs zogen über das Publi­kum wie sehr gefähr­li­che Gewit­ter­wol­ken. Die­se düs­te­re und anstren­gen­de Musik ist nicht für die Beschal­lung von Din­ner­par­tys geeig­net, aber sie ist ver­dammt bril­lant.

4. The Pains Of Being Pure At Heart – Belong
Die Neun­zi­ger sind, wie gesagt, zurück und The Pains Of Being Pure At Heart haben ihr Shoe­ga­ze-Erfolgs­re­zept von vor zwei Jah­ren um mini­ma­le Grunge-Ein­spreng­sel erwei­tert. Das ist auf Plat­te eben­so schön wie live und beglei­tet mich jetzt seit Mai.

3. Jona­than Jere­mi­ah – A Soli­ta­ry Man
Auf dem Hald­ern Pop Fes­ti­val war ich so weit, dass ich dem nächs­ten Jun­gen mit Akus­tik­gi­tar­re sel­bi­ge über den Schä­del zie­hen woll­te. Dann hör­te ich „Hap­pi­ness“ von Jona­than Jere­mi­ah im Radio und war begeis­tert. Der Mann packt die See­le zurück in Soul – und alles Ande­re hab ich ja schon im August geschrie­ben.

2. Ed Sheeran – +
Na so was: Noch ein Jun­ge mit Gitar­re! Ed Sheeran war wäh­rend mei­nes Schott­land-Urlaubs im Sep­tem­ber das Hype-The­ma auf der Insel und er ist so etwas wie das feh­len­de Bin­de­glied zwi­schen Dami­en Rice und Jason Mraz, zwi­schen Get Cape. Wear Cape. Fly und Niz­lo­pi. Die ruhi­gen Songs sind erschre­ckend anrüh­rend, ohne jemals Gefahr zu lau­fen, kit­schig zu wer­den, und bei den schnel­le­ren Stü­cken kann der 21-Jäh­ri­ge (fuck it, I’m old) bewei­sen, dass er genau­so gut rap­pen wie sin­gen kann. „+“ ist ein phan­tas­ti­sches Album, das ich gar nicht oft genug hören kann. In Deutsch­land kommt es im neu­en Jahr raus.

1. Bon Iver – Bon Iver
Noch ein Jun­ge mit Gitar­re. Und noch zwei Gitar­ren. Und ein Bass. Syn­the­si­zer. Eine Blä­ser­sek­ti­on. Und nicht einer, son­dern gleich zwei Schlag­zeu­ger. Jus­tin Ver­non hat gut dar­an getan, sei­ne als Ein-Mann-Pro­jekt gestar­te­te Band zur Big­band aus­zu­bau­en, und einen deut­lich opu­len­te­ren Sound zu wäh­len als bei „For Emma, Fore­ver Ago“. So las­sen sich Debüt und Zweit­werk kaum ver­glei­chen und „Bon Iver“ kann ganz für sich selbst ste­hen mit sei­nen Tracks, die teil­wei­se eher Klang­räu­me sind als Songs, und die trotz­dem ganz natür­lich und kein Stück kal­ku­liert wir­ken. Vom anfäng­li­chen Zir­pen des Ope­ners „Perth“ bis zu den letz­ten Echos des viel dis­ku­tier­ten Schluss­songs „Beth/​Rest“ ist „Bon Iver“ ein Meis­ter­werk, an dem 2011 nichts und nie­mand vor­bei­kam.

Hin­weis: Bit­te hal­ten Sie sich beim Kom­men­tie­ren an die Regeln.

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Musik

Listenpanik: Alben 2008

Die Alben­lis­ten sind immer die schlimms­ten. Wäh­rend einem iTu­nes und last.fm bei der Fra­ge nach den Songs des Jah­res schon einen gro­ßen Teil der Arbeit abneh­men, muss man bei den Alben abwä­gen: Wie oft habe ich das Album gehört? Wie lan­ge habe ich das Album gehört und wann zuletzt? Müss­te ich die­ses Album viel­leicht höher anset­zen als jenes, weil es bei einer gewis­sen Objek­ti­vi­tät ein­fach bes­ser oder anspruchs­vol­ler ist (ich es aber gar nicht so ger­ne höre)?

Wenn man dann noch den Feh­ler macht, mal in die alten Jah­res­bes­ten­lis­ten rein­zu­schau­en und fest­stellt, dass man das Album des Jah­res 2007 (Bloc Par­ty) im Jahr 2008 gar nicht mehr gehört hat und auch sonst alles an die­sen Lis­ten falsch wirkt, dann will man es eigent­lich gleich ganz blei­ben las­sen.

Oder man zwingt sich und fängt an:

25. Ben Folds – Way To Nor­mal
Es hät­te schlim­mer kom­men kön­nen: Bloc Par­ty (Album des Jah­res 2005 und 2007) haben es gar nicht in die Bes­ten­lis­te geschafft. Ben Folds hat also irgend­wie noch Glück gehabt – und wirk­lich schlecht ist „Way To Nor­mal“ ja auch nicht gera­ten, nur irgend­wie erschüt­ternd … egal. Wäh­rend die Ben-Folds-Five-Alben bei mir immer noch rauf und run­ter lau­fen, wird die Halb­wert­zeit von Folds‘ Solo­al­ben immer gerin­ger. Dass ande­re Künst­ler mit der Bür­de „Lieb­lings­band“ sehr viel bes­ser klar kom­men, wer­den wir noch sehr viel wei­ter vor­ne sehen. Für Folds springt immer­hin noch ein Platz auf der Lis­te raus.
Anspiel­tipp: Effing­ton

24. Ingrid Micha­el­son – Girls And Boys
Ein ein­zi­ger Song bei „Grey’s Ana­to­my“ hat schon Snow Pat­rol den Weg zur Welt­kar­rie­re geeb­net, war­um soll es Ingrid Micha­el­son da anders gehen? (War­um geht es Hotel Lights da eigent­lich anders?) Die­se ent­spann­te Indiepop-Plat­te ist zwar eigent­lich schon von 2007, kam aber in Deutsch­land genau zum rich­ti­gen Zeit­punkt (grau, kalt, unge­müt­lich) raus und bekam mit der Sin­gle „The Way I Am“ auch noch ordent­lich Air­play. Kei­ne gro­ße Kunst, aber für mit­tel­gro­ße erstaun­lich gut. Und natür­lich sowie­so tau­send Mal bes­ser als Amy Mac­Do­nald.
Anspiel­tipp: Maso­chist

23. kett­car – Sylt
Das glei­che Dilem­ma wie bei Ben Folds: das Album war nicht schlecht, aber frü­he­re Alben waren bes­ser, ich habe es zu sel­ten gehört und es kam irgend­wie nicht im pas­sen­den Moment raus. Davon ab trau­en sich kett­car musi­ka­lisch plötz­lich mehr, wer­den text­lich einer­seits unkon­kre­ter, haben aber ande­rer­seits wie­der eine kla­re Hal­tung.
Anspiel­tipp: Kein Aus­sen Mehr

22. R.E.M. – Acce­le­ra­te
Ich wie­der­ho­le mich da ger­ne, aber irgend­wie wer­den R.E.M. halt nie irgend­was falsch machen (außer viel­leicht, sie spie­len noch ein­mal „Shi­ny Hap­py Peo­p­le“). Ihr Back-to-the-roots-Album rum­pel­te dann auch schön durch den Früh­ling, ehe es ers­te Abnut­zungs­er­schei­nun­gen zeig­te. Jetzt, mit etwas Abstand, ist es aber immer noch gut genug für die­se Lis­te.
Anspiel­tipp: Living Well Is The Best Reven­ge

21. Oasis – Dig Out Your Soul
Wirk­lich schlecht war außer „Stan­ding On The Should­er Of Giants“ noch kein Oasis-Album – dass sie aller­dings mal wie­der ein wirk­lich gutes Album machen wür­den, hät­te ich auch nicht gedacht. Dann war „Dig Out Your Soul“ da, tat­säch­lich gut, und mir war es irgend­wie egal. Die Band und ich, wir sind bei­de älter gewor­den, und mit ihrem neu­en Album ver­hält es sich wie mit dem zufäl­li­gen Tref­fen mit einem alten Schul­freund: das Wie­der­se­hen ist herz­lich, man denkt an alte Zei­ten, trinkt zwei Bier und geht wie­der getrenn­ter Wege. Ein biss­chen „Sgt. Pep­per“, ein biss­chen „Revol­ver“, ein biss­chen wei­ßes Album – und letzt­lich doch total Oasis.
Anspiel­tipp: Fal­ling Down

20. Fet­tes Brot – Strom Und Drang
Mein ers­tes deutsch­spra­chi­ges Hip-Hop-Album, ich sag’s gern immer wie­der. Und es ist laut, heiß, wit­zig, eupho­risch, trau­rig, klug, kurz­um: gut. In den Neun­zi­gern hät­te man mit der Hälf­te der Songs eine Rie­sen­kar­rie­re begrün­den kön­nen, heut­zu­ta­ge wird sowas von Sido, Bushi­do und Schlim­me­rem in den Schat­ten gestellt. Aber das kann mir ja egal sein. Und den Bro­ten hof­fent­lich auch.
Anspiel­tipp: Das Trau­rigs­te Mäd­chen Der Stadt

19. She & Him – Volu­me One
In dem Moment, wo Zooey Descha­nel zu sin­gen beginnt, sind alle Vor­ur­tei­le über sin­gen­de Schau­spie­le­rin­nen ver­ges­sen – und in dem Moment, wo man ihr in die Augen blickt, auch alles ande­re. Gemein­sam mit M. Ward hat sie ein som­mer­lich-leich­tes Album mit Folk- und Six­ties-Anlei­hen auf­ge­nom­men, des­sen Beschwingt­heit manch­mal haar­scharf an dem Punkt vor­bei­schrammt, wo es ner­vig wer­den könn­te. Aber dann kommt ein so tod­trau­ri­ges Lied wie „Chan­ge Is Hard“ und man möch­te Zooey Descha­nel unbe­dingt trös­ten.
Anspiel­tipp: Chan­ge Is Hard

