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Til Schweiger, die Guttenbergs und „Bild“

In der nicht enden wol­len­den Debat­te über den Betrug Karl-Theo­dor zu Gut­ten­bergs beim Ver­fas­sen sei­ner Dok­tor­ar­beit hat sich ein wei­te­rer Exper­te zu Wort gemel­det: der Schau­spie­ler und Regis­seur Til Schwei­ger.

„Ich habe, als ich noch stu­diert habe, auch abge­schrie­ben“, sag­te Schwei­ger im Radio-Ham­burg-Inter­view. Des­we­gen jetzt Gut­ten­bergs Rück­tritt zu for­dern, hal­te er für über­trie­ben, „weil ich fin­de, dass er eigent­lich bis jetzt einen super Job gemacht hat als Ver­tei­di­gungs­mi­nis­ter“.

Nun möch­te ich nicht ver­heim­li­chen, dass mei­ne Mei­nung über Schwei­ger seit lan­gem sehr viel schlech­ter ist als mei­ne Mei­nung über Gut­ten­berg nach den Ereig­nis­sen der letz­ten Tage. Bei allen Mei­nungs­ver­schie­den­hei­ten und Zwei­feln an sei­nen Metho­den wuss­te der Minis­ter zumin­dest bis­her wenigs­tens mit sou­ve­rä­nen Auf­trit­ten zu über­zeu­gen, bei denen ich dach­te: „Ich mag die­sen Kerl nicht, aber er macht das schon ver­dammt gut!“ Wann immer ich Til Schwei­ger sehe (und vor allem höre), ver­flu­che ich den Tag, an dem Paul Nip­kow das Fern­seh­ge­rät erfun­den hat.

Jeden­falls ist es nicht das ers­te Mal, dass die Namen „Schwei­ger“ und „zu Gut­ten­berg“ gemein­sam in der Pres­se ste­hen: Von diver­sen Preis-Ver­lei­hun­gen und „Ein Herz für Kinder“-Galas ab, ist vor allem das Pass-Spiel, das Schwei­ger seit eini­ger Zeit via „Bild“ mit Ste­pha­nie zu Gut­ten­berg betreibt, bemer­kens­wert.

Als die Minis­ter­gat­tin sich im ver­gan­ge­nen Herbst als Gast-Mode­ra­to­rin der umstrit­te­nen RTL-2-Sen­dung „Tat­ort Inter­net“ ver­such­te und dafür viel Kri­tik erhielt, mel­de­te sich Schwei­ger in „Bild“ zu Wort:

Til Schwei­ger, selbst Vater von vier Kin­dern, sag­te BILD: „Ich ver­fol­ge seit 2 Wochen den media­len Auf­schrei über das For­mat ‚Tat­ort Inter­net‘ und den Hohn und Spott, der über Frau zu Gut­ten­berg aus­ge­schüt­tet wird, das macht mich erst sprach­los und dann vor allen Din­gen wütend! In was für einer Gesell­schaft leben wir denn?“

Der Schau­spie­ler fragt: „Wo bleibt der Bei­fall? Wo ist der empör­te Auf­schrei über die­se wider­li­chen, arm­se­li­gen Schwei­ne? Hab ich noch nichts von gele­sen, ich lese nur von ‚an den Pran­ger stel­len‘, ‚Hexen­jagd‘ usw… War­um macht man sich mehr Gedan­ken um die Pri­vat­sphä­re von einem Mann, der Kin­dern por­no­gra­fi­sche Fotos von sich schickt und sich dann mit ihnen ver­ab­re­det? So naiv kann doch nie­mand sein, oder doch? All denen, die in den letz­ten zwei Wochen ihre hämi­schen Kom­men­ta­re ver­fasst haben, rufe ich zu: Redet mit euren Kin­dern, klärt auf und warnt sie, denn es könn­te euer Kind als nächs­tes betrof­fen sein!“

Das war schon eine ganz gute Gene­ral­pro­be für Schwei­gers Stamm­tisch-Auf­tritt bei Mar­kus Lanz, wo er sich über das „deut­sche Gut­men­schen­tum“ und „intel­lek­tu­el­le Men­schen“ empör­te und Sexu­al­straf­tä­tern ihre Men­schen­rech­te abspre­chen woll­te, was ihm das erwart­ba­re Lob von „Bild“ ein­brach­te:

Kinderschänder-Debatte: Til Schweiger: Wut-Ausbruch im TV!
Aber nicht nur von „Bild“ selbst:

Auch Ste­pha­nie zu Gut­ten­berg (34), Prä­si­den­tin der deut­schen Sek­ti­on von „Inno­cence in Dan­ger“, hat den TV-Auf­tritt von Til Schwei­ger (47) ver­folgt. Gut­ten­berg zu BILD: „Es ist toll, dass Til Schwei­ger unbe­que­me Wahr­hei­ten aus­spricht und sei­ne Popu­la­ri­tät dafür ein­setzt, Men­schen wach­zu­rüt­teln! Ich weiß, dass ihm vie­le Men­schen zu die­sem Mut gra­tu­lie­ren.“

Doch die Minis­ter­gat­tin und der Krea­tiv­wirt­schaft­ler kom­mu­ni­zie­ren nicht nur indi­rekt:

Schwei­ger: „(…) Sogar Ste­pha­nie zu Gut­ten­berg hat mir eine SMS geschickt.“
BILD: Was hat die Minis­ter­gat­tin geschrie­ben?
Schwei­ger: „Sie hat sich bei mir bedankt!“

Falls Karl-Theo­dor zu Gut­ten­berg doch noch sei­nen Hut neh­men muss, wäre Schwei­ger womög­lich der Wunsch-Nach­fol­ger der „Bild“-Redaktion. Wobei die Sol­da­ten das ver­mut­lich nicht so gut fän­den …