18. Gre­gor Meyle – So Soll Es Sein
Irgend­wo zwi­schen Her­bert Grö­ne­mey­er und Tom­te, Tom Liwa und Clue­so war noch Platz und genau dort pass­te Gre­gor Meyle wun­der­bar rein mit sei­nen klu­gen und pathe­ti­schen Tex­ten und sei­ner ent­spann­ten Musik. Damit bewegt man viel­leicht kei­ne Mas­sen, aber die­je­ni­gen, die zuhö­ren.
Anspiel­tipp: Nie­mand

17. Jakob Dylan – See­ing Things
Bei den Wall­flowers wirk­te er mit­un­ter ver­un­si­chert durch den Sta­tus des One Hit Won­ders, das stän­di­ge Inter­es­se an sei­ner Per­son, die eige­nen Ansprü­che und die der Plat­ten­fir­men. Und dann setz­te sich Jakob Dylan hin und nahm ein Solo­al­bum auf, bei dem er abso­lut sicher und fokus­siert wirkt, und das trotz­dem fein und zer­brech­lich klingt („Pro­du­ced by Rick Rubin“ halt). Dass er einer der bes­ten Tex­ter sei­ner Gene­ra­ti­on ist, hat sich lei­der immer noch nicht rum­ge­spro­chen, aber auf die­sem Album kann man sich davon über­zeu­gen.
Anspiel­tipp: Some­thing Good This Way Comes

16. Slut – StillNo1
Manch­mal kann man echt Pech haben mit sei­nem Ver­öf­fent­li­chungs­da­tum: „StillNo1“ kam im Febru­ar raus, lief ein paar Wochen bei mir rauf und run­ter und ver­schwand dann im Regal (aus der Rei­he: „sprach­li­che Bil­der, die Dank MP3 vom Aus­ster­ben bedroht sind“). Für die­se Lis­te habe ich es noch mal her­vor­ge­kramt und erneut fest­ge­stellt, dass es sich um ein sehr gutes, anspruchs­vol­les Album han­delt. Eini­ges erin­nert an das, was Cold­play Dank ihrer Popu­la­ri­tät ein paar Mona­te spä­ter mit „Viva La Vida“ einem inter­na­tio­na­len Mil­lio­nen­pu­bli­kum unter­ju­beln konn­ten, aber Slut hat­ten die­ses Glück natür­lich nicht.
Anspiel­tipp: If I Had A Heart

15. Cold­play – Viva La Vida
Gera­de noch von ihnen gespro­chen, sind Cold­play auch schon da! So klan­gen seit den Acht­zi­gern kei­ne Num­mer-Eins-Alben mehr: Songs, die inein­an­der über­ge­hen; Moti­ve, die nicht nur auf der CD, son­der auch auf der Nach­fol­ge-EP immer wie­der auf­ge­nom­men wer­den; pom­pö­ses­te Pop-Ari­en mit viel Rhyth­mus und noch mehr Melo­die, und Sin­gle-Hits, auf die kein Schwein tan­zen kann. Cold­play ver­kau­fen (rela­ti­ve, wir wol­len ja auch nicht über­trei­ben) Hoch­kul­tur als Pop und sind damit das Gegen­teil von Paul Potts – aber ähn­lich erfolg­reich.
Anspiel­tipp: 42

14. The Kil­lers – Day & Age
Ich wür­de nie von mir behaup­ten, Bran­don Flowers ver­stan­den zu haben. Aber ich habe dann doch genug Durch­blick um zu bemer­ken, dass er und sei­ne Band zumeist kolos­sal miss­ver­stan­den wer­den. Viel­leicht mei­nen sie das mit den Steel­drums, den Saxo­fo­nen und dem Dis­co­fox ernst – na und, wenn es hin­ter­her doch so viel Spaß macht, es zu hören? „Day & Age“ erschien zeit­gleich mit „Chi­ne­se Demo­cra­cy“ und alles, was bei Guns N‘ Roses knapp jen­seits der Gren­ze des Zumut­ba­ren aus­ge­kom­men ist, funk­tio­niert bei den Kil­lers noch. Bei den ers­ten zwei Durch­läu­fen habe ich die­ses Album gehasst, danach geliebt.
Anspiel­tipp: This Is Your Life

13. Jason Mraz – We Dance. We Sing. We Ste­al Things.
Wenn Sie mich vor acht Jah­ren gefragt hät­ten, wie Pop­mu­sik im Jahr 2008 klingt, hät­te ich eher auf das getippt, was Rob­bie Wil­liams vor ein paar Jah­ren auf „Inten­si­ve Care“ ver­sucht hat. Ich hät­te eher nicht damit gerech­net, dass man mit Akus­tik­gi­tar­ren und Tie­fen­ent­span­nung in die Charts kommt, aber dann kam Jason Mraz und zeig­te mir ein­mal mehr, dass ich von der Zukunft kei­ne Ahnung habe. Man will das ja nicht immer wie­der schrei­ben, aber: so wie die­ses Album (von dem es aktu­ell eine Spe­cial Edi­ti­on mit in Deutsch­land bis­her unver­öf­fent­lich­ten Songs und einer Live-DVD gibt), so klingt der Som­mer.
Anspiel­tipp: Details In The Fabric

12. Tra­vis – Ode To J. Smith
Irgend­wie ist das ja gemein: Wäh­rend ich an Ben Folds immer fast über­ir­di­sche Ansprü­che stel­le, dür­fen Tra­vis machen, was sie wol­len, und ich fin­de es eigent­lich immer gut. Aber „Ode To J. Smith“ ist ein­fach ein gutes Album. Hat­ten Tra­vis auf „The Boy With No Name“ schon alle Pha­sen ihrer bis­he­ri­gen Kar­rie­re ver­eint, tun sie es auf „Ode To J. Smith“ erneut, aber mit einem Schwer­punkt auf der lau­te­ren Sei­te. Ja, Tra­vis kön­nen rocken (sie tun es außer auf „The Invi­si­ble Band“ eigent­lich auf jedem Album), und das bezwei­felt hof­fent­lich auch nie­mand mehr. Dass Fran Hea­ly im Aus­se­hen immer mehr an Micha­el Sti­pe von R.E.M. erin­nert, kann kein Zufall sein, denn die dür­fen ja auch machen, was sie wol­len.
Anspiel­tipp: Song To Self

11. Death Cab For Cutie – Nar­row Stairs
Bestimmt gibt es Schlim­me­res, als „die Band aus ‚O.C., Cali­for­nia‘ “ zu sein – und die­ser klei­ne Hype von vor drei, vier Jah­ren kann auch nicht dafür ver­ant­wort­lich sein, dass Death Cab (wie wir alle seit Seth Cohen sagen) immer noch so popu­lär sind. Es ist natür­lich auch die Musik. Und da zeigt sich ein­mal mehr der Trend des letz­ten Jah­res: eta­blier­te Bands, deren letz­te Alben viel­leicht ein biss­chen zu gefäl­lig aus­ge­fal­len waren, dre­hen ein biss­chen an der Anspruchs­schrau­be und es funk­tio­niert immer noch. Okay, die Acht­ein­halb-Minu­ten-Sin­gle „I Will Pos­sess Your Heart“ wur­de fürs Radio gekürzt und beschleu­nigt, aber in dem Fall zählt schon die Idee. Dass gute Tex­te viel zu sel­ten gewür­digt wer­den, ist gene­rell scha­de, im Fal­le von Ben Gib­bard ist es aller­dings fast ein Skan­dal.
Anspiel­tipp: Cath…

10. Lightspeed Cham­pi­on – Fal­ling Off The Laven­der Bridge
Nach­dem sich die Test Ici­c­les, eine der außer­ge­wöhn­li­che­ren Bands unse­rer Zeit, zer­legt hat­ten, fuhr Devon­te Hynes nach Oma­ha, NE, um dort mit der Sadd­le-Creek-Pos­se eine Art Coun­try-Album auf­zu­neh­men, des­sen Songs man sogar im For­mat­ra­dio spie­len könn­te. Lässt man die­se musik­his­to­ri­schen Anek­do­ten außen vor, ist „Fal­ling Off The Laven­der Bridge“ ein­fach eine gute, run­de Plat­te.
Anspiel­tipp: Tell Me What It’s Worth

9. Hotel Lights – Fire­cra­cker Peo­p­le
Eines von zwei Alben in die­ser Lis­te (und in den Top 10), das in Deutsch­land gar nicht „regu­lär“ erschie­nen ist. Aber wen inter­es­siert sowas? „Fire­cra­cker Peo­p­le“ ist ein herbst­li­ches Album mit vie­len Folk-Anlei­hen, das eine gewis­se schwe­re Melan­cho­lie aus­strömt und doch immer wie­der feder­leicht klingt (und auch mal rockt). Dar­ren Jes­see und sei­ne Mit­mu­si­ker hät­ten mehr Auf­merk­sam­keit ver­dient – hier, in ihrer ame­ri­ka­ni­schen Hei­mat und in jedem Land der Erde. Und sagen Sie nicht, die Import-CD sei Ihnen zu teu­er: das Album gibt es für 9,99 Euro im iTu­nes Music Store.
Anspiel­tipp: Blue Always Finds Me

8. Bon Iver – For Emma, Fore­ver Ago
Das gab’s auch noch nie: Nach­dem Bob Boi­len von „All Songs Con­side­red“ über Wochen und Mona­te von Bon Iver (das spricht sich unge­fähr „Boney Wer?“) geschwärmt hat­te und die Kol­le­gin Anni­ka dann auch noch damit anfing, habe ich mich nach Sil­ves­ter erst­ma­lig mit dem Mann, der eigent­lich Jus­tin Ver­non heißt, beschäf­tigt. Nun ist es natür­lich etwas ris­kant, ein Album, das man erst weni­ge Tage kennt, direkt so weit vor­ne in die Lis­te zu ste­cken, aber ande­rer­seits gab es in ganz 2008 kaum ein Album, das ich so oft hin­ter­ein­an­der hät­te hören kön­nen. Die Songs, die Ver­non in einer abge­le­ge­nen Holz­hüt­te geschrie­ben hat, sind mit „ent­rückt“ mög­li­cher­wei­se am Bes­ten zu beschrei­ben. Man muss sich auf die Stim­me und die spär­li­che, teils sphä­ri­sche Musik ein­las­sen, und wenn einem Bei­des nicht gefällt, kann ich das sogar ein wenig ver­ste­hen. Aber ich bin sicher: Sie ver­pas­sen was, so wie es mir fast pas­siert wäre.
Anspiel­tipp: Re: Stacks

7. Niz­lo­pi – Make It Hap­pen
Es kommt ja inzwi­schen lei­der eher sel­ten vor, dass mich ein Kon­zert rund­her­um flasht, aber im Dezem­ber in Köln war es mal wie­der soweit: Wie die­se zwei Män­ner da mit Gitar­re, Kon­tra­bass und ihren Stim­men einen Sound auf die Büh­ne brach­ten, der sat­ter war als so man­che Band und gleich­zei­tig völ­lig orga­nisch, das hat mich nach­hal­tig beein­druckt. Fand ich „Make It Hap­pen“ vor­her schon ziem­lich gut, höre ich es seit­dem noch mal mit ganz ande­ren Ohren. Ein anrüh­ren­des, klu­ges und bewe­gen­des Album, das nur dar­auf hof­fen lässt, dass die Bei­den nach ihrer Aus­zeit wei­ter­ma­chen.
Anspiel­tipp: Drop Your Guard

6. Goldf­rapp – Seventh Tree
Goldf­rapp waren eine Band, die ich bis­her immer eher so am Rand wahr­ge­nom­men hat­te. Das hat sich mit „Seventh Tree“ (und mei­nem Song des Jah­res „A&E“) deut­lich geän­dert. Ein Früh­lings­tag, kom­pri­miert auf 41:35 Minu­ten, ein vor­sich­ti­ges Neben­ein­an­der von Akus­tik­gi­tar­ren und Elek­tro­nik-Spie­le­rei­en, und über allem schwebt die Stim­me von Ali­son Goldf­rapp. Für die Sta­tis­tik­freun­de: dass die bes­te bri­ti­sche Plat­te auf Platz 6 lan­det, hat es bei mir auch noch nie gege­ben (2 ers­te Plät­ze und ein zwei­ter seit 2005).
Anspiel­tipp: Road To Some­whe­re

5. Tom­te – Heu­re­ka
„Hin­ter All Die­sen Fens­tern“ und „Buch­sta­ben Über Der Stadt“ waren bei mir jeweils das Album des Jah­res (2003 und 2006), dafür hat es dies­mal nicht ganz gereicht. Das liegt aber nicht am Album, son­dern an mir: es kam ein­fach irgend­wie nicht ganz im rich­ti­gen Moment raus. Thees Uhl­mann hält es für das bes­te Tom­te-Album über­haupt, und zumin­dest musi­ka­lisch könn­te er da durch­aus recht haben. Bei eini­gen Songs brauch­te ich ein biss­chen Zeit, um mit ihnen warm zu wer­den, ande­re habe ich auf Anhieb geliebt. Tom­te kann man nur has­sen oder lie­ben, aber wer ihnen auf­merk­sam zuhört, der wird sich geliebt füh­len.
Anspiel­tipp: Küss Mich Wach Glo­ria

4. Sigur Rós – Með Suð Í Eyrum Við Spilum End­al­aust
Seit vier Alben ver­fol­ge ich jetzt die Kar­rie­re von Sigur Rós und jedes Mal habe ich gedacht: „Ja, das ist sehr gut, aber irgend­wie ist es mir zu künst­le­risch, zu weit weg, zu wenig all­tags­taug­lich.“ Die Islän­der sind immer noch weit vom Pop ent­fernt, aber auf ihrem fünf­ten Album machen sie Musik, die man auch ohne Räu­cher­stäb­chen und Duft­ker­zen hören kann. Als hät­ten die Elfen und Kobol­de „Sgt. Pep­per“ gehört.
Anspiel­tipp: Við Spilum End­al­aust

3. Sir Simon – Batt­le
Simon Front­zek ist der ein­zi­ge Mensch, der zwei Mal in die­ser Lis­te auf­taucht – und bei­de Male in den Top 5. Zum einen ist er der neue Key­boar­der bei Tom­te, zum ande­ren Sän­ger, Gitar­rist und Song­schrei­ber bei Sir Simon (Batt­le), deren Debüt­al­bum so groß­ar­tig ist, dass es einen Trepp­chen­platz ver­dient hat. Klei­ne unauf­ge­reg­te Pop-Per­len zwi­schen Wil­co, Mari­ti­me und den Wea­k­erthans. Ver­träumt und ein­fach schön.
Anspiel­tipp: The Last Year

2. The Hold Ste­ady – Stay Posi­ti­ve
Auch wenn die ganz gro­ße ver­spä­te­te Band-Neu­ent­de­ckung des Jah­res für mich Hem waren (die aber 2008 kein Album ver­öf­fent­licht haben): The Hold Ste­ady sind sicher im engs­ten Kreis. Die Kom­bi­na­ti­on von roher Ener­gie und Pop-Appeal, von jugend­li­chem Über­schwung und erwach­se­ner Resi­gna­ti­on, von Musik und Text machen „Stay Posi­ti­ve“ zu einem wahr­haft außer­ge­wöhn­li­chen Album. Und dazu die­se gan­zen Pop­kul­tur-Ver­wei­se!
Anspiel­tipp: Maga­zi­nes

1. Fleet Foxes – Fleet Foxes
Car­rie Brown­stein mein­te im Jah­res­rück­blick von „All Songs Con­side­red“, das Jahr 2008 sei ziem­lich „emo“ (die Ame­ri­ka­ner mei­nen damit etwas ande­res als wir) und „bear­dy“ gewe­sen. Das trifft natür­lich bei­des auf Fleet Foxes zu, aber die Band macht viel zu gute Musik, um sich län­ger mit der Gesichts­be­haa­rung ihrer Mit­glie­der auf­zu­hal­ten. Dass es sich die Män­ner aus Seat­tle, WA erlau­ben konn­ten, Per­len wie „Sun Giant“ oder „Myko­nos“ gar nicht erst aufs Album zu packen (son­dern auf der „Sun Giant“-EP zu ver­öf­fent­li­chen), deu­tet an, dass ihnen die Songs nur so zuflie­gen. Und tat­säch­lich: das zwei­te Album der Fleet Foxes soll bereits in die­sem Jahr erschei­nen. Aus­nahms­wei­se habe ich mal gar kei­ne Befürch­tun­gen, dass es schwä­cher wer­den könn­te als das Debüt.
Anspiel­tipp: Quiet Hou­ses

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Musik

Listenpanik: Songs 2008

Ich bin einer die­ser Men­schen, die Sil­ves­ter has­sen wie sonst nur Ebe­nee­zer Scr­oo­ge das Weih­nachts­fest. Ich kann nichts Fest­li­ches oder Tol­les dar­an erken­nen, neue Kalen­der auf­hän­gen und mit­neh­men zu müs­sen und auch das Durch­strei­chen von fal­schen Jah­res­zah­len im Janu­ar (das seit der Ein­füh­rung des Inter­net­ban­kings rapi­de abge­nom­men hat) ist ein Brauch, auf den ich ver­zich­ten könn­te. Davon ab muss ich Ihnen lei­der mit­tei­len, dass For­scher des Bochu­mer Lehr-Orts für erwäh­nens­wer­te Daten her­aus­ge­fun­den haben, dass „Din­ner For One“ nicht lus­tig ist und Blei­gie­ßen impo­tent macht.

Trotz­dem ist der Rob­bie-Bubble-Kin­der­sekt natür­lich kalt­ge­stellt und um die Zeit bis zum „Sil­ves­ter­stadl“ rum­zu­krie­gen, habe ich mei­ne iTu­nes-Lis­ten ein paar mal hin- und her­sor­tiert, ein biss­chen abge­wo­gen und füh­le mich jetzt see­lisch in der Lage, die Songs des Jah­res 2008 zu ver­kün­den (nur um die Lis­te ver­mut­lich noch heu­te Nacht wie­der umsor­tie­ren zu wol­len). Wie üblich ist alles total sub­jek­tiv:

25. Danko Jones – Take Me Home
„Never Too Loud“ war irgend­wie nicht so wirk­lich das Album, das man nach „Sleep Is The Ene­my“ erwar­tet hät­te: ein biss­chen zu ver­hal­ten, ein biss­chen zu lang, Tem­po­li­mit statt durch­ge­tre­te­nem Gas­pe­dal. „Take Me Home“ ist dann auch noch der unty­pischs­te Danko-Jones-Song über­haupt mit sei­nen Akus­tik­gi­tar­ren und den John-Den­ver-Anlei­hen. Aber weil Danko Jones eben Danko Jones ist (sind) und nicht Kid Rock, funk­tio­niert die­ser Irr­sinn trotz­dem. Und ein Lied, in dem der Refrain auf „Take me home to whe­re my records are“ endet, muss man sowie­so her­vor­he­ben, so lan­ge die Leu­te noch wis­sen, was die­se phy­si­schen Ton­trä­ger über­haupt sind.

24. Jakob Dylan – Val­ley Of The Low Sun
Stel­len Sie sich vor, Sie wären der Sohn von Bob Dylan und wür­den Musik machen! Jakob Dylan gebührt allein des­halb Respekt, dass er sich die­sen gan­zen Ver­glei­chen und Fra­gen seit fast 20 Jah­ren aus­setzt – und jetzt kann er sich nicht mal hin­ter den Wall­flowers ver­ste­cken, jetzt steht sein Name auch noch auf dem Album. Und er singt ein­fach völ­lig redu­zier­te Folk-Musik, die eher an War­ren Zevon, Bruce Springsteen und John­ny Cash erin­nert als an Musi­ker ähn­li­chen Namens. „Val­ley Of The Low Sun“ ist eine gewal­ti­ge, schlep­pen­de Bal­la­de, so schön wie ein Son­nen­un­ter­gang in der Sier­ra Neva­da.

23. Slut – If I Had A Heart
Ach ja: Slut haben ja die­ses Jahr auch ein Album ver­öf­fent­licht – und das war noch nicht mal schlecht. „If I had a heart /​ I would have a hearta­che“ kann als Zei­le tie­risch in die Hose gehen, aber so wie Chris Neu­bur­ger das singt, klingt es ein­fach auf­rich­tig und klug.

22. Clue­so – Kei­nen Zen­ti­me­ter
Die­ser Groo­ve, die­ser fast (aber nur fast) ver­nu­schel­te Gesang, die­ser gefühl­vol­le, aber gänz­lich unkit­schi­ge Text. Mehr Under­state­ment als „Ich würd‘ gern mit Dir viel mehr unter­neh­men“ passt in kei­ne Lie­bes­er­klä­rung!

21. Jason Mraz – I’m Yours
Ich hab lan­ge über­legt, ob es auch hier unbe­dingt die Sin­gle sein muss­te, aber doch: so klingt der Som­mer. Selbst bei Minus­gra­den meint man sich dar­an erin­nern zu kön­nen, wie man zu die­sen Klän­gen mit der Liebs­ten im Gras gele­gen und in den wol­ken­lo­sen Him­mel gestarrt hat – auch wenn man das nie getan hat. Anders als der viel­ver­gli­che­ne Jack John­son hat Jason Mraz aber noch mehr auf Lager als die­sen Strand-Schun­k­ler und wird uns des­halb bei den bes­ten Alben des Jah­res wie­der begeg­nen.

20. The Ver­ve – Love Is Noi­se
Okay, das Come­back-Album von The Ver­ve habe ich drei oder vier Mal gehört, ehe es mir zu lang­wei­lig wur­de. Aber die­se Sin­gle! Hyp­no­tisch, eupho­risch, in die Bei­ne gehend – man­che wür­den schlicht­weg „ner­vig“ dazu sagen. „Love is noi­se, love is pain“ ist auch wie­der so ein Satz, der schon von den rich­ti­gen Leu­ten gesun­gen wer­den muss, um nicht doof zu klin­gen. Richard Ash­croft ist ein rich­ti­ger Leut.

19. Death Cab For Cutie – The Ice Is Get­ting Thin­ner
Viel­leicht hat nie jemand einen bes­se­ren Text dar­über geschrie­ben, wie das ist, wenn die Lie­be lang­sam nach­lässt, als Ben Gib­bard hier. Dazu eine Instru­men­tie­rung, die mit „spär­lich“ noch euphe­mis­tisch umschrie­ben ist und fer­tig ist der Gän­se­haut­song 2008. Wer die­ses Lied hört und nichts fühlt, ist ver­mut­lich tot.

18. Niz­lo­pi – Start Begin­ning
Weil das Album „Make It Hap­pen“ in Deutsch­land nicht regu­lär erschie­nen ist, sind Niz­lo­pi durch das Lis­ten­pa­nik-Ras­ter gefal­len. Aber Kath­rin hat das Kon­zert, für mich das Bes­te des Jah­res war, ja hier im Blog noch aus­rei­chend gewür­digt. Hier also ein Lied mit Gitar­re, Kon­tra­bass, Beat­boxing und Gos­pel­chor, für das das Wort „uplif­ting“ erfun­den wer­den müss­te, wenn es nicht schon im Wör­ter­buch stün­de.

17. Tom­te – Der letz­te gro­ße Wal
Schon wie­der die Sin­gle? Ja, tut mir leid, ich kann mir nicht hel­fen. Bei Tom­te setzt bei mir der letz­te Rest Objek­ti­vi­tät aus, des­we­gen neh­me ich ein­fach mal das nahe­lie­gends­te Lied. Aber das ist ja auch gut. Thees Uhl­manns Stim­me ist wie eine ein­zi­ge Umar­mung, die auch vor Leu­ten, die so vol­ler Hass sind wie die­se Schrei­ber, kei­nen Halt macht. Er ist der letz­te gro­ße Wal, der die klei­nen Fische zum Früh­stück ver­speist.

16. Tra­vis – Befo­re You Were Young
Noch so eine Band, wo für Objek­ti­vi­tät kein Platz ist. „Ode To J. Smith“ war aber auch wie­der ein gutes Album – dass bei den vie­len Rock­num­mern der bes­te Song aus­ge­rech­net wie­der eine melan­cho­li­sche Bal­la­de ist, liegt an mir, echt! Oder an dem schö­nen Text, der gran­dio­sen Stei­ge­rung und über­haupt allem, was „Befo­re You Were Young“ aus­macht.

15. Gre­gor Meyle – Irgend­wann
Ste­fan Raabs Cas­ting­show war eine fei­ne Sache: für die Charts fiel Ste­fa­nie Heinz­mann ab (die ihren Job auch wirk­lich gut macht), für die nach­denk­li­che­ren Momen­te Gre­gor Meyle. Der ist nicht nur ein sym­pa­thi­scher Gesprächs­part­ner, son­dern auch noch ein sehr guter Song­wri­ter: text­lich geht er manch­mal bis ganz knapp vor die Schla­ger­gren­ze (aber was will man machen, wenn man jedes Wort ver­steht?), musi­ka­lisch ist er auf Welt­ni­veau und „Irgend­wann“ ist ein Lied, das Sehn­sucht und Antriebs­lo­sig­keit, Opti­mis­mus und Resi­gna­ti­on bes­tens aus­ba­lan­ciert in vier­ein­halb Minu­ten packt.

14. Nada Surf – Who­se Aut­ho­ri­ty
Ich bezweif­le ja, dass Nada Surf irgend­was falsch machen kön­nen, und auch „Lucky“ ist wie­der ein sehr fei­nes Album gewor­den. „Who­se Aut­ho­ri­ty“ ist die­se ganz spe­zi­el­le jugend­li­che Mischung aus Über­mut und Melan­cho­lie in Musik gegos­sen und das Video, das im Licht der tief­stehen­den Son­ne badet, passt wie die Faust aufs Auge.

13. Cold­play – Viva La Vida
Kön­nen Sie’s noch hören? Ich habe Glück, da ich mich ja vom Radio fern­hal­te. Zwar haben allei­ne die­se Woche unge­fähr 42 Jah­res­rück­bli­cke ver­sucht, mir das Lied doch noch zu ver­lei­den, aber irgend­wie ist es dann doch resis­tent gegen sol­che Ver­wurs­tun­gen. Wann geht schon mal ein Lied mit bibli­schen Moti­ven, des­sen gan­ze Rhyth­mus­struk­tur auf Strei­chern, Pau­ken und Glo­cken (!) auf­baut, in die Charts? Nach lan­gem Stu­di­um kann ich Par­al­le­len zu „Dis­arm“ und „Tonight, Tonight“ von den Smas­hing Pump­kins erah­nen, aber Chris Mar­tin hat die schö­ne­re Stim­me. So klingt es, wenn man die Welt regiert.

12. The Hold Ste­ady – Con­s­truc­ti­ve Sum­mer
Defi­ni­tiv eine mei­ner Ent­de­ckun­gen des Jah­res: The Hold Ste­ady. So müs­sen Alben übri­gens los­ge­hen: mit etwas Kla­vier, vie­len Gitar­ren, etwas (aber nur etwas) Gegrö­le, Eska­pis­mus und Ver­wei­sen auf Joe Strum­mer („I think he might have been our only decent tea­cher“). So klingt es, wenn gro­ße Gefüh­le auf gera­de noch gebrems­te Ener­gien tref­fen.

11. R.E.M. – Super­na­tu­ral Super­se­rious
Micha­el Sti­pe könn­te die Schlag­zei­len sin­gen und es wäre ein gro­ßer Song. Ent­schul­di­gung, ich höre gera­de, das ist bereits gesche­hen und hieß „It’s The End Of The World As We Know It (And I Feel Fine)“. Egal: R.E.M. wer­den nie ein schlech­tes Album machen und „Acce­le­ra­te“ war eine gelun­ge­ne Rück­kehr zu den Wur­zeln. „Super­na­tu­ral Super­se­rious“ sol­len ihnen die­se gan­zen 18-Jäh­ri­gen erst­mal nach­ma­chen. (Und er singt wirk­lich nicht „Gise­la, Gise­lei“? Nein? Okay.)

10. The Gas­light Anthem – Old White Lin­coln
War­um man dann manch­mal doch noch mal Radio hören soll­te: Man könn­te dort bis­her über­se­he­ne Juwe­len ent­de­cken. So wie die­ses fei­ne Lied (das Album habe ich mir immer noch nicht gekauft, was sich ver­mut­lich bei der Alben­lis­te rächen wird), das nach 30 Mal hören zwar immer noch ver­blüf­fen­de Par­al­le­len zu The Cure und den Kil­lers auf­weist, aber eben doch eigen­stän­dig genug ist, um es inner­halb von drei­ein­halb Wochen noch in die Top 10 geschafft zu haben.

9. Fet­tes Brot – Lie­ber Ver­bren­nen als Erfrie­ren
„Wir sind jung, wir sind frei, das ist unse­re Stadt /​ Wir haben nichts zu ver­lie­ren /​ Es ist soweit, ich bin dabei, denn das ist unse­re Nacht /​ Lie­ber ver­bren­nen als erfrie­ren“ – Noch Fra­gen? Na gut: Nein, das ist gar kei­ne Dicke-Hose-Hym­ne. Par­ty ja, aber kei­ne ohne Mor­gen. So soll­te deutsch­spra­chi­ger Hip Hop immer sein, es muss ja nicht immer gegen Frau­en und Schwu­le gehen.

8. Black Kids – I’m Not Going To Teach Your Boy­fri­end How To Dance
Das Debüt­al­bum der Black Kids fand ich biss­chen nichts­sa­gend, aber wer dar­auf so einen über­dreh­ten Tanz­bo­den­fül­ler unter­kriegt, ist natür­lich wenigs­tens bei den Songs des Jah­res vor­ne mit dabei. Die Ver­tei­lung der Geschlech­ter­rol­len im Text erschließt sich mir kein biss­chen, aber wer wird beim wüs­ten Her­um­wa­ckeln noch auf sowas ach­ten? „Dance, dance, dance, dance!“

7. The Ting Tings – Gre­at DJ
Sie mei­nen, „That’s Not My Name“ sei der bes­se­re, weil noch ein biss­chen irre­re Song gewe­sen? Mag sein, aber „Gre­at DJ“ hat­te mich beim ers­ten Hören in „All Songs Con­side­red“. Ein schlich­tes Lied, das aber auch gar nicht mehr will als unbe­ding­tes Mitz­ap­peln und ‑sin­gen. Und das funk­tio­niert hier ja wohl groß­ar­tig. Die Trom­meln, übri­gens!

6. Hotel Lights – Ame­lia Bright
Ganz kras­ser Rich­tungs­wech­sel jetzt: Eine Folk­bal­la­de, die mich seit sie­ben Jah­ren beglei­tet hat und jetzt end­lich „fer­tig“ ist. Das ist natür­lich viel mehr Zeit, als sonst irgend­ein Lied hat­te, um mir ans Herz zu wach­sen, aber die Stu­dio­ver­si­on ist ja auch wun­der­schön gewor­den. Neben Niz­lo­pi sind Hotel Lights der Geheim­tipp auch in die­sem Jahr und wir wer­den bei­de Bands so lan­ge in den Him­mel schrei­ben, bis zumin­dest ihre Alben hier­zu­lan­de zu Kau­fen sind.

5. Sigur Rós – Inní Mér Syn­gur Vitley­sin­gur
Lie­der, deren Namen man sich beim bes­ten Wil­len nicht mer­ken kann, haben es mit­un­ter etwas schwer, wenn es um das Erstel­len von Bes­ten­lis­ten geht: „Hier, Dings, die­ses Lied mit dem Kla­vier, den Blä­sern und dem ent­rück­ten Gesang!“ Egal: Dank Copy & Pas­te wis­sen wir jetzt alle, dass die­ses Lied „Inní Mér Syn­gur Vitley­sin­gur“ heißt (was auch immer das hei­ßen mag), und dass es groß­ar­tig ist, müs­sen Sie mir glau­ben (oder es nach­hö­ren). Zu mei­nem nächs­ten Geburts­tag wün­sche ich mir eine Mar­ching Band, die mit die­sem Lied durch mei­ne Bochu­mer Berg­ar­bei­ter­sied­lung mar­schiert (einen Scho­ko­la­den­spring­brun­nen habe ich ja die­ses Jahr schon bekom­men).

4. MGMT – Time To Pre­tend
Nen­nen Sie mir eine Mög­lich­keit, die­sem Key­board-Riff zu wider­ste­hen, und ich müss­te nicht jedes Mal „Waaah, wie geil!“ schrei­en, wenn ich das Lied irgend­wo höre. Wenn Sie bei allem Arsch­wa­ckeln dann viel­leicht noch ein biss­chen Wert­schät­zung für die­sen unglaub­lich klu­gen Text übrig hät­ten, könn­ten wir die Mis­si­ons­ar­beit an die­ser Stel­le auch been­den und nur noch die­sem groß­ar­ti­gen Indie­knal­ler lau­schen.

3. Fleet Foxes – White Win­ter Hym­nal
Ich wie­der­ho­le mich ger­ne, aber die ers­ten 30 Sekun­den die­ses Lie­des zäh­len mit zum Bes­ten, was es die­ses Jahr über­haupt zu Hören gab. Der Rest des Lie­des (und des gan­zen Albums) glück­li­cher­wei­se auch und des­halb ist „White Win­ter Hym­nal“ natür­lich völ­lig zu Recht auf dem Trepp­chen ver­tre­ten.

2. The Kil­lers – Human
Auch nach über 50 Durch­gän­gen bin ich mir sicher: die­ser Song ist arsch­geil! Meckern Sie ruhig alle rum von wegen Micha­el Wend­ler. Selbst wenn Thees Uhl­mann und ich neben Bran­don Flowers die ein­zi­gen Men­schen auf der Welt wären, die des­sen Tex­te zu schät­zen wüss­ten: es blie­be immer noch ein abso­lu­ter Ober­ham­mer von Pop­song! Allein die­se unfass­bar bril­lan­te Fra­ge „Are we human or are we dancer?“, da braucht man doch weder Hegel, noch Kant noch Dou­glas Adams, das ist der abso­lu­te Kern von Phi­lo­so­phie! Und jetzt Ruhe!

1. Goldf­rapp – A&E
Ganz, ganz knapp sind die Kil­lers nur Zwei­te gewor­den, weil die­ses Lied dann am Ende doch noch ein klei­nes biss­chen bes­ser war. So hyp­no­tisch, so klug auf­ge­baut und so wun­der-wun­der­schön. Ich muss­te das Lied unge­fähr 40 Mal hören, bis ich begrif­fen habe, wor­um es in dem Text eigent­lich gehen könn­te (geschei­ter­ter Selbst­mord­ver­such wegen Lie­bes­kum­mers), aber selbst wenn es um die Abgel­tungs­steu­er gin­ge: kein Lied war 2008 in der Sum­me bes­ser als „A&E“. Und wenn ich das nach mehr als acht Mona­ten der Dau­er­ro­ta­ti­on sage, wird es schon stim­men, oder?

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Musik

Listenpanik: Alben 2007

So ein Jahr geht ja dann doch schnel­ler zu Ende als man denkt: Zwar ist es irgend­wie absurd, noch vor Sil­ves­ter zurück­zu­bli­cken, aber unse­re hek­ti­sche, durch­or­ga­ni­sier­te Welt lässt sich von Logik nicht auf­hal­ten. Des­halb habe ich nach den Songs (bei denen ich am liebs­ten schon wie­der mit­tel­gro­ße Kor­rek­tu­ren vor­neh­men wür­de) jetzt mei­ne Alben des Jah­res 2007 sor­tiert, abge­packt und nie­der­ge­schrie­ben.

Zwar hat­te ich nach der Lek­tü­re der Jah­res­rück­schau im „Musik­ex­press“, des­sen Posi­ti­on als letz­tes von mir gele­se­nes Papier­ma­ga­zin damit auch stark ins Wan­ken gera­ten ist, kei­ne gro­ße Lust mehr, über die­ses mir plötz­lich belie­big und unspan­nend erschei­nen­de Musik­jahr zu schrei­ben, aber dann beguck­te ich mein CD-Regal und dach­te: „Jetzt erst recht!“

Und weil so vie­le Künst­ler auch in der Song-Lis­te ver­tre­ten waren, hab ich mir als Anspiel­tipps für die Alben mal ande­re Stü­cke aus­ge­sucht.

1. Bloc Par­ty – A Weekend In The City
Wo anfan­gen? Viel­leicht mit dem Erstau­nen dar­über, dass Bloc Par­ty ihr Erst­werk top­pen konn­ten. Oder doch damit, dass kein Pop-Album der letz­ten fünf Jah­re einen bes­se­ren Span­nungs­bo­gen hat­te? Mit der groß­ar­ti­gen Mischung aus Hoff­nung und Resi­gna­ti­on, Poli­tik und Lie­be, Tanz­bo­den und Kuschel­ecke? Die tol­len Rhyth­men loben, die wun­der­ba­ren Gitar­ren, die ast­rei­ne Pro­duk­ti­on von Jack­kni­fe Lee oder die über allem thro­nen­de Stim­me von Kele Oke­re­ke?
Bull­shit: Wenn einen ein Album am 30. Dezem­ber noch so begeis­tert wie am 2. Febru­ar, dann ist es wohl das Album des Jah­res.
Anspiel­tipp: „Sun­day“

2. Get Cape. Wear Cape. Fly – The Chro­nic­les Of A Bohe­mi­an Teen­ager
Ken­nen Sie Sam Duck­worth? Ich muss­te den Namen auch gera­de erst mal wie­der nach­schla­gen. Aber sei­ne Band Get Cape. Wear Cape. Fly soll­ten Sie ken­nen. So außer­ge­wöhn­lich, dass mir dazu nur so sinn­lo­se Beschrei­bun­gen wie „Akus­ti­ke­molek­tro“ ein­fal­len. Klingt tau­send­mal tol­ler als es sich anhört. Ein biss­chen froh bin ich aber schon, dass das Album erst nach den gro­ßen Sinn­kri­sen mei­ner Teen­ager-Jah­re erschie­nen ist.
Anspiel­tipp: „War Of The Worlds“

3. Kili­ans – Kill The Kili­ans
Es wäre eine schö­ne Gele­gen­heit, mit die­ser 35. Erwäh­nung der Band in die­sem Blog eine klei­ne dies­be­züg­li­che Pau­se ein­zu­le­gen. Ich glau­be, es ist schon alles gesagt, gesun­gen und gefilmt wor­den. Aber toll ist die Plat­te immer noch
Anspiel­tipp: „Some­thing To Arri­ve“

4. Stars – In Our Bed­room After The War
Die­se Kana­di­er: 33 Mil­lio­nen Ein­woh­ner, von denen etwa die Hälf­te in jeweils min­des­tens zwei Bands musi­ziert. Nicht alle sind so erfolg­reich wie Bryan Adams und Avril Lavi­gne, aber auch nicht alle machen so schlech­te Musik. Stars machen zum Bei­spiel ganz wun­der­ba­ren Indiepop, der zwi­schen Kon­zert­saal und Dis­co schwankt und sich mit gro­ßer Freu­de gleich­zei­tig bei The Smit­hs, Bee Gees und Phil Spec­tor bedient. Toll!
Anspiel­tipp: „Take Me To The Riot“

5. Shout Out Louds – Our Ill Wills
Das sel­be in grün schwe­disch. The Cure statt The Smit­hs und Abba statt Bee Gees, sonst aber genau­so gelun­ge­ner Indiepop wie bei Stars. Die Shout Out Louds lie­fer­ten mit „Tonight I Have To Lea­ve It“ mei­nen Song des Jah­res und sind auch bei den Alben wie­der ganz vor­ne mit dabei.
Anspiel­tipp: „Par­ents Livin­g­room“

6. The Wea­k­erthans – Reuni­on Tour
Schon wie­der Kana­di­er. Na ja, das Land habe ich ja oben schon aus­führ­lichst *hüs­tel* vor­ge­stellt, da freu­en wir uns lie­ber noch ein paar Zei­len über die­ses tol­le Album und wun­dern uns, dass kein Song in mei­ner Jah­res­bes­ten­lis­te gelan­det ist. Pein­lich, pein­lich. Wie’s klingt? Na ja, wenn ich jetzt wie­der „Indiepop“ schrei­be, glaub ich es mir ja lang­sam sel­ber nicht mehr. „Toll“ war auch schon zu oft, dann klingt es halt ein­fach so, wie ein Wea­k­erthans-Album im Jahr 2007 klin­gen soll­te. Logik­schlei­fe geschlos­sen, Zei­len gefüllt!
Anspiel­tipp: „Civil Twi­light“

7. Tra­vis – The Boy With No Name
Ja, gut: Ich bin Fan, Tra­vis wer­den wohl nie ein Album machen, das ich wirk­lich doof fin­de. Viel­leicht war es des­halb der doch eher irgend­wie ein biss­chen ent­täu­schen­de Vor­gän­ger „12 Memo­ries“, der mich „The Boy With No Name“ umso mehr mögen ließ. Aber was will man machen? Jede Men­ge schö­ne Melo­dien mit klu­gen Tex­ten, viel mehr braucht’s halt auch nicht für ein gutes Album.
Anspiel­tipp: „Col­der“

8. Toco­tro­nic – Kapi­tu­la­ti­on
Toco­tro­nic sind ein­fach mit jedem Album gut. Viel­leicht nicht so gut, dass man „Kapi­tu­la­ti­on“ gleich kra­kee­lend zum Album des Jah­res ernen­nen und der Band eine Vor­rei­ter­stel­lung in Wasauch­im­mer unter­stel­len muss, aber eben schon bes­ser als jedes ande­re deutsch­spra­chi­ge Album in die­sem Jahr. Freu­en wir uns auch auf das nächs­te Album und hof­fen, dass es nicht aus­ge­rech­net in einem Jahr mit den neu­en Wer­ken von Ele­ment Of Crime und Tom­te erscheint, was zu einem unnö­ti­gen Show­down füh­ren wür­de.
Anspiel­tipp: „Ver­schwör dich gegen dich“

9. The Wom­bats – A Gui­de To Love, Loss & Despe­ra­ti­on
Ja, was machen die denn da? Ich woll­te doch nie mehr „jun­ge fre­che bri­ti­sche Bands“ hören. Sie ste­hen mir sowas von bis hier, dass ich das zwei­te Arc­tic-Mon­keys-Album bis heu­te nicht gehört habe. Ein Feh­ler? Mir egal. Ich hab ja The Wom­bats und die sind bes­ser als alle ande­ren Bands, die ich alle nicht ken­ne.
Anspiel­tipp: „Kill The Direc­tor“

10. Under­world – Obli­vi­on With Bells
Ber­lin, Fried­rich­stra­ße. Okto­ber, Abend, Regen. Under­world machen aus dem Tou­ris­ten­tram­pel­pfad vor­bei an Luxus­kauf­häu­sern für ein, zwei Momen­te New York. Ralph Fien­nes wird in einem Auto an mir vor­bei gezo­gen. Alles fühlt sich so urban an – und das liegt ver­dammt­noch­mal nicht an der „Arm, aber sexy“-Metropole, son­dern an die­sem atem­be­rau­bend guten Elek­tro-Album.
Neu­lich sah ich das Video zu „Beau­tiful Burn­out“ im Fern­se­hen (GoTV, natür­lich): Über acht Minu­ten, über­haupt nicht welt­städ­tisch, son­dern klein, bil­lig, schmud­de­lig. Und trotz­dem hat­te ich wie­der ein Gefühl wie auf dem Gip­fel der Welt.
Anspiel­tipp: „Beau­tiful Burn­out“

11. The Blood Arm – Lie Lover Lie
Wie man sich mei­ne Gunst erspielt: Kla­vier neh­men, drauf­hau­en, semi-alber­ne Tex­te mehr­stim­mig anstim­men. So sind Ben Folds Five damals mei­ne Lieb­lings­band gewor­den, so ähn­lich haben sich The Blood Arm einen Platz in mei­ner Lis­te erkämpft.
Anspiel­tipp: „The Cha­sers“

12. Jus­ti­ce – †
Es ist mir bei­na­he unan­ge­nehm, die­se Plat­te zu nen­nen. Da könn­te man ja gleich Grö­ne­mey­er oder … äh: Bloc Par­ty neh­men, wenn man Kon­sens haben will. Egal, was die Musik­feuil­le­to­nis­ten jetzt schon wie­der für einen Trend her­bei­schrei­ben wol­len: Das Album mit dem Kreuz im Titel ist und bleibt super. Bit­te tan­zen Sie N.O.W.
Anspiel­tipp: „Tth­hee Ppaarrt­tyy“

13. Wir Sind Hel­den – Sound­so
Die ganz gro­ße Auf­merk­sam­keit in den Medi­en hat etwas nach­ge­las­sen, viel­leicht hat „Poly­lux“ nicht mal mehr einen Bei­trag über Judith Holo­fer­nes als „Stim­me ihrer Gene­ra­ti­on“ gebracht. Wir Sind Hel­den haben ihr Leben zurück und sind so gut wie am ers­ten Tag. Bei fast jeder Band hät­te ich Angst, dass sie einen Song wie „The Geek (Shall Inhe­rit)“ nicht mehr top­pen kön­nen wird, aber Wir Sind Hel­den machen seit „Denk­mal“ ja nichts ande­res. Also: Wei­ter­ma­chen!
Anspiel­tipp: „Sound­so“

13. The Kil­lers – Saw­dust
„Ey, Alter, das ist doch nur eine Rari­tä­ten­samm­lung! Was soll die denn bei den Alben des Jah­res? ‚Alben‘, hörst Du?“ Also bit­te, lie­be Stim­men in mei­nem Kopf: Seid still! Natür­lich ist das „nur“ eine Rari­tä­ten­samm­lung. Aber so man­che Band wäre froh, das als Album hin­zu­krie­gen! Man­che Sachen sind natür­lich etwas sehr absei­tig und wür­den auf einem „nor­ma­len“ Album viel­leicht über­for­dern, aber auf die­sem Zwi­schen­ding dür­fen sich The Kil­lers aus­to­ben. Mit Joy-Divi­si­on-Cover, Wes­tern­gi­tar­ren und Lou Reed. Mei­ne Pro­gno­se fürs drit­te Album: Da geht noch eini­ges!
Anspiel­tipp: „Move Away“

14. Jim­my Eat World – Cha­se This Light
Lie­be Kin­der, wenn Ihr nicht wollt, dass Ihr auch mal eher so mit­tel­mä­ßi­ge Alben so lan­ge hört, bis Ihr sie toll fin­det, dann wer­det bes­ser nie Fan!
Ratio­nal betrach­tet ist „Cha­se This Light“ immer noch ein rela­tiv unbe­deu­ten­des Album, das eine gan­ze Spur zu pop­pig pro­du­ziert wur­de. Tat­säch­lich ist es aber genau die Musik, die ich mor­gens auf dem Weg zur Uni hören möch­te. Oder nachts, wenn ich betrun­ken nach hau­se tau­me­le. Oder dazwi­schen. Also muss man ein­fach zu dem ste­hen, was man mag, und sagen: „Cha­se This Light“ ist doch ein ganz schö­nes Album, irgend­wie.
Anspiel­tipp: „Here It Goes“

15. Muff Pot­ter – Ste­ady Fremd­kör­per
Wie­so ist mir „Ste­ady Fremd­kör­per“ eigent­lich nie so ein treu­er Freund und Beglei­ter gewor­den wie die bei­den Vor­gän­ger­al­ben? Ver­mut­lich, weil das Album im Som­mer raus­kam, viel zu früh für kah­le Bäu­me und Blät­ter­matsch. Natür­lich ist es trotz­dem wie­der ein sehr gutes Album gewor­den, was ich mit einem sehr okay­en fünf­zehn­ten Platz in mei­ner Jah­res­hit­pa­ra­de noch ein­mal her­vor­he­ben möch­te.
Anspiel­tipp: „Das seh ich erst wenn ich’s glau­be“

16. Manic Street Pre­a­chers – Send Away The Tigers
Die Manics nach der Frisch­zel­len­kur: Zurück auf Anfang „Ever­y­thing Must Go“, zurück zu Pathos, gro­ßer Ges­te, Melan­cho­lie und Paro­len­dre­sche­rei. Es hielt sich letzt­lich nicht ganz so gut wie das inter­ne Vor­bild, aber „Send Away The Tigers“ ist trotz­dem ein gelun­ge­nes Album und ein guter Aus­gangs­punkt für einen Neu­an­fang.
Anspiel­tipp: „Indi­an Sum­mer“

17. Foo Figh­ters – Echo­es, Silence, Pati­ence And Grace
Und noch eine Band, die schon vor zehn Jah­ren hät­te auf die­ser Lis­te ste­hen kön­nen. Lang­sam wer­den die Hel­den unse­rer Jugend eben auch älter und wir somit offen­bar auch. Auf dem Album mit dem unmerk­bars­ten Titel der Sai­son merkt man davon aber noch nix, die Foo Figh­ters rocken so, als woll­ten sie Fall Out Boy, Good Char­lot­te und Kon­sor­ten zei­gen, wo die Gitar­re hängt. Dabei weiß das doch jedes Kind: tief.
Anspiel­tipp: „Long Road To Ruin“

18. Rihan­na – Good Girl Gone Bad
Tja, da müs­sen wir jetzt gemein­sam durch. Oder ich muss das erklä­ren, irgend­wie. „Umbrel­la“ ist halt ein Über­song, der über­wie­gen­de Rest ist auch recht gelun­gen und wenn schon irgend­was Mas­sen­taug­li­ches im Radio lau­fen muss, dann doch bit­te cle­ver pro­du­zier­te Songs mit einer char­man­ten Sän­ge­rin.
Anspiel­tipp: „Shut Up And Dri­ve“

19. Mari­ti­me – Here­sy And The Hotel Choir
Mari­ti­me gin­gen hier im Blog auch irgend­wie völ­lig unter, was sehr scha­de ist, weil sie mit ihrem drit­ten Album wie­der an die Qua­li­tät ihres Debüts anknüp­fen konn­ten. Viel­leicht wür­den die Beach Boys so klin­gen, wenn sie heu­te jung wären. (In Wahr­heit wäre Bri­an Wil­son wohl schon lan­ge völ­lig wahn­sin­nig oder tot, wenn er heu­te jung wäre.)
Anspiel­tipp: „Guns Of Nava­ro­ne“

20. Maxï­mo Park – Our Earth­ly Plea­su­res
Mit dem ers­ten Maxï­mo-Park-Album bin ich ja irgend­wie nie so ganz warm gewor­den: Natür­lich waren die Sin­gles super, aber so wirk­lich vom Hocker hau­en konn­te mich „A Cer­tain Trig­ger“ nie. Da ist „Our Earth­ly Plea­su­res“ eher ein Album zum Durch­hö­ren und Mögen. Dass Franz Fer­di­nand auch 2007 kaum ver­misst wur­den könn­te an Maxï­mo Park lie­gen.
Anspiel­tipp: „Pari­si­an Ski­es“

21. Crow­ded House – Time On Earth
Stel­len Sie sich vor, Ihr Kind wür­de sich in zwan­zig Jah­ren über eine Come­back von … sagen wir mal: Star­sail­or freu­en. Wür­den Sie da sagen „Aber Kind­chen, dafür bist Du doch trotz eige­ner Woh­nung, Rücken­lei­den und Uni-Abschluss viel zu jung“, oder wür­den Sie sich freu­en, dass er/​sie/​es gute Musik zu schät­zen weiß?
War­um habe ich eigent­lich immer das Gefühl, mich für mei­nen Musik­ge­schmack recht­fer­ti­gen zu müs­sen? „Time On Earth“ wäre doch auch toll, wenn die Musi­ker in mei­nem Alter wären.
Anspiel­tipp: „Eng­lish Trees“

22. Die Ärz­te – Jazz ist anders
Das soll­te man viel­leicht auch mal erwäh­nen, dass „Jazz ist anders“ das ers­te Album von Die Ärz­te ist, das ich wirk­lich gehört habe. Es ist aber auch ein sehr gelun­ge­nes Album, denn Bel­a­Fa­rin­Rod agie­ren sehr klug und fügen die ver­schie­dens­ten Musik­sti­le kunst­voll zu einem wirk­lich fei­nen Gesamt­bild, das mit „Spaß­punk“ oder ähn­li­chem wenig am Hut hat. Nur: „Jun­ge“ nervt inzwi­schen dann doch. Gewal­tig.
Anspiel­tipp: „Him­mel­blau“

23. Smas­hing Pump­kins – Zeit­geist
Sagt mal, wo kommt Ihr denn her? „Aus Dei­ner tris­ten, teil­zeit-depres­si­ven Teen­ager­zeit, bit­te sehr!“
Von mir aus hät­te es das Come­back der Smas­hing Pump­kins nicht gebraucht, zu pass­ge­nau war ihr Auf­tau­chen in und Ver­schwin­den aus mei­nem Leben damals gewe­sen. Jetzt sind sie (zur Hälf­te) aber doch wie­der da und wo sie sich schon mal die Mühe gemacht haben, kann man natür­lich das eigent­lich gar nicht mal schlech­te Album „Zeit­geist“ erwäh­nen, das irgend­wie aber auch sagen­haft unter­ging. Offen­bar war mein Leben nicht das ein­zi­ge, aus dem die Pump­kins zur rech­ten Zeit ver­schwun­den waren.
Anspiel­tipp: „Doomsday Clock“

24. Mika – Life In Car­toon Moti­on
Als Mika in Deutsch­land sei­nen ver­dien­ten Durch­bruch fei­er­te und kei­ne Stun­de mehr ver­ging, in der er nicht im Radio, Fern­se­hen oder in der Wer­bung zu hören war, war ziem­lich genau der Punkt erreicht, an dem ich sei­ne zucker­sü­ßen Pop­songs nicht mehr hören konn­te. Dabei war „My Inter­pre­ta­ti­on“, der bes­te von ihnen, doch gar nicht aus­ge­kop­pelt wor­den.
Anspiel­tipp: „My Inter­pre­ta­ti­on“

25. Bei­rut – The Fly­ing Club Cup
Auch Bei­rut sol­len in die­ser Lis­te nicht uner­wähnt blei­ben. Zwar fin­de ich das Debüt „Gulag Orke­star“, das ich auch erst in die­sem Jahr ent­deckt habe, ein biss­chen bes­ser, aber „The Fly­ing Club Cup“ ist mit sei­nem folk­lo­ris­ti­schen … äh: Indiepop auch ein sehr schö­nes Album. Der Tag, an dem ich die­ses Album hörend durch eine in mil­chig-röt­li­ches Licht getauch­te Nach­bar­schaft zur Uni stapf­te, wäre mit „sur­re­al“ recht pas­send umschrie­ben.
Anspiel­tipp: „The Penal­ty“

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Musik

Listenpanik: Songs 2007

Nie­mand weiß so recht, war­um man sich aus­ge­rech­net immer den doch recht belie­bi­gen Zeit­raum eines Kalen­der­jah­res aus­sucht, um Lis­ten zu erstel­len von den Din­gen, die da waren und über die High­lights abstim­men zu las­sen. Aber es ist nun mal seit län­ge­rem so, dass im Dezem­ber zurück­ge­blickt, unver­gleich­li­ches ver­gli­chen und unbe­schreib­li­ches beschrie­ben wird. Und die­sem heid­ni­schen Brauch schlie­ße ich mich ger­ne an und eröff­ne mit der Lis­te mei­ner Songs Hym­nen des Jah­res:

1. Shout Out Louds – Tonight I Have To Lea­ve It
Der „Ach, das sind gar nicht The Cure?“-Song des Jah­res. Die Hym­ne des Hald­ern Pop Fes­ti­vals. Das Lied des Jah­res.

2. Kai­ser Chiefs – Ruby
Wie lang ist die Min­dest­halt­bar­keit für Mit­gröl­hym­nen? Erstaun­li­cher­wei­se doch schon fast ein gan­zes Jahr. Wenn man das Lied auch nach hun­dert Mal hören und im nüch­ter­nen Zustand noch gut fin­det, ist das schon die Sil­ber­me­dail­le wert.

3. Kili­ans – When Will I Ever Get Home
Let me intro­du­ce you to some fri­ends of mine. Gute Freun­de zu haben, die tol­le Musik machen, und sich mit ihnen über ihren Erfolg zu freu­en, ist das eine. Das ande­re ist, immer noch auf­rich­tig begeis­tert zu sein von einer mör­der­gu­ten Sta­di­on­rock-Hym­ne wie die Kili­ans die­se hier aus dem Ärmel geschüt­telt haben.

4. Wir Sind Hel­den – The Geek (Shall Inhe­rit)
Nicht, dass ich Wir Sind Hel­den nicht gene­rell für eine tol­le Band hal­ten wür­de, deren Auf­stieg ich seit bei­na­he dem ers­ten Tag mit Freu­den ver­fol­ge. Aber dass sie auf jedem ihrer guten bis sehr guten Alben immer noch einen Song drauf haben, der alle ande­ren um Mei­len über­ragt, macht sie noch ein biss­chen tol­ler. Nach „Denk­mal“ und „Wenn es pas­siert“ jetzt also „The Geek (Shall Inhe­rit)“, die Außen­sei­ter-Hym­ne des Jahr­zehnts.

5. Jus­ti­ce – D.A.N.C.E.
Viel­leicht der Kon­sens-Song des Jah­res: Ob Rocker, Hip-Hop­per oder Elek­tri­ker – auf „D.A.N.C.E.“ konn­ten sich (fast) alle eini­gen. Ein Tanz­bo­den­fül­ler son­der­glei­chen und ver­mut­lich eine der Num­mern, die man unse­ren Kin­dern in drei­ßig Jah­ren auf einem Sam­pler der „größ­ten Hym­nen der Nuller Jah­re“ im Tele­shop (bzw. des­sen Nach­nach­fol­ger) ver­kau­fen wird.

6. Just Jack – Starz In Their Eyes
Hip-Hop? Dis­co? Ein unglaub­lich gut gemach­ter Song mit einem sehr klu­gen Text und immensem Mit­wipp­f­ak­tor. Und jetzt las­sen Sie mich end­lich als Wer­be­tex­ter arbei­ten!

7. Mode­st Mou­se – Dash­board
Nach 14 Jah­ren Band­ge­schich­te gelang Mode­st Mou­se mit der ers­ten Sin­gle aus ihrem fünf­ten Album doch noch so etwas wie ein Durch­bruch. Mit die­ser Indiepop-Per­le, einem Ex-Schmitz an der Gitar­re und dem völ­lig über­dreh­ten Pira­ten-Video.

8. Bloc Par­ty – I Still Remem­ber
Bloc Par­ty haben mich mit ihrem Zweit­werk „A Weekend In The City“ so sehr über­zeugt, dass sie – so viel sei schon ver­ra­ten – zum zwei­ten Mal mein per­sön­li­ches Album des Jah­res stel­len. „I Still Remem­ber“ ist unter den alle­samt gro­ßen Songs der Plat­te der größ­te, weil er trotz des eher trau­ri­gen Tex­tes eine Eupho­rie ver­brei­tet, die einen für 3:50 Minu­ten alles ver­ges­sen lässt.

9. Tra­vis- Sel­fi­sh Jean
Wer hät­te gedacht, dass Tra­vis zehn Jah­re nach ihrem Debüt doch noch mal den Rock für sich ent­de­cken wür­den? Mit dem char­man­tes­ten „Lust For Life“-Ripoff seit … äh: „Lust For Life“ tan­zen sich die sym­pa­thischs­ten Schot­ten im Musik­ge­schäft in die Top 10.

10. Litt­le Man Tate – Euro­pean Lover
Wenn es die Kili­ans nicht gäbe, hät­ten Litt­le Man Tate gute Chan­cen auf mei­nen Titel „New­co­mer des Jah­res“. „Euro­pean Lover“ ist dabei der ein­gän­gigs­te, char­man­tes­te Song ihres Debüt­al­bums „About What You Know“.

11. Beat­steaks – Cut Off The Top
Zu den Beat­steaks muss man nicht mehr viel sagen, die haben immer schon fast alles rich­tig gemacht und mit „Lim­bo Mes­siah“ ist ihnen wie­der ein Top-Album gelun­gen. „Cut Off The Top“ besticht durch sei­nen trei­ben­den Beat und den phan­tas­ti­schen Mit­gr­öl-Refrain: „Dama­ge, dama­ge!“

12. Muff Pot­ter – Die Guten
War­um gibt es eigent­lich so vie­le gute deutsch­spra­chi­ge Songs über Bezie­hungs­en­den? Viel­leicht, weil es so vie­le deutsch­spra­chi­ge Songs über Bezie­hungs­en­den gibt und wenn man den gan­zen Müll von Revol­ver­held, Juli oder Sil­ber­mond weg­lässt, blei­ben eben die guten über. Oder, haha: „Die Guten“. Mit gewohnt tol­lem Text und schö­nen Jim­my-Eat-World-Gitar­ren errei­chen Muff Pot­ter ihre inzwi­schen schon tra­di­tio­nel­le Erwäh­nung auf mei­nen Bes­ten­lis­ten.

13. Rihan­na feat. Jay‑Z – Umbrel­la
Wenn ich an Kate­go­rien wie „Pein­lichs­tes Lieb­lings­lied“ glau­ben wür­de, stün­de die­ses Lied die­ses Jahr unan­ge­foch­ten auf Platz 1. Aber war­um soll­ten einem Lie­der, die man toll fin­det, pein­lich sein? Des­halb: „Umbrel­la“ ist ein tol­ler Song, der auch dann noch gut wäre, wenn Rihan­na eine dicke, alte Frau wäre. Punkt.

14. Babysham­bles – Deli­very
Wer Pete Doh­erty nur als Ex-Freund und Dro­gen­op­fer aus der Bou­le­vard­pres­se kennt, ist doof mag erstaunt sein, dass der Mann auch Musik macht – und zwar rich­tig gute. Mit der bes­ten Post-Liber­ti­nes-Sin­gle ever hat der Mann wie­der ein biss­chen an sei­nem Denk­mal gebaut, an des­sen Demon­ta­ge er sonst so eif­rig arbei­tet.

15. The Blood Arm – Sus­pi­cious Cha­rac­ter
Der Refrain des Jah­res: „I like all the girls and all the girls like me“, so lan­ge wie­der­holt, bis es der Dümms­te glaubt. Oder der Sän­ger selbst. Wenn man sol­che Rock­songs dann auch noch mit Kla­vie­ren auf­hübscht, kann man sich mei­ner Begeis­te­rung sicher sein.

16. Kate Nash – Foun­da­ti­ons
Irgend­wie schei­ne ich eine Schwä­che für Frau­en mit außer­ge­wöhn­li­chem bri­ti­schen Akzent zu haben. Was letz­tes Jahr Lily Allen war, ist die­ses Jahr Kate Nash. „Foun­da­ti­ons“ hat dar­über hin­aus einen char­man­ten Text, ein Kla­vier (s.o.) und ist sowie­so ein rund­her­um tol­ler Song.

17. The Wom­bats – Let’s Dance To Joy Divi­si­on
Erstaun­lich, dass es immer noch Bands gibt, die im Prin­zip genau die glei­che Musik wie alle ande­ren machen und trotz­dem viel, viel tol­ler sind. The Wom­bats sind so ein Fall einer mich über­ra­schen­der­wei­se begeis­tern­den Kapel­le, „Let’s Dance To Joy Divi­si­on“ eine äußerst gelun­ge­ne Sin­gle.

18. Lady Sove­reign – Love Me Or Hate Me
Dass die­ser Song in Deutsch­land kein Hit wur­de und Lady Sove­reign kein Star, hat mich dann doch über­rascht. Viel­leicht ist weib­lich, bri­tisch und rap­pen dann doch kei­ne Kom­bi­na­ti­on für „Bravo“-Leser. Scha­de eigent­lich, denn „Love Me Or Hate Me“ ist mein Hip-Hop-Song des Jah­res.

19. Stars – The Night Starts Here
Und hier die bei Cof­fee And TV am sträf­lichs­ten ver­nach­läs­sig­te Band des Jah­res: Stars. „In Our Bed­room After The War“ ist eine wahn­sin­nig gute Plat­te, die uns in der Lis­te der bes­ten Alben noch ein­mal recht weit vor­ne begeg­nen wird; „The Night Stars Here“ ist bes­ter orches­tra­ler Indiepop.

20. Maxï­mo Park – Girls Who Play Gui­tars
Maxï­mo Park waren neben Bloc Par­ty die span­nends­te Band der Class of 2005 und wie Bloc Par­ty haben auch sie die­ses Jahr ein über­zeu­gen­des Zweit­werk her­aus­ge­bracht. „Girls Who Play Gui­tars“ ist dabei noch einen Tacken bes­ser als die ande­ren Songs.

21. Bruce Springsteen – Radio Nowhe­re
Und hier der Alters­prä­si­dent mei­ner dies­jäh­ri­gen Bes­ten­lis­te, der Mann, den sie „Boss“ nen­nen. Wenn ich mit 56 noch Blog­ein­trä­ge schrei­be wie Bruce Springsteen Songs, wer­de ich mich sehr, sehr glück­lich schät­zen.

22. Mika – Grace Kel­ly
Wann fin­gen Mika und die­ser Song eigent­lich an zu ner­ven? Irgend­wann im Som­mer dürf­te es gewe­sen sein, wes­we­gen sich „Grace Kel­ly“ in der kon­ti­nu­ier­lich aktua­li­sier­ten Bes­ten­lis­te bestän­dig nach unten kämpf­te. Mit etwas Abstand betrach­tet ist das Lied dann aber immer noch ganz gut. Das kön­nen wir ja in zehn Jah­ren noch mal über­prü­fen.

23. Crow­ded House – Don’t Stop Now
Wen inter­es­sie­ren Led Zep­pe­lin, die vor 20 Mil­lio­nen Zuschau­ern hät­ten spie­len kön­nen? Das Come­back des Jah­res gelang Crow­ded House, die genau da wei­ter­ma­chen, wo sie vor elf Jah­ren auf­ge­hört haben: mit zeit­los-tol­len Pop­songs.

24. Toco­tro­nic – Imi­ta­tio­nen
Toco­tro­nic darf man jetzt wohl auch ruhi­gen Gewis­sens auf die Lis­te der Bands set­zen, die wohl nichts mehr falsch machen wer­den in ihrer Kar­rie­re. „Kapi­tu­la­ti­on“ ist wie­der ein her­aus­ra­gen­des, sehr klu­ges Album gewor­den, „Imi­ta­tio­nen“ eines der High­lights. „Dein gut ist mein gut /​ Dein schön ist mein schön.“

25. Ste­reo­pho­nics – Dai­sy Lane
Selbst auf ihren schwä­che­ren Alben hat­ten die Ste­reo­pho­nics immer min­des­tens einen Song, den ich noch gut fand. „Pull The Pin“ ist aber noch nicht mal ein schwa­ches Album. Das hyp­no­ti­sche „Dai­sy Lane“ ist den­noch das High­light der Plat­te und per­fekt geeig­net, die­se Lis­te zu beschlie­ßen.

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Jedes Jahr im Dezem­ber ist es das glei­che Elend: Musik­zeit­schrif­ten und Web­sei­ten-Betrei­ber rufen ihre Leser zum Ein­sen­den derer per­sön­li­chen Jah­res­hit­pa­ra­den auf und ich sit­ze mit zer­wühl­ten Haa­ren und wir­rem Blick vor mei­nem Com­pu­ter und einem Berg von Noti­zen und ver­su­che, Ord­nung in das Musik­jahr zu brin­gen.

Den­ke ich wäh­rend des Jah­res immer, es sei­en ja dies­mal nicht soooo vie­le gute Songs und Alben erschie­nen, zwi­schen denen ich mich ent­schei­den müs­se, wird die­se Ein­schät­zung spä­tes­tens beim Anblick der extra dafür ange­leg­ten iTu­nes-Play­list bzw. der eige­nen Sta­tis­tik bei last.fm zunich­te gemacht. Immer­hin weiß ich jetzt, wel­che Songs ich am häu­figs­ten gehört habe – aber waren das auch die bes­ten? Und wie defi­nie­re ich „die bes­ten“? Nach pseu­do-objek­ti­ven Kri­te­ri­en oder danach, wie viel Spaß ich beim Hören habe? Wür­de ich ein­fach mei­nen häu­figs­ten und pene­tran­tes­ten Ohr­wurm zum „Song des Jah­res“ ernen­nen, wäre das „Umbrel­la“ von Rihan­na – aber auch nur, weil „Durch den Mon­sun“ von Tokio Hotel, der mir nach den EMAs drei Wochen lang im Hirn kleb­te, schon zwei Jah­re alt ist.

Dabei trägt es nicht gera­de zur schnel­len Fin­dung bei, wenn der eige­ne Musik­ge­schmack immer eklek­ti­scher wird und sich auf der Long­list mun­ter Indierock­bands, Girl­groups, Hip-Hop­per, Main­stream-Pop­per, Deutsch­punks und Elek­tro­ni­ker tum­meln. Denn, mal im Ernst: Wie soll ich „Love Me Or Hate Me“ mit „Don’t Stop Now“ ver­glei­chen, wie „D.A.N.C.E.“ mit „Imi­ta­tio­nen“?

Nun wird der Außen­ste­hen­de viel­leicht den­ken: „War­um tut sich die­ser jun­ge Mann das an? War­um ver­schwen­det er sei­ne Zeit mit so unbe­deut­sa­men Über­le­gun­gen? Er soll lie­ber was gegen den Treib­haus­ef­fekt tun oder der CDU die Herd­prä­mie aus­re­den!“ Das Erstel­len per­sön­li­cher Bes­ten­lis­ten nimmt sich gegen das Elend in Dar­fur oder auch nur das vor der eige­nen Haus­tür natür­lich lächer­lich und klein aus, aber in die­sen Dimen­sio­nen den­ken Pop­kul­tur­fans nicht. Und selbst wenn: Es wür­de kaum etwas ändern.

Wer „High Fide­li­ty“ gele­sen und sich dar­in wie­der­ge­fun­den hat, ist von einem inne­ren Zwang getrie­ben, das Unsor­tier­ba­re sor­tie­ren zu wol­len und die gro­ße Unord­nung, die Rock’n’Roll nun mal ist, in geord­ne­te Bah­nen len­ken zu müs­sen. Dabei müs­sen auch so ver­schie­de­ne Dimen­sio­nen wie der Song, bei dem man das ers­te Mal ein Mäd­chen geküsst hat, und das Lied, das man als ers­tes gehört hat, als Elliott Smith sich umge­bracht hat, irgend­wie mit­ein­an­der ver­gli­chen wer­den kön­nen.

Genau die­sem Dilem­ma bin ich jetzt aus­ge­setzt. Aber ich kann Ihnen ver­si­chern: Sie wer­den es auch noch!

PS: Da ich kei­ne pas­sen­de Stel­le in die­sem Ein­trag gefun­den habe, wo ich den wun­der­ba­ren jüngs­ten Bei­trag in Phil­ipp Hol­steins Pop­kul­tur­blog bei „RP Online“ hät­te ver­lin­ken kön­nen, mache ich es ein­fach geson­dert hier